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«Wir kochen immer frisch»

Die Gemeinschaftsgastronomie kann wegen ihren grossen Einkaufsmengen wesentlich zu einer klimafreundlicheren Ernährung beitragen. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL hat auf einem Merkblatt Massnahmen zusammengetragen, mit denen Kantinen und Mensen ihre Ökobilanz verbessern können – und geht im eigenen Personalrestaurant mit gutem Beispiel voran.

Um 9 Uhr morgens herrscht wenig Betrieb im Perso­nal­re­stau­rant des Forschungs­in­sti­tuts für biolo­gi­schen Land­bau FiBL in Frick. Verein­zelte Mitar­bei­tende machen Kaffee­pause, essen ein Sand­wich, genies­sen den Blick ins Grüne, den das Lokal vom ersten Stock aus bietet. Gastro­no­mie­lei­ter Martin Künzli und seine Küchen­crew sind zu dieser Uhrzeit schon seit zwei Stun­den am Werk und berei­ten das Mittags­buf­fet vor. An diesem Tag stehen vega­nes «Mac and Cheese» und Chicken Pie mit Gemüse auf der Menü­karte, dazu gibt es wie immer ein Salat­buf­fet. Dass dafür ausschliess­lich Bio-Produkte verwen­det werden, gehört zum Selbst­ver­ständ­nis des Insti­tuts. Vor gut zwei Jahren wurde das Lokal mit 200 Plät­zen nach einem Umbau neu eröff­net. Es verfügt über das Zerti­fi­kat «Bio Cuisine». Damit zeich­net Bio Suisse seit 2023 Gastro­no­mie­be­triebe aus, die auf biolo­gi­sche Lebens­mit­tel setzen. Das Restau­rant in Frick ist mit drei Ster­nen zerti­fi­ziert, was bedeu­tet, dass über 90 Prozent der Lebens­mit­tel, die es verwen­det, biolo­gisch sind. «Eigent­lich ist bei uns alles bio», sagt Künzli, der das Perso­nal­re­stau­rant seit der Neueröff­nung leitet. Ausnah­men sind einzelne Gewürze sowie Gemüse, das aus dem Versuchs­an­bau des Forschungs­in­sti­tuts stammt und daher nicht zerti­fi­ziert ist. 

Weni­ger Fleisch, mehr pflanz­li­che Proteine

Das FiBL teilt der Gemein­schafts­gas­tro­no­mie auf dem Weg zu einer nach­hal­ti­ge­ren und klima­freund­li­che­ren Ernäh­rung eine zentrale Rolle zu. Allein durch ihre gros­sen Einkaufs­vo­lu­mina bieten Gross­kü­chen einen inter­es­san­ten Hebel, um die Produk­tion von umwelt­freund­li­che­ren Lebens­mit­teln zu fördern, hält das Forschungs­in­sti­tut in einem Merk­blatt fest. Darin hat es verschie­dene Mass­nah­men gesam­melt, mit denen Gastronom:innen ihr Verpfle­gungs­an­ge­bot nach­hal­ti­ger gestal­ten können. Beispiels­weise, indem sie weni­ger tieri­sche Lebens­mit­tel verar­bei­ten: Gemäss einer vom FiBL errech­ne­ten Ökobi­lanz kann der Ersatz von Fleisch durch pflanz­li­che Prote­in­quel­len die Gesamt­um­welt­be­las­tung des Lebens­mit­tel­ein­kaufs um rund einen Vier­tel redu­zie­ren. Im eige­nen Perso­nal­re­stau­rant liegt der Anteil an Fleisch­ge­rich­ten aktu­ell bei 30 Prozent. Mehr ist aus Umwelt‑, aber auch aus preis­li­chen Grün­den nicht wünschens­wert. Denn Bio-Fleisch ist deut­lich teurer als konven­tio­nel­les. Diesen Mehr­auf­wand kann man durch einen hohen Anteil an vega­nen und vege­ta­ri­schen Menüs wett­ma­chen. Im FiBL-Restau­rant in Frick, das übri­gens öffent­lich ist, kostet ein Mittag­essen mit Fleisch 16, ein vege­ta­ri­sches oder vega­nes 12 Franken.

Auch das Vermei­den von Food Waste ist ein wich­ti­ger Faktor für eine bessere Umwelt­bi­lanz – wobei der Einfluss der Gastro­no­mie hier verhält­nis­mäs­sig gering sei, meint Künzli: «Die meis­ten Lebens­mit­tel gehen schon in der Produk­tion und im Zwischen­han­del verlo­ren.» Dennoch achtet er mit verschie­de­nen Mass­nah­men darauf, dass in seiner Küche möglichst wenig Lebens­mit­tel wegge­wor­fen werden müssen. So werden im FiBL-Restau­rant rela­tiv kleine Portio­nen geschöpft, wobei die Gäste sich immer einen Nach­schlag holen dürfen. Zudem wird Gemüse gemäss dem «Leaf-to-Root»-Ansatz möglichst als Ganzes verar­bei­tet. «Aus dem Fenchel­kraut machen wir ein Pesto und eine Rande verar­bei­ten wir samt Schale zu Hummus», nennt der Gastro­lei­ter einige Beispiele. Selbst­ver­ständ­lich achtet er auch auf Saiso­na­li­tät: Toma­ten etwa gibt es hier nur im Sommer. 

Keine Fertig­zu­ta­ten

Ein wich­ti­ger Unter­schied zu einem konven­tio­nel­len Betrieb ist, dass in der Bio-Küche keine ferti­gen und halb­fer­ti­gen Lebens­mit­tel verar­bei­tet werden, weil es diese in Bio-Quali­tät noch kaum gibt. Künzli: «Wir kochen immer frisch.» Für das Küchen­per­so­nal ist das ein Mehr­auf­wand, weil sie die Rüebli selbst rüsten und schnei­den und die Kartof­feln erst gründ­lich waschen müssen. Die grösste Heraus­for­de­rung und gleich­zei­tig die grösste Befrie­di­gung sieht Künzli, der sich selbst vegan ernährt, aber in der Krea­ti­vi­tät: «Die fleisch­lose Küche bietet heute viele Möglich­kei­ten, um Neues auszu­pro­bie­ren.» Der gelernte Koch und Hotel­fach­mann lässt sich gerne auch von Platt­for­men wie Insta­gram oder
YouTube inspi­rie­ren. Die strenge Bio-Zerti­fi­zie­rung schränke ihn über­haupt nicht ein: «Es gibt heute fast nichts, das es nicht auch in Bio-Quali­tät gibt.» 

FiBL – eine Stif­tung im Dienst des biolo­gi­schen Landbaus

Am 1. Februar 1973 wurde die private «Schwei­ze­ri­sche Stif­tung zur Förde­rung des biolo­gi­schen Land­baus» gegrün­det. Ein Jahr später folgte die Eröff­nung des Forschungs­in­sti­tuts für biolo­gi­schen Land­bau. Heute zählt das FiBL Schweiz rund 300 Mitar­bei­tende, die gesamte FiBL Gruppe mit fünf Stand­or­ten in Europa beschäf­tigt über 400 Mitar­bei­tende. Das FiBL ist heute eine der welt­weit führen­den Forschungs­ein­rich­tun­gen in allen Berei­chen der biolo­gi­schen Land­wirt­schaft wie Boden­be­wirt­schaf­tung und Pflan­zen­bau, artge­rechte Tier­hal­tung oder biolo­gi­sche Lebens­mit­tel­ver­ar­bei­tung. Bekannt ist das Insti­tut für die enge Verknüp­fung der Forschung mit der Bera­tung und der Praxis. Das FiBL Schweiz ist auch inter­na­tio­nal an zahl­rei­chen Projek­ten betei­ligt, sowohl in Forschung, Bera­tung und Weiter­bil­dung als auch in der Entwicklungszusammenarbeit.

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