Der Swiss Philanthrophy Performance Index SwiPhiX ist negativ ins 2022 gestartet. Er zeigt die Entwicklung der Anlagen von 67 Stiftungen. Im ersten Quartal resultierte ein Minus von 4,3 Prozent. Hansjörg Schmidt, der Leiter Stiftungen bei der Zürcher Kantonalbank, hält fest, dass vergleichbare Indices, etwa von Pensionskassen, ähnliche Entwicklungen durchmachen. Gleichzeitig sagt er, die Volatilität sei aktuell zwar substanziell, relativiere sich aber über eine längere Frist. «Im vergangenen Jahr erzielte der SwiPhiX ein Plus von 9,5 Prozent.» (Zum Index: thephil.ch/SwiPhiX)
Antizyklisch
Mit einem Anlagehorizont von 50 Jahren verfolgt die Fondation Botnar eine langfristige Strategie. «Daher können wir Volatilität aushalten und haben eine solide Risikofähigkeit», sagt Sushant Sharma, Chief Investment Officer Fondation Botnar. Die Stiftung hält einen Anteil von rund 50 Prozent an Aktien und Immobilien. «In den letzten fünf Jahren hat dies zu soliden positiven Erträgen für die Stiftung geführt», sagt er. Auch die aktuellen Schwankungen aufgrund der Pandemie oder des Krieges zwangen Fondation Botnar nicht zu kurzfristigen Anpassungen. «Bewährt hat sich die Arbeit mit strategischen Bandbreiten für jede Anlageklasse», sagt Sushant Sharma. Für jede Anlageklasse ist ein maximaler und ein minimaler Anteil am Portfolio definiert. Käme es zu Verschiebungen, so, dass der Anteil einer Anlageklasse die obere oder untere Bandbreite überschreitet, hätte Fondation Botnar das Portfolio wieder ausgeglichen. «Dies ist ein typischer antizyklischer Ansatz für institutionelle Anleger», sagt Sushant Sharma. «Er hat uns beim langfristigen Management von Anlagerisiken gute Dienste geleistet.» Luzius Neubert, Partner beim Beratungsunternehmen PPCmetrics, urteilt ähnlich. «Für professionelle Anlegerinnen wie Stiftungen lohnt es sich, ihre Anlagestrategie so auszurichten, dass sie eine grössere Krise ohne Strategieänderung durchstehen können.» Sollte die Strategie auf Risikobereitschaft und ‑fähigkeit ausgelegt sein, kann eine Stiftung in der Krise ein Rebalancing vornehmen. Haben die Aktien an Wert verloren und ist ihr wertmässiger Anteil am Portfolio damit gesunken, kann es sich lohnen, günstig Aktien zuzukaufen.
«Daher können wir Volatilität aushalten»
Sushant Sharma,
Chief Investment Officer Fondation Botnar
Breit aufgestellt
Als beste Massnahme gegen Krisen sieht Luzius Neubert eine breit diversifizierte, kosteneffiziente Anlagestrategie, die mit der Risikobereitschaft und ‑fähigkeit übereinstimmt. Diese soll langfristig durchgehalten werden. Luzius Neubert nennt noch eine weitere, rein technische Absicherungsmöglichkeit mit Optionen oder Termingeschäften. «Das ist aber fast immer mit hohen Kosten und Unsicherheiten verbunden», sagt er. «Das heisst, man bezahlt eine krisenbedingt hohe Absicherungsprämie oder verzichtet auf den Gewinn im Falle einer Erholung. Beides ist in der Regel nicht zu empfehlen.» Risikoreichere Anlagen haben für Stiftungen dennoch an Bedeutung gewonnen. Negativzinsen und fehlende Ertragsmöglichkeiten mit Obligationen führten zu dieser Entwicklung. Würden Stiftungen mit ihren Anlagen zu wenig erwirtschaften, bliebe ihnen als Alternative nur, auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen oder keine Vergaben mehr zu tätigen, sagt Luzius Neubert. Beides entspreche meist nicht dem Stiftungszweck. Auch Hansjörg Schmidt beobachtet diese Verschiebung zu risikoreicheren Anlageklassen. «Dass Stiftungen in Mikrofinanzierung oder Privatmarktanlagen investieren, hätte es früher kaum gegeben», sagt er. Diese Anlagen sind eher komplex und volatil. Allerdings geschieht diese Verschiebung nicht nur aus Not wegen fehlender Renditemöglichkeiten. Vielmehr beobachte Hansjörg Schmidt eine Professionalisierung der Stiftungsräte. Früher wäre das auch möglich gewesen, aber man wollte es nicht. Dies weil Stiftungsräte diese Anlageklassen oft nicht kannten und deswegen eher zurückhaltend waren. Sushant Sharma sagt: «Theoretisch haben Stiftungen eine höhere Risikofähigkeit als viele andere institutionelle Anleger. Allerdings ist das vom Stiftungsrat zugewiesene Risikobudget stark von dessen Risikobereitschaft abhängig.» Von Bedeutung ist auch das Verhältnis zwischen dem jährlichen Zuschussbudget für die Fördertätigkeit und dem Umfang des Vermögens. Fondation Botnar sichere sich ab, damit sie eine langfristige Förderstrategie verfolgen könne. Dies mit einem Budget, das nicht direkt von der Volatilität der Märkte abhängt. Dazu hat die Stiftung 2019 eine sogenannte Schwankungsreserve eingeführt. In Jahren mit starker Vermögensentwicklung wird diese als Puffer aufgebaut.
«Im vergangenen Jahr erziehlte der SwiPhiX ein Plus von 9.5 Prozent.»
Hansjörg Schmidt,
Leiter Stiftungen bei der Zürcher Kantonalbank
Nachhaltig
Heute ist das grosse Thema Nachhaltigkeit. «Wir wenden Nachhaltigkeitsfaktoren auf unsere Investitionen an», sagt Sushant Sharma. Dies geschieht durch die Anwendung von Prinzipien des Responsible Investing (inkl. ESG oder SRI). Anlageklassen, in denen Nachhaltigkeitsansätze nicht umsetzbar sind, wie bspw. Rohstoffe oder Hedgefonds, meidet die Stiftung. Bei Aktien verfolgt sie einen Best-in-Class-Ansatz, nachdem sie bestimmte kontroverse Sektoren ausgeschlossen hat. Aber er sagt: «Wir sehen keine Korrelation zwischen Nachhaltigkeit und Volatilität.» Auch Luzius Neubert sieht keinen direkten Zusammenhang. Dennoch gibt er zu bedenken, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie Einfluss auf die Renditeentwicklung haben kann. Weil je nach gewählter Strategie Branchen oder Titel ausgeschlossen werden, kann dies die Diversifikation einschränken. «Konzentriert man sich auf ein kleines Portfolio, ist der Tracking Error, das heisst die Abweichung der Performance von einem breiten Marktindex und damit vom Gesamtmarkt höher, als wenn man eine Vielzahl von Titeln im Portfolio hat.»