Fotos: Lucas Ziegler

Ernäh­rungs­si­cher­heit sichert Demokratie

Lukas Fesenfeld forscht an der ETH zu nachhaltigen Ernährungssystemen und war wissenschaftlicher Leiter des Berichts «Wege in die Ernährungszukunft der Schweiz». Er hat am soeben erschienenen globalen Report «The Economics of the Food System Transformation» mitgearbeitet.

Sie forschen zur Trans­for­ma­tion zu einem nach­hal­ti­gen Ernäh­rungs­sys­tem. Wie rele­vant ist das Thema für eine demo­kra­ti­sche Gesellschaft?

Es ist sehr rele­vant. Aktu­ell führen wir beispiels­weise eine compu­ter­lin­gu­is­ti­sche Analyse der öffent­li­chen Diskurse zum Thema Ernäh­rung in verschie­de­nen Ländern welt­weit durch, etwa in den EU-Staa­ten, Indien, Nige­ria, Südafrika, den USA und der Schweiz. Wir unter­su­chen dafür Millio­nen von Medi­en­be­rich­ten. Essen ist ein zentra­les Kultur­ele­ment. Es ist nicht nur mit emotio­na­len und biolo­gi­schen Prozes­sen verbun­den, sondern hat auch eine zentrale gesell­schafts­po­li­ti­sche Dimen­sion und insbe­son­dere das Thema Fleisch birgt Polarisierungspotenzial.

Was bedeu­tet dies?

Essen wird zuneh­mend zu einem Bestim­mungs­merk­mal in einer Gesell­schaft. Bestimmte Perso­nen­grup­pen werden darüber defi­niert. Es gibt die Stereo­ty­pen der urba­nen Veganer:innen oder die Trump-Wähler mit ihrem Burger und Steak. 

Was ist die Folge für die Gesellschaft?

Es werden Zuschrei­bun­gen gemacht, die Grup­pen­iden­ti­tä­ten verstär­ken. Das erschwert das gegen­sei­tige Zuhö­ren. Gleich­zei­tig kann Essen aber genau das Gegen­teil bewirken.

Inwie­fern?

Essen kann die Menschen zusam­men an einen Tisch brin­gen. Sie begeg­nen sich. Es gibt tolle Projekte. Diese sollen Menschen verschie­de­ner Kultur­kreise oder mit unter­schied­li­chen poli­ti­schen Einstel­lun­gen beim Kochen an einen Tisch brin­gen – im wört­li­chen Sinn. Das ist eine grosse Chance. Beson­ders wich­tig scheint mir aber, dass wir auf poli­ti­scher Ebene agie­ren, dass wir die Ernäh­rungs­sys­tem-Gouvernanz – also die Insti­tu­tio­nen und Art der gesell­schafts­po­li­ti­schen Zusam­men­ar­beit – anpas­sen. Wir haben im Bericht «Wege in die Ernäh­rungs­zu­kunft der Schweiz» die Schaf­fung eines Zukunfts­gre­mi­ums ange­regt. In diesem soll­ten die wich­tigs­ten gesell­schaft­li­chen Akteure und Inter­es­sen­grup­pie­run­gen, welche privat­wirt­schaft­li­che und öffent­li­che Güter­in­ter­es­sen im Ernäh­rungs­sys­tem vertre­ten, vertrau­ens­bil­dend zusam­men­ar­bei­ten und Lösun­gen mitein­an­der verhandeln. 

«Die Trans­for­ma­tion des Ernäh­rungs­sys­tems ist zentral für den Zusam­men­halt der Gesellschaft.»

Lukas Fesen­feld, Politik-Wissenschaftler

Wer könnte ein solches Gremium einberufen?

Idea­ler­weise wird es durch das Parla­ment bzw. den Bundes­rat legi­ti­miert und sollte nicht an einzel­nen Bundes­äm­tern hängen. Es braucht eine umfas­sende Zusam­men­set­zung von Akteu­ren, die im Gremium möglichst das gesamte Ernäh­rungs­sys­tem reprä­sen­tie­ren – also neben den Produ­zie­ren­den und Bäue­rin­nen und Bauern auch die verar­bei­tende Wirt­schaft, den Handel, die Konsument:innen sowie NGOs, die Arbeitnehmer‑, Gesundheits‑, Tier­wohl- und Umwelt­schutz vertreten. 

Wie bestimmt man die Akteur:innen?

Sie müss­ten auf Basis trans­pa­ren­ter Krite­rien, einer syste­ma­ti­schen Stake­hol­der-Analyse sowie in einem wissen­schaft­lich beglei­te­ten Prozess gewählt werden. Das Zukunfts­gre­mium sollte vorge­la­gert und beglei­tend zum parla­men­ta­ri­schen Prozess arbei­ten. Die Ergeb­nisse aus diesen Diskus­sio­nen können dann in den gesetz­ge­ben­den Prozess einflies­sen und idea­ler­weise trag­fä­hi­gere und lang­fris­ti­gere Lösun­gen ermög­li­chen. So könnte es ausein­an­der­drif­ten­den Effek­ten entgegenwirken. 

Wie lässt sich dies erreichen?

Es ist wich­tig, den Fokus auf die Chan­cen und das Mitein­an­der zu rich­ten. Lange sind wir im globa­len Ernäh­rungs­sys­tem – auch in der Schweiz – einer poli­ti­k­öko­no­mi­schen Logik gefolgt, die entlang der Wert­schöp­fungs­kette die Konzen­tra­tion hin zu grös­se­ren Betrie­ben förderte. Bezie­hen die Super­markt­ket­ten von grös­se­ren Produ­zie­ren­den Waren, profi­tie­ren sie von Skalen­ef­fek­ten, was wiederum güns­ti­gere Preise ermög­licht. Die Konsument:innen haben sich an dieses Preis­ni­veau gewöhnt. Auch die Subven­tio­nen in vielen Ländern wurden auf grös­sere Betriebe anstatt auf Nach­hal­tig­keit ausge­rich­tet. Ein Fehl­an­reiz. Das hat viele klei­nere Höfe zum Aufge­ben gezwun­gen und zu gros­sem Frus­tra­ti­ons­po­ten­zial in der Land­wirt­schaft geführt, gerade weil viele im Sektor ihre Arbeit als Lebens­auf­gabe sehen. Dieser Umstand kann, wie wir es in ande­ren Ländern beob­ach­ten, von demo­kra­tie­feind­li­chen Kräf­ten genutzt werden. Deswe­gen ist die Trans­for­ma­tion des Ernäh­rungs­sys­tems so zentral für den Zusam­men­halt der Gesellschaft.

Wie kann die Schweiz bei einem Selbst­ver­sor­gungs­grad von rund 50 Prozent über­haupt Einfluss nehmen?

Die Schweiz kann einen wich­ti­gen Beitrag zu mehr Nach­hal­tig­keit leis­ten, durch die Art der Produk­tion und den Konsum im Inland, aber auch die Regu­lie­run­gen beim Import und Export von Lebens­mit­teln. Derzeit fallen beispiel­weise rund 77 Prozent Treib­haus­gas­emis­sio­nen der in der Schweiz konsu­mier­ten Lebens­mit­tel im Ausland an. Der Selbst­ver­sor­gungs­grad ist jedoch nicht der einzige Indi­ka­tor für die Umstel­lung hin zu einem nach­hal­ti­gen Ernäh­rungs­sys­tem. Wirtschafts‑, Umwelt- und Gesund­heits­ziele lassen sich jedoch mit einer Erhö­hung des Selbst­ver­sor­gungs­gra­des in der Schweiz gut kombi­nie­ren. Ernäh­rungs­si­cher­heit und Nach­hal­tig­keit bedin­gen sich gegenseitig.

Wie könnte dies gelingen?

Mit einer Umstel­lung des Konsum­ver­hal­tens. Dies hätte Auswir­kun­gen auf Produk­tion und Verar­bei­tung sowie den Import. Derzeit werden auf mehr als 40 Prozent der Acker­flä­chen in der Schweiz Futter­mit­tel ange­baut. Aufgrund von Futter­mit­tel­im­por­ten kommen noch mindes­tens 200’000 Hektaren Acker­fut­ter­flä­chen im Ausland hinzu. Das ist inef­fi­zi­ent und gefähr­det die Ernäh­rungs­si­cher­heit. Auf diesen Acker­flä­chen im In- und Ausland könn­ten deut­lich mehr pflanz­li­che Lebens­mit­tel für den mensch­li­chen Konsum produ­ziert werden. Gleich­zei­tig ist es aber auch wich­tig zu beto­nen, dass die Schweiz einen Stand­ort­vor­teil bei gras­land­ba­sier­ter Tier­hal­tung hat, gerade in der Alpenregion. 

«Die Schweiz kann deut­lich schnel­ler davon betrof­fen sein, als wir es bislang erwar­tet haben.»

Lukas Fesen­feld

Die dann doch Sinn machen würde?

Aus einer globa­len Nach­hal­tig­keits-perspek­tive würde es Sinn machen, wenn die Schweiz gewisse Gemüse- und Obst­sor­ten impor­tiert, bei welchen sie keinen Stand­ort­vor­teil hat. Dafür kann sie tieri­sche Produkte expor­tie­ren, wenn diese auf bestehen­den Gras­flä­chen und nicht mit impor­tier­tem Futter­mit­tel herge­stellt werden. Insge­samt müsste dafür aber der inlän­di­sche Konsum tieri­scher Produkte sinken und die Schwei­zer Verbraucher:innen soll­ten weni­ger, aber vor allem Schwei­zer Produkte aus der gras­land­ba­sier­ten Tier­hal­tung konsu­mie­ren. Das hiesse nicht nur weni­ger Konsum tieri­scher Produkte insge­samt, sondern insbe­son­dere weni­ger Konsum von Geflü­gel- und Schwei­ne­pro­duk­ten, die beson­ders stark auf den Import von Futter­mit­teln ange­wie­sen sind.

Aus globa­ler Sicht ist es also nicht per se nach­hal­ti­ger, weni­ger zu impor­tie­ren. Entschei­dend ist, das Rich­tige zu importieren?

Genau. Das Ideal­sze­na­rio wäre, dass alle Länder und Regio­nen welt­weit die Produkte produ­zie­ren, bei welchen sie aus sozia­ler, ökolo­gi­scher und zum Teil auch ökono­mi­scher Perspek­tive einen Stand­ort­vor­teil haben. Nur ist das nicht die Realität.

Wie lässt sich gras­land­ba­sierte Produk­tion fördern?

Wir müssen einer­seits den Futter­mit­tel­im­port teurer gestal­ten. Gleich­zei­tig müssen wir Anreize schaf­fen für die Wert­schöp­fung in alter­na­ti­ven Berei­chen, beispiels­weise beim Anbau von Hülsen­früch­ten. Oder wir ermög­li­chen Land­wirt­schafts­be­trie­ben neue Einkom­mens­quel­len, wie mit dem Ausbau der Agro­pho­to­vol­taik. Am Ende ist aber auch die Akzep­tanz der Konsument:innen entscheidend. 

Wovon hängt diese ab?

Unsere reprä­sen­ta­ti­ven Expe­ri­mente mit der Bevöl­ke­rung zeigen, dass bei der rich­ti­gen Kombi­na­tion von Mass­nah­men die Akzep­tanz zum Konsum­wan­del bereits heute höher ist als oftmals ange­nom­men. Hier sind neben dem Staat vor allem der Detail­han­del und die Kanti­nen gefragt. Die Vermark­tung spielt eine grosse Rolle. Und schliess­lich ist die Subven­ti­ons- und Steu­er­po­li­tik entschei­dend. Heute wird die Tier­hal­tung – auch die nicht gras­land­ba­sierte – stark geför­dert. Das setzt entspre­chende Anreize und fördert leider nicht gezielt den nach­hal­ti­gen Konsum. Beson­ders die Bäuer:innen soll­ten beim Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess nicht allein gelas­sen werden, sondern vom Umstieg hin zu mehr Pflan­zen­bau und gras­land­ba­sier­ter Tier­hal­tung profitieren.

Reicht dies, um das Ernäh­rungs­sys­tem zu trans­for­mie­ren und die Nach­hal­tig­keits­ziele zu erreichen?

Wenn wir die UN-Nach­hal­tig­keits­ziele, zu welchen sich die Schweiz verpflich­tet hat, ernst nehmen und die Schweiz einen fairen Beitrag zu deren Errei­chung bis 2030 leis­ten will, dann müss­ten wir deut­lich schnel­ler umstel­len. Polit­öko­no­misch ist das aber leider derzeit nicht beson­ders realistisch. 

Was wäre ein gang­ba­rer Weg?

Es braucht ein Mitein­an­der statt ein Gegen­ein­an­der. Ein mögli­cher Weg ist eine sinn­volle Abfolge der Mass­nah­men. Wir müssen zunächst den Fokus auf die Chan­cen legen und neue Wert­schöp­fungs­mög­lich­kei­ten in den Vorder­grund stel­len. Der neue däni­sche Fonds zum Ausbau pflan­zen­ba­sier­ter Wert­schöp­fungs­ket­ten ist hier ein gutes Vorbild. Danach können schritt­weise stär­kere Anpas­sun­gen in der Regu­la­tion und Besteue­rung folgen. 

Könn­ten Stif­tun­gen hier eine Rolle übernehmen?

Gerade beim Anstos­sen kann der gemein­nüt­zige Sektor helfen. Am Anfang braucht es viele Akti­vi­tä­ten, auch in Nischen. Oder beim Anstos­sen eines Zukunfts­gre­mi­ums können Stif­tun­gen eine Verant­wor­tung über­neh­men. Ebenso bei stär­ker inte­grier­ten Pilot­pro­jek­ten entlang der Wert­schöp­fungs­kette wäre ihre Förde­rung sinn­voll. Wir sehen oft Projekte, die nur einen Teil­be­reich abde­cken, aber nicht über­le­gen, wie die gesamte Wert­schöp­fungs­kette ausse­hen muss, damit eine Trans­for­ma­tion gelin­gen kann. Das gilt auch für die Arbeit der Stiftungen.

Das heisst?

Stif­tun­gen können mehr bewir­ken, wenn sie zusam­men­ar­bei­ten. Das fängt zum Glück gerade an, dass sie sich über­le­gen, wo sie komple­men­tär sind, wo sie sich ergän­zen können und wo sie zusam­men mehr bewirken.

Und mit Pilot­pro­jek­ten Entwick­lun­gen anstossen?

Gut umge­setzte Pilot­pro­jekte können zeigen, dass etwas funk­tio­niert. Dies trägt dazu bei, dass Produ­zie­rende umstel­len, Abnehmer:innen finden und die Poli­tik die Hand­ha­bung der Förde­rung anpasst. Wenn wir dann eine Skalie­rung errei­chen wollen, über­stei­gen die benö­tig­ten Summen jedoch die Möglich­kei­ten des gemein­nüt­zi­gen Sektors. Deswe­gen ist es sinn­voll, auch hier stra­te­gisch und schritt­weise vorzu­ge­hen und mit verschie­de­nen Formen eines Fonds den Anschub zu finan­zie­ren. Schluss­end­lich wäre die Ideal­vor­stel­lung ein gross ange­leg­ter Trans­for­ma­ti­ons­fonds, wie wir ihn im Rahmen des Berich­tes «Wege in die Ernäh­rungs­zu­kunft der Schweiz» skiz­ziert haben. Dieser Fonds könnte Kosten für gezielte Bera­tung im Umstel­lungs­pro­zess, Förde­rung von Forschung und Entwick­lung sowie infra­struk­tu­relle Ausga­ben bei der Umstel­lung entlang der Wert­schöp­fungs­kette über­neh­men. Gleich­zei­tig sollte er auch finan­zi­elle Kompen­sa­tion für die Verlierer:innen leisten.

Wen erwar­ten Sie als Verlierer:in?

Ich denke an Bauern­höfe, die vor kurzem in neue Ställe inves­tiert haben, weil sie durch die aktu­elle Subven­ti­ons­po­li­tik dazu ange­regt wurden. Dabei gilt es genau zu diffe­ren­zie­ren zwischen der unter­neh­me­ri­schen Selbst­ver­ant­wor­tung und der Anre­gung durch die gesell­schaft­li­che Subven­ti­ons­po­li­tik. Es muss geklärt werden, wann die Entscheide zur Inves­ti­tion gefällt wurden, um gerecht­fer­tigte Kompen­sa­tio­nen zu leis­ten für Höfe, die Kapi­tal durch den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess verlieren. 

«Wir müssen den Fokus auf die Chan­cen legen.»

Lukas Fesen­feld

Bereits heute flies­sen viele Gelder in die Landwirtschaft.

Genau, gerade auch öffent­li­che. Diese müss­ten teils umge­lenkt werden. Lang­fris­tig braucht es zudem gar nicht mehr unbe­dingt so viel neues Geld. Schät­zun­gen gehen von jähr­lich rund 35 Milli­ar­den Fran­ken exter­nen Kosten durch den derzei­ti­gen Schwei­zer Lebens­mit­tel­kon­sum aus, die heute in ande­ren Berei­chen wie der Gesund­heits­ver­sor­gung oder durch Umwelt­schä­den anfal­len. Würden diese wahren Kosten einge­rech­net, würde die Gesell­schaft insge­samt von einer Trans­for­ma­tion zu einem nach­hal­ti­gen Ernäh­rungs­sys­tem profitieren.

Ein nach­hal­ti­ges Ernäh­rungs­sys­tem wäre also auch besser für die Gesundheit?

Ja, natür­lich. Es kommt auf die Defi­ni­tion der Nach­hal­tig­keit an. Norma­ler­weise gehört dazu die ausge­wo­gene, gesunde Ernäh­rung. Es gibt den Ansatz der Plane­tary Health Diet. Dieses Konzept defi­niert einen Spei­se­plan, der die Gesund­heit des Menschen wie des Plane­ten berücksichtigt. 

Wie errei­chen wir diese Transformation?

Einer­seits erken­nen die Akteure heute, dass die Chan­cen grös­ser sind als bisher ange­nom­men. Ande­rer­seits entste­hen neue Inter­es­sen­grup­pen, ähnlich wie beim Ausbau der erneu­er­ba­ren Ener­gien, die sich für funda­men­tale Refor­men einset­zen werden. Dazu gehö­ren Ände­run­gen in der Subven­ti­ons­po­li­tik oder bei den Zöllen. Aktu­ell ist das im Bereich der Ernäh­rungs- und Land­wirt­schafts­po­li­tik noch nicht realis­tisch, weil zu viele Akteure derzeit noch vom Status quo profi­tie­ren oder zumin­dest davon zu profi­tie­ren meinen. Ein Inter­esse für Verän­de­rung gibt es erst, wenn wir glaub­wür­dig zeigen, dass ein Wandel grosse Chan­cen bringt. Dazu braucht es konkrete Mass­nah­men. Das dürfen nicht nur neue Aufla­gen sein, sondern die neuen Mass­nah­men müssen auch mit admi­nis­tra­ti­ven Verein­fa­chun­gen für die Bauern­be­triebe einhergehen. 

Können Sie ein Beispiel nennen?

Werden auf regio­na­ler Ebene Mindest­in­di­ka­to­ren für den Umwelt­schutz fest­ge­legt, können diese satel­li­ten­ge­stützt über­prüft werden und die Auszah­lun­gen öffent­li­cher Subven­tio­nen auf diesen Daten erfol­gen. Der admi­nis­tra­tive Aufwand wird gerin­ger. Gerade kleine Betriebe profi­tie­ren. Auf Konsument:innenseite wären nicht nur Verän­de­run­gen im Kanti­nen­an­ge­bot, sondern auch die Einfüh­rung einer Tier­wohl­ab­gabe denk­bar, wie sie derzeit in Deutsch­land disku­tiert wird. Das würde nicht nur den Konsum verän­dern, sondern auch neue Mittel für die Trans­for­ma­tion gene­rie­ren. Diese Finan­zie­rung ist wich­tig für Bäuer:innen, welche die Umstel­lung bewerk­stel­li­gen. Sie brau­chen Planungs- und Finanzierungssicherheit. 

Sind eine Trans­for­ma­tion der Ernäh­rungs­si­cher­heit und Nach­hal­tig­keit Gegensätze?

Global verur­sacht das heutige Ernäh­rungs­sys­tem rund 30 Prozent der Treib­haus­gas­emis­sio­nen, einen Gross­teil des Arten­ver­lus­tes und rund 70 Prozent des Frisch­was­ser­ver­brauchs. Laut des globa­len Berichts der Food­Sys­tem-Econo­mics-Exper­ten-Kommis­sion, an dem ich mitwir­ken durfte, belau­fen sich die jähr­li­chen Kosten des derzei­ti­gen Ernäh­rungs­sys­tems für Mensch und Natur auf über zehn Billio­nen Dollar pro Jahr. Das soge­nannte Wedding-Cake-Modell der Nach­hal­tig­keit besagt, dass alle sozia­len und ökolo­gi­schen Ziele auf einem intak­ten Ökosys­tem beru­hen. Fehlt dieses, kann nicht trag­fä­hig gewirt­schaf­tet werden, es entste­hen Hunger, Konflikte, Pande­mien, und poli­ti­sche Unru­hen. Dies wirkt sich schnell auf die globale Wert­schöp­fung aus. Auch die Schweiz kann deut­lich schnel­ler davon betrof­fen sein, als wir es bislang erwar­tet haben. 

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