«Die Natur ist das resi­li­ente System schlechthin»

Der Landscape Resilience Fund sammelt private und öffentliche Gelder für landwirtschaftliche Kleinbetriebe in südlichen Entwicklungsländern, damit sie sich an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen können. Das Ziel ist nicht nur eine nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft, sondern auch der wirtschaftliche Erfolg der Kleinunternehmen, um weitere Investor:innen ins Boot zu holen.

Klein­bau­ern sind das Rück­grat der globa­len Ernäh­rung: Sie produ­zie­ren 80 Prozent aller in Entwick­lungs­län­dern und 30 Prozent der welt­weit konsu­mier­ten Lebens­mit­tel. Sie seien folg­lich der wich­tigste Garant für eine nach­hal­tige und resi­li­ente Land­wirt­schaft, die Auswir­kun­gen des Klima­wan­dels auffan­gen könne, sagt Urs Diete­rich, Geschäfts­füh­rer des Land­scape Resi­li­ence Fund (LRF). Gleich­zei­tig sind sie eine vulnerable Gruppe, die, anders als grosse Firmen, weder Zugang zu tech­no­lo­gi­schen Inno­va­tio­nen noch zu Bank­kre­di­ten hat. 

Genau diese Klein­bau­ern hat der vor zwei Jahren gegrün­dete Fonds im Visier: Er sammelt Mittel von priva­ten und öffent­li­chen Geld­ge­bern, um damit KMUs in Entwick­lungs­län­dern auf der Südhalb­ku­gel zu unter­stüt­zen. Die Voraus­set­zun­gen: Diese Unter­neh­men sind in der Land- oder Forst­wirt­schaft tätig, bezie­hen ihre Produkte direkt von loka­len Klein­bau­ern, setzen sich in ihrer Region für eine nach­hal­tige Entwick­lung ein und sind bereit, den Klein­bau­ern entspre­chende Aus- und Weiter­bil­dun­gen anzubieten. 

Die erste Investition

Seine erste Inves­ti­tion tätigte der LRF vor andert­halb Jahren in Koa, in eine Firma in Ghana, die von der Kakao­pflanze nicht die Bohnen, sondern das Frucht­fleisch verar­bei­tet: «Der Saft wird direkt konsu­miert oder zu Pulver verar­bei­tet, das als Zucker­er­satz in der Lebens­mit­tel­in­dus­trie verwen­det wird», erklärt Diete­rich. «Koa gene­riert also einen Mehr­wert mit einem Rohstoff, der zuvor einfach wegge­wor­fen wurde oder auf den Feldern verrot­tete.» Für die Klein­bau­ern bedeu­tet das eine Gewinn­stei­ge­rung von 30 Prozent, ohne dass sie mehr Aufwand haben. Mit den zwei Millio­nen Fran­ken, die der LRF der ghanai­schen Firma zuge­spro­chen hatte, baute diese einen moder­nen Produk­ti­ons­be­trieb auf, der neue Arbeits­plätze für die lokale Bevöl­ke­rung bietet. Urs Diete­rich: «Am Anfang arbei­tete Koa mit 1800 Klein­bau­ern zusam­men, mitt­ler­weile sind es 3000. Bis in drei Jahren sollen es 10’000 sein.» 

Verwen­dung des Frucht­flei­sches der Kakao­pflanze als Zuckerersatz.

Misch­for­men

Der LRF wurde 2021 vom WWF und der Umwelt­be­ra­tungs­firma South Pole ins Leben geru­fen; finan­ziert wird er von einer inter­na­tio­na­len Luxus­gü­ter­firma als Haupt­spen­de­rin sowie der Global Envi­ron­ment Faci­lity (GEF), die gemäss Urs Diete­rich eine Vorrei­te­rin für Klima­an­pas­sung ist. «Klima­re­si­li­enz ist ein Bereich, der immer noch zu wenig wahr­ge­nom­men und zudem fast ausschliess­lich mit staat­li­chen Geldern finan­ziert wird.» Der Fonds wurde auch mit dem Ziel lanciert, hier vermehrt private Inves­to­ren aufzu­tun – «blen­ded finance» nennt Urs Diete­rich diese Art von Finan­zie­rung, bei der Gelder aus verschie­de­nen Quel­len zusam­men­ge­führt werden. 

Der LRF ist in der Schweiz als Stif­tung regis­triert und verknüpft phil­an­thro­pi­sches Wirken mit Wirt­schaft­lich­keit: Eine Firma wie Koa muss das Darle­hen zurück­zah­len, wenn auch zu einem mode­ra­ten Zins­satz. «Als Stif­tung liegt unser Haupt­in­ter­esse nicht auf einer Rendite», sagt der Geschäfts­füh­rer. Durch seine Inves­ti­tion wolle der LRF es den Firmen ermög­li­chen, sich so aufzu­stel­len, dass sie nach­hal­tig erfolg­reich wirt­schaf­ten können. Denn dann werde die Firma auch für andere Inves­to­ren attrak­tiv. Der LRF als ein glaub­wür­di­ger Inves­tor mit stren­gen Sozial- und Umwelt­richt­li­nien dient dann als Kata­ly­sa­tor, um weitere Geldgeber:innen ins Boot zu holen. «Der LRF verfolgt drei Aspekte», fasst Urs Diete­rich zusam­men. «Wir unter­stüt­zen KMUs in südli­chen Ländern dabei, ihre Kapa­zi­tä­ten aufzu­bauen, damit sie gewinn­brin­gend wirt­schaf­ten können, verge­ben Darle­hen und brin­gen im Rahmen eines Land­schafts­an­sat­zes lokale Akteure zusam­men, die in ihrer Region eine posi­tive Wirkung erzie­len möch­ten.» Das beinhal­tet neben ökolo­gi­schen auch soziale Aspekte wie die Gleich­stel­lung der Frauen oder die Vermitt­lung von Wissen zur Klima­an­pas­sung an Klein­bäue­rin­nen und ‑bauern. 

Kakao­bäue­rin­nen in Ghana bei der Ernte. Es werden Bohnen und Frucht­fleisch verwendet.

Mehr­fa­che Nutzung

Der Fokus des Fonds liegt darauf, Firmen im Bereich der Land- und Forst­wirt­schaft wider­stands­fä­hi­ger gegen­über Klima­ver­än­de­run­gen zu machen. Resi­li­enz bedeu­tet nicht, den Klima­wan­del einfach hinzu­neh­men. Natür­lich seien die Bestre­bun­gen, den Wandel aufzu­hal­ten, wich­tig, sagt Urs Diete­rich, der selbst einen Abschluss in Forst­wis­sen­schaf­ten hat. Trotz aller Anstren­gun­gen komme die Land­wirt­schaft aber nicht umhin, sich auf Extrem­ereig­nisse wie Dürren oder Über­schwem­mun­gen vorzu­be­rei­ten. Dabei können die glei­chen Mass­nah­men gleich mehr­fa­chen Nutzen brin­gen: Klein­bau­ern, die auf Biodi­ver­si­tät statt auf Mono­kul­tu­ren setzen, sind wirt­schaft­lich besser aufge­stellt, weil sie Ernte­aus­fälle besser kompen­sie­ren können. Gleich­zei­tig fördern sie dadurch die Boden­frucht­bar­keit, was zu höhe­rem Ertrag führt. Und nicht zuletzt ist ein gesun­der Boden ein wich­ti­ger Wasser- und CO2-Spei­cher, was wiederum dem Kampf gegen den Klima­wan­del zugu­te­kommt. Von der Natur könne der Mensch viel lernen, sagt Urs Diete­rich: «Die Natur ist das resi­li­ente System schlecht­hin und hat sich schon an viele Klima­ver­än­de­run­gen angepasst.» 

Wirkungs­vol­ler Einsatz

Seit der Grün­dung hat der Land­scape Resi­li­ence Fund schon eini­gen KMUs auf der Südhalb­ku­gel unter die Arme gegrif­fen: Neben Koa in Ghana profi­tierte auch eine Firma in Tansa­nia, die in Zusam­men­ar­beit mit Klein­bau­ern biolo­gisch-zerti­fi­zierte Gewürze produ­ziert. Zusätz­lich wird die nach­hal­tige Entwick­lung von vulner­ablen Land­schaf­ten in Brasi­lien und Viet­nam geför­dert. Die Stif­tung unter­stützt dabei nicht nur laufende Betriebe, sondern gewährt auch Vorschüsse, damit die KMUs ihr Geschäft spezi­ell im Hinblick auf den Klima­wan­del weiter­ent­wi­ckeln können – ein Risiko, das gewinn­ori­en­tierte Inves­to­ren nicht einge­hen. Nach zwei Jahren sei die Entwick­lungs­phase nun abge­schlos­sen, meint Urs Diete­rich. Nun sei die Stif­tung bereit, über die bereits erhal­te­nen zehn Millio­nen Dollar an Spen­den hinaus weitere Gelder zu sammeln, um sie wirkungs­voll einzusetzen. 

landscaperesiliencefund.org

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