Würde­volle Ernäh­rung ist ein Grundrecht

Die Teuerung in der Schweiz ist spürbar, speziell bei den Lebensmitteln ist das Thema sehr präsent. Es sind aber nicht alle gleich stark von der Nahrungsmittelpreiskrise betroffen.

Die Teue­rung trifft die Ärms­ten am stärksten

In der Schweiz leiden aktu­ell viele Menschen unter den stei­gen­den Lebens­mit­tel­prei­sen. «Perso­nen, die zu wenig Geld zum Leben haben, können diese Kosten­stei­ge­run­gen nicht mehr tragen, als Konse­quenz verzich­ten viele beim Essen», erklärt Niels Jost, Medi­en­spre­cher von Cari­tas Schweiz. Spezi­ell für Menschen mit einem knap­pen Budget fallen Preis­stei­ge­run­gen bei Lebens­mit­teln stär­ker ins Gewicht: «Haus­halte mit tiefem Einkom­men wenden mit 90 Prozent prak­tisch ihr ganzes Geld für Essen, Wohnen und andere grund­le­gende Güter und Dienst­leis­tun­gen auf, also alltäg­li­che Grund­aus­ga­ben, bei denen man kaum sparen kann.» Bei einem Schwei­zer Durch­schnitts­haus­halt machen diese Kosten nur rund die Hälfte der Ausga­ben aus. Und für die Lebens­mit­tel geben ärmere Haus­halte anteils­mäs­sig doppelt so viel aus wie der Durch­schnitts­haus­halt. An diesem Punkt setzen die 22 Cari­tas-Märkte an und leis­ten nieder­schwel­lige Direkt­hilfe für Armuts­be­trof­fene in der Schweiz. Die Grund­idee ist seit 1992  dieselbe, als in Basel der erste Cari­tas-Markt eröff­net wurde: «Das primäre Ziel der Cari­tas-Märkte ist es, dass armuts­be­trof­fene Perso­nen nicht nur güns­tig einkau­fen, sondern sich auch frische und gesunde Lebens­mit­tel leis­ten können.» 

Teue­rung bei Nahrungsmitteln

Gemäss Erhe­bun­gen des Bundes­amts für Statis­tik (BFS) sind die Preis­stei­ge­run­gen erheb­lich. Nach einer durch­schnitt­li­chen Jahres­teue­rung in den letz­ten zehn Jahren von 0,3 Prozent betrug die allge­meine Teue­rung in der Schweiz im vorletz­ten Jahr 2,8 Prozent, Lebens­mit­tel wurden durch­schnitt­lich 1,7 Prozent teurer. Eine Entwick­lung, die von stei­gen­den Ener­gie­prei­sen aufgrund der russi­schen Inva­sion in der Ukraine und einer sich nach COVID lang­sam erho­len­den Welt­wirt­schaft geprägt war. Im letz­ten Jahr betrug die Teue­rung in der Schweiz 2,1 Prozent – ein tiefe­res Ergeb­nis als von vielen Finanzexpert:innen erwar­tet, die Teue­rung scheint sich in eini­gen Berei­chen zu beruhigen.

«Die Nach­frage nach Grund­nah­rungs­mit­teln ist am höchsten.»

Niels Jost, Medi­en­spre­cher Cari­tas Schweiz

Nicht jedoch bei den Lebens­mit­teln, da betrug die durch­schnitt­li­che Jahres­teue­rung im letz­ten Jahr satte 4,8 Prozent. Und gerade die Preise für Grund­nah­rungs­mit­tel stie­gen über­pro­por­tio­nal an, was auch die Cari­tas-Märkte zu spüren bekom­men, erklärt Niels Jost: «Die Nach­frage nach Grund­nah­rungs­mit­teln wie Reis, Pasta, Eiern oder Milch­pro­duk­ten ist am höchs­ten – also nach jenen Lebens­mit­teln, auf die man nicht verzich­ten kann.» Ein weite­rer Faktor, welcher zusätz­lich die Kund­schaft mit beschränk­ter Kauf­kraft belas­tet, ist der Preis­an­stieg der Billig-Linien, der im Vergleich zu Marken­pro­duk­ten prozen­tual eini­ges höher ausfiel. Die tiefen Preise und knap­pen Margen sind mit ein Grund dafür: Bei einem Produkt für einen Fran­ken machen 10 Rappen schon einen Preis­un­ter­schied von 10 Prozent aus, bei einem für drei Fran­ken nur noch gute 3 Prozent. Die Cari­tas setzt bei diesem Thema auf ein ausge­wo­ge­nes Ange­bot, erklärt Jost: «Wir haben auch gewisse Marken­pro­dukte in unse­rem Sorti­ment. Damit bieten wir unse­ren Kundin­nen und Kunden eine Auswahl und ermög­li­chen ihnen eine würde­volle Ernäh­rung – sie müssen nicht immer die Billig­mar­ken kaufen. Das wird von unse­ren Kundin­nen und Kunden sehr geschätzt.»

Die Lebens­mit­tel­teue­rung in der Schweiz ist immer noch weni­ger als halb so hoch wie jene in der EU, was unter ande­rem auf die Hoch­preis­in­sel Schweiz zurück­zu­füh­ren ist. Die hohen Schwei­zer Preise sind es, die eine Puffer­wir­kung auf die Preis­schwan­kun­gen haben. Die hohen Lohn- und Logis­tik­kos­ten in der Schweiz sind weni­ger infla­ti­ons­an­fäl­lig und wirken sich stabi­li­sie­rend aus: Fällt ein gros­ser Teil der Nahrungs­mit­tel­kos­ten im Einzel­han­del auf diese Berei­che, ist der Effekt von Preis­ver­än­de­run­gen bei den Rohstof­fen weni­ger spür­bar. Zudem tragen in der Schweiz die Fixkos­ten der Nahrungs­mit­tel­pro­duk­tion – wie Löhne und Maschi­nen – einen viel höhe­ren Teil zur Preis­ge­stal­tung bei als die varia­blen Kosten wie Saat­gut und Pesti­zide, was sich eben­falls beru­hi­gend auf Preis­schwan­kun­gen auswirkt. 

Folgen für die Gesundheit

Die Teue­rung bei den Lebens­mit­teln hat weit­rei­chende Folgen. «Viele Betrof­fene verzich­ten wegen ihrer Geld­sor­gen auf eine ausge­wo­gene Ernäh­rung. Im Vorder­grund steht oftmals die Sätti­gung, nicht das gesunde Essen. Das kann zu gesund­heit­li­chen Proble­men führen. Es ist uns daher ein gros­ses Anlie­gen, armuts­be­trof­fe­nen Perso­nen vergüns­tig­ten Zugang zu einer ausge­wo­ge­nen und gesun­den Ernäh­rung zu bieten», erläu­tert Jost. Eine unaus­ge­wo­gene Ernäh­rung führt zu einer allge­mein vermin­der­ten Lebens­qua­li­tät der Betrof­fe­nen und eine Viel­zahl von Erkran­kun­gen wie Herz­lei­den, Diabe­tes oder Blut­hoch­druck werden durch eine Mangel­er­näh­rung eben­falls begüns­tigt. Mit einem brei­ten Sorti­ment von frischen und gesun­den Lebens­mit­teln tragen die Cari­tas-Märkte dazu bei, dass sich auch Menschen mit knap­pem Budget ausge­wo­gen ernäh­ren können. «Krank­heit kann arm machen und Armut kann krank machen. Dass Perso­nen mit gerin­gen finan­zi­el­len Mitteln häufi­ger gesund­heit­li­che Probleme haben, ist statis­tisch erwie­sen», sagt Jost. Eine Krank­heit oder ein Unfall ist denn auch der häufigste Grund, wieso sich Menschen in der Schweiz verschulden.

«Viele Betrof­fene verzich­ten wegen ihrer Geld­sor­gen auf eine ausge­wo­gene Ernährung.»

Niels Jost

Unge­bremste Nachfrage

Die Cari­tas-Märkte sind mit 1,1 Millio­nen Kunden­be­we­gun­gen im Jahr 2023 gefragt wie nie zuvor, 50’000 mehr als noch 2022. Der Haupt­grund für die gestie­gene Nach­frage ist laut der Cari­tas klar die Teue­rung. Der Nach­frage steht aber leider kein endlo­ses Ange­bot gegen­über, auch die Cari­tas-Märkte müssen um die Gunst der Spender:innen buhlen: «Der Cari­tas-Markt ist auf Produkt­spen­den und die Zuwen­dun­gen von Stif­tun­gen ange­wie­sen. Leider wird es immer schwie­ri­ger, genü­gend Unter­stüt­zung zu erhal­ten», sagt Niels Jost. Spezi­ell die insti­tu­tio­nel­len Spender:innen sind enorm gefor­dert. Aber die Cari­tas macht weiter, denn eines ist klar: «Eine ange­mes­sene, würde­volle Ernäh­rung ist ein Grund­recht und darf kein Luxus sein!»

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