Widerstandsfähigkeit – sie ist, trotz aller möglichen Risiken, beim Stiftungsvermögen anzustreben. Risiken haben unterschiedlichste Wurzeln: In der Wirtschaft bzw. dem Finanzmarkt selbst oder in staatlichen Eingriffen, politischen Veränderungen und geopolitischen Ereignissen, wie dem Ukrainekrieg.
Zwei wichtige Risikoarten gilt es zu unterscheiden:
Ausfallrisiken
Ausfallrisiken betreffen den unwiederbringlichen Verlust des eingesetzten Kapitals. Ausfälle – bis hin zum Totalverlust – entstehen beim Konkurs von Unternehmen oder Staaten. Sie können aber auch bei Optionsgeschäften oder bei strukturierten Produkten vorkommen. Diese Risiken werden minimiert, indem das Portfolio auf Wertpapiere von sehr vielen Unternehmen und Emittenten aufgeteilt und damit diversifiziert wird. Sie lässt den Ausfall eines einzelnen Unternehmens fast unmerklich werden, weil die einzelnen, spezifischen Ausfallrisiken «wegdiversifiziert» werden.
Marktrisiken
Die Bewertungen von Wertpapieren können sich verändern, ohne dass gleich ein Ausfall ins Haus steht. Die Werte schwanken, weil der ganze «Markt» nach oben oder unten geht. Diese Marktrisiken wirken sich auf alle Wertpapiere in einem Segment – beispielsweise in einer Region, einem Sektor, einem Land, einer Anlageklasse – mehr oder weniger gleich stark aus. Sie können nicht wegdiversifiziert werden. Mit der Verteilung der Anlagen über mehrere Segmente kann allerdings ein Diversifikationseffekt entstehen. Denn nicht alle Segmente sind gleich stark betroffen, wenn etwa die Zinsen stark steigen oder Rohstoffe durch einen Handelskonflikt plötzlich verteuert werden.
Was tun? Ohne Aktien kein Aktienmarkt-Risiko. Am einfachsten nähme man das Vermögen aus der Gefahrenzone, indem möglichst wenig Anlagerisiken eingegangen werden. Aber dieser Ansatz greift zu kurz, denn er vernachlässigt, dass nicht nur der nominale Wert des Kapitals, sondern auch sein Ertragspotenzial langfristig erhalten werden soll. Statt Risiken zu vermeiden oder zu minimieren, geht es vielmehr darum, Risiken richtig zu erkennen, zu unterscheiden und zu behandeln.
Die Bedeutung der Diversifikation für die Resilienz des Stiftungsvermögens ist von grösster Wichtigkeit. Wenige Konzepte in der Anlagewelt sind so unumstritten: Die Diversifikation ist das erste Mittel zur Reduktion von Risiken.
Schwankungen aushalten
Eine gemeinnützige Organisation muss in der Lage sein, gewisse Schwankungen der Finanzmärkte auszuhalten. Denn diese lassen sich kaum vermeiden. Je nach Abhängigkeit von den laufenden Erträgen können mehr oder weniger grosse Schwankungen in Kauf genommen werden. Eine Organisation muss dies nicht nur können, sondern auch wollen. Sie muss wirklich bereit sein, diese Anlagerisiken zu tragen, d.h., die sogenannte Risikotoleranz muss bei den Entscheidungsträger:innen vorhanden sein. Insbesondere bei operativen, Spenden sammelnden Stiftungen ist diese Bereitschaft manchmal nicht gegeben. Die Bedenken, man könnte den Geldgebern gegenüber in Erklärungsnot geraten, sind oft höher.
Anpassungsfähigkeit – sie ist wichtig für den Fall, dass unvorhersehbare Risiken auftauchen. Ausfall- und Marktrisiken sind bis zu einem gewissen Grad «normal» und vorhersehbar. Ein resilientes Anlageportfolio muss aber auch auf unvorhersehbare Entwicklungen vorbereitet sein. Die Coronapandemie ist hierfür ein Exempel: Schon die Pandemie an sich war – zumindest bezüglich dem «wann» und dem «wie heftig» – nicht vorhersehbar und ihre kurz- und langfristigen Auswirkungen auf die Märkte noch viel weniger. Die enormen globalen Probleme in den Lieferketten und die unterschiedlichen Reaktionen von Staaten und Unternehmen sind nur ein Beispiel, wie eine Krise die Strukturen langfristig verändert. Hier ist Resilienz im Sinne von Anpassungsfähigkeit gefordert.
Liquidität flexibel gestalten
Ist vom Stiftungsrat eine notwendige Anpassung der Anlagestrategie erkannt, hängt die Umsetzung entscheidend von der Liquidität der betroffenen Anlageklassen ab. Je mehr in illiquide Klassen, wie direkte Immobilienanlagen oder Private Equity, investiert ist, desto aufwendiger und langwieriger wird die Umsetzung. Betrifft die Anpassung nur liquide Anlageklassen – wenn zum Beispiel statt in Rohstoffaktien in nachhaltige Technologieaktien investiert werden soll –, so lässt sich dies zumeist unmittelbar und ohne grosse Umschichtungskosten vornehmen.
Zusammenfassend: So wie Diversifikation essenziell ist für die Widerstandsfähigkeit, so ist Liquidität essenziell für die Anpassungsfähigkeit.
Beispiel: Wie ist ein typisches Anlageportfolio einer Schweizer Stiftung hinsichtlich Resilienz zu beurteilen? Wir nehmen dazu exemplarisch das «mittlere» Portfolio jener 79 Portfolios, welche wir für die Berechnung des Swiss Philanthropy Performance Index (SwiPhiX) verwenden.
Resultat: Das mittlere Stiftungsportfolio (SwiPhiX-Portfolio)
- ist sehr gut diversifiziert und widerstandsfähig. Eine Stiftung, welche dieses Portfolio umgesetzt hat, erfuhr in der Coronakrise (aber auch bei anderen Schocks) eine relativ rasche Erholung und keine definitiven Ausfälle.
- ist anpassungsfähig, da es offen für Veränderungen innerhalb der Anlageklassen ist. Alternative Anlagen, welche in der Tendenz weniger liquid sind als die anderen Anlageklassen, spielen eine sehr untergeordnete Rolle.