Was hat Sie im laufenden Jahr als Geschäftsführer besonders stolz gemacht? Wie entwickeln sich die proFonds Mitgliederzahlen?
Besonders erfreulich waren folgende Punkte: Die Mitgliederzahl hat im laufenden Jahr die Schwelle von 500 überschritten. Dann konnte proFonds 2023 zahlreiche Mitglieder bei der Umsetzung des neuen Datenschutzes unterstützen und beraten. Und auch in diesem Jahr wurde unser Dachverband von den Behörden bei Gesetzgebungsvorhaben als kompetenter und verlässlicher Ansprechpartner für den Stiftungs- und NPO-Bereich regelmässig beigezogen. Nicht unerwähnt bleiben soll unser jährliches Highlight, der Schweizer Stiftungstag, der wiederum von über 300 Personen besucht wurde.
Welches sind die Schlüsselthemen, die den gemeinnützigen Sektor im kommenden Jahr beschäftigen werden?
Ein Schlüsselthema bleibt sicher die Finanzierung, was auch das diesjährige Schweizer Stiftungsbarometer wieder gezeigt hat. Damit einher geht sowohl die nachhaltige Bewirtschaftung der Stiftungs- bzw. NPO-Vermögen als auch die Weiterentwicklung von neuen Fördermodellen. Dauerbrenner bleiben die Digitalisierung – Stichwort Künstliche Intelligenz- wie auch die breite Implementierung von zeitgemässen und möglichst ressourcensparenden Tools bspw. im Bereich Gesuchsmanagement. Letzteres hängt auch eng mit der Überwindung der immer wieder beklagten «Kluft» zwischen Förderstiftungen und operativen Organisationen zusammen. Daher bleiben auch Kooperationen und Partnerschaften auf Augenhöhe wichtig. Im Bereich der Interessenwahrung werden die Umsetzung des neuen Datenschutzes und die Einführung der neuen Ausnahme vom Automatischen Informationsaustausch in Steuersachen für gemeinnützige Stiftungen und NPO im Vordergrund stehen. proFonds befasst sich schon seit vielen Jahren fundiert und erfolgreich mit diesen Themen. Ein weiteres wichtiges Thema wird das geplante Transparenzregister für Unternehmen und Organisationen sein. Es geht um ein Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen. Da es solche bei gemeinnützigen Stiftungen und NPO nicht gibt, sollten diese nach unserer Auffassung von der Registerpflicht befreit werden. Zudem werden wir uns weiterhin mit dem Thema der Stiftungsratshonorare befassen. Unsere Auffassung und Forderung bleibt unverändert: Angemessene Honorare dürfen nicht zur Verweigerung der Steuerbefreiung führen. Aktuell bleiben auch die Aspekte der Good Governance. Wichtig sind namentlich die Themen Zusammensetzung des Stiftungsrats – Stichwort Diversität – und die “Professionalisierung” des Stiftungsrats und seiner Arbeit.
Welche wichtigen Veranstaltungen wird proFonds im kommenden Jahr durchführen?
Mit unseren Veranstaltungen verfolgen wir zwei Hauptziele: Die Vernetzung und die Professionalisierung im Sektor. Daher werden wir unsere Netzwerkanlässe «Feierabend mit proFonds» sowie unsere Arbeitskreistreffen weiter fortführen, und selbstverständlich wird es auch 2024 den Schweizer Stiftungstag geben. Zudem werden wir weitere Veranstaltungen mit Kooperationspartnern durchführen. Zum Beispiel ist wieder ein Forum des Fondations in Lausanne geplant.
Wo wird der nächste Stiftungstag stattfinden und kennen Sie das Thema schon?
Der 36. Schweizer Stiftungstag wird am Dienstag, 12. November 2024, in Zürich stattfinden. Er wird die aktuellen Entwicklungen und Trends im Sektor aufzeigen und so den Stiftungen und NPO Orientierungshilfen vermitteln, damit sich diese im immer komplexer werdenden Umfeld zurechtfinden und ihre Zwecke wirksam zum Nutzen der Gesellschaft umsetzen können. Die Stiftungswelt ist in Bewegung, viele spannende Themen stehen an, und wir haben auch schon einige Ideen, definitiv festgelegt haben wir uns aber noch nicht.
Was bedeuten die Entscheide des Ständerats von dieser Woche zu Trusts und Familienstiftungen?
Den schon vor einiger Zeit gefällten Entscheid, auf die Einführung eines Schweizer Trusts zu verzichten, haben wir zur Kenntnis genommen. Für gemeinnützige Aktivitäten braucht es keinen Trust. Es stehen in der Schweiz bereits zwei attraktive Formen zur Verfügung: die Stiftung und der Verein. Der Entscheid des Ständerats von letzter Woche über die Motion Thierry Burkart zur Lockerung des Rechts der Familienstiftungen erscheint sinnvoll. Nach dem geltenden Recht sind Familienstiftungen in der Schweiz unattraktiv. Falls die rechtlichen Regeln liberalisiert werden, ist es uns wichtig, dass klar zwischen den privatnützigen, steuerbaren Familienstiftungen einerseits und den gemeinnützigen, steuerbefreiten Stiftungen (und NPO) unterschieden wird. Mit andern Worten dürfen die gemeinnützigen Organisationen durch eine Liberalisierung des Rechts der Familienstiftungen keine Nachteile erleiden.
Stiftungen werden immer wieder als intransparent bezeichnet. Gibt es regulatorischen Spielraum, um diesem Makel etwas entgegenzusetzen?
Gemeinnützige Stiftungen berichten jährlich gegenüber der Aufsichtsbehörde über ihre Aktivitäten. Sie sind auch gegenüber Steuerbehörden rechenschaftspflichtig. Leider ist es immer noch nicht allen Stiftungen bewusst, wie wichtig es ist, direkt gegenüber der Öffentlichkeit aufzeigen, welch bedeutende Leistungen sie für die Gesellschaft erbringen. Es geht also um die Sensibilisierung für die Bedeutung der Kommunikation und um Selbstregulierung. Gesetzliche Regeln wären hier unverhältnismässig und nicht im Sinn der sogenannten Stifterfreiheit, die das wichtigste Grundprinzip des Schweizer Stiftungsrechts darstellt.
Was bedeutet Good Governance im gemeinnützigen Sektor?
Es bedeutet, auf einen kurzen Nenner gebracht, auf der Höhe der Aufgabe und den immer komplexer werdenden Herausforderungen gewachsen zu sein. Good Governance heisst, die Stiftungs- bzw. NPO-Mittel optimal, d.h. effizient und effektiv, zu bewirtschaften und für den gemeinnützigen Zweck einzusetzen. Die Anlage und die Verwendung der Mittel müssen sorgfältig, umsichtig, loyal und wirkungsorientiert erfolgen. Das Gleiche gilt für die strategische und operative Führung der Organisation sowie für die Mittelbeschafftung. Erforderlich ist auch eine hohe Glaubwürdigkeit der handelnden Personen.
In welcher Situation ist welche juristische Form/Person die richtige? Wann eine Stiftung, wann ein Verein?
Die Stiftung ist ein mit Rechtspersönlichkeit ausgestattetes Vermögen für einen bestimmten Zweck, kurz ein personifiziertes Zweckvermögen. Der Verein hingegen ist ein Zusammenschluss von Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels. Sollen also finanzielle bzw. sachliche Mittel für die Verfolgung eines bestimmten Zwecks zur Verfügung gestellt werden, steht die Stiftung als passende Form im Vordergrund. Geht es um die Verbindung von Personen, um einen bestimmten Zweck mit vereinten Kräften zu verfolgen, bietet sich der Verein als Organisationsform an.
Sollte man in der Schweiz auch an gemeinnützige GmbHs denken? Sollte man in der Schweiz auch an gemeinnützige GmbHs denken?
Seit der 2008 in Kraft getretenen Revision des GmbH-Rechts können Gesellschaften mit begrenzter Haftung auch für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden. Als Organisationsform für gemeinnützige Zwecke hat sich die GmbH in der Schweiz jedoch bislang nicht in grösserem Ausmass etablieren können. Dies im Gegensatz zum Beispiel zu Deutschland, wo die gemeinnützige GmbH als Strategie zur Vermeidung der staatlichen Stiftungsaufsicht verbreitet ist. Bisweilen gibt es in der Schweiz auch erhöhten Erklärungsbedarf gegenüber Steuerverwaltungen, wenn für gemeinnützige Aktivitäten die Form der GmbH gewählt wird. In der Schweiz wird als Alternative zur Stiftung eher die Vereinsform gewählt.
Welches Ziel verfolgt proFonds mit der Partnerschaft mit StiftungSchweiz?
StiftungSchweiz ist die bedeutende und vielfältige digitale Plattform für den Schweizer Stiftungssektor. Sie erhöht markant die Sichtbarkeit der Stiftungen, und vor allem bietet sie vielfältige Nutzungsmöglichkeiten sowohl für Mittelsuchende als auch fördernde Stiftungen und weitere am Sektor interessierte Personen. proFonds hat die Entstehung und Entwicklung von StiftungSchweiz seit Beginn nah mitverfolgt und dabei auch als «Sounding board» mitgeholfen. Das Sichtbarmachen des Sektors und die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten sind ganz im Interesse von proFonds, der als einziger Verband in der Schweiz den ganzen gemeinnützigen Sektor mit operativen und Förderstiftungen, eigenfinanzierten und mittelsuchenden Stiftungen sowie NPO abdeckt.
StiftungSchweiz entwickelt sich zu einer interaktiven digitalen Plattform. Wo werden wir proFonds finden?
Unsere Mitglieder äussern immer wieder den Wunsch nach Vernetzungsmöglichkeiten, nach Austausch. Mit der Veranstaltungsreihe «Feierabend mit proFonds» haben wir ein Angebot in der «analogen» Welt geschaffen. Mit dem Netzwerk-Angebot von StiftungSchweiz steht nun auch ein digitales Tool bereit, das es ermöglicht, unkompliziert eigene Netzwerke zu erstellen und auszubauen. Diese Möglichkeit möchten wir nutzen und mit unseren Mitgliedern ausprobieren. Auch die Webinare, die über die digitale Plattform angeboten und gebucht werden können, bieten viele Chancen. Los geht’s am 30. Januar 2024, wenn wir praktisches Know-how zum Thema Stiftungsrat weitergeben werden. Wir sind überzeugt, dass im Bereich der digitalen Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsarbeit viel Potenzial vorhanden ist und freuen uns darauf, dieses gemeinsam mit StiftungSchweiz und anderen engagierten Partnerinnen und Partnern auszuschöpfen.