Linda Sulzer und Niniane Pfäffgen vom Büro für Wagemut. Bild: zVg Büro für Wagemut.

Das Zwischen­mensch­li­che zählt

Linda Sulzer und Niniane Päffgen sind vor kurzem mit dem Büro für Wagemut gestartet. Sie begleiten NPOs bei ihrer Entwicklung in die Zukunft. Wir haben mit Linda Sulzer und Niniane Päffgen über eine von ihnen kürzlich durchgeführte Umfrage bei Pionierprojekten gesprochen.

Das Büro für Wage­mut hat eine Umfrage mit 18 Pionier-Projek­ten durch­ge­führt. Was genau war das Ziel der Befragung?

Wir haben nach öffent­li­chen Daten gesucht, welche den Zusam­men­hang zwischen einge­setz­ten Förder­mit­teln und der erziel­ten Wirkung aufzei­gen. Dabei haben wir fest­ge­stellt, dass es wenig öffent­li­che Studien oder Statis­ti­ken über mutige und inno­va­tive Förder­pro­jekte gibt. Da haben wir gedacht: Dann machen wir das halt selber.

Welche Erkennt­nisse habt ihr aus den Antwor­ten der befrag­ten Pionier-Projekte gewonnen?

Abso­lut ausschlag­ge­bend für den Erfolg eines Projekts sind die Menschen, die dahin­ter­ste­hen. Allen voran natür­lich das Team, aber auch das Netz­werk, die Allies und die Förde­rer, die an die Projektträger:innen glau­ben. Oftmals unter­schätzt wird hinge­gen die Rele­vanz der Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur: Starke Projekte brau­chen eine stabile Träger­schaft. Vielen wurde das erst im Verlauf des Projekts bewusst — teil­weise sogar erst, als es schon zu spät war. Über­rascht wiederum hat uns der Fakt, dass die Intui­tion eine so grosse Rolle spielt. Dies­be­züg­lich zeigen die Ergeb­nisse: Die gemein­same Vision leitet das Projekt im Gros­sen, die Intui­tion im Kleinen.

Was sind die spezifi­schen Heraus­for­de­run­gen, denen wage­mu­tige Förder­pro­jekte gegenüberstehen?

In der Aufbau­phase sind es insbe­son­dere die admi­nis­tra­ti­ven und prozess­be­zo­ge­nen Fragen, die viel Zeit und Nerven kosten: Welche Orga­ni­sa­ti­ons­form haben wir, wie werden wir steu­er­be­freit, mit welchen Tools arbei­ten wir, welchen Modus finden wir im Team? Ausser­dem besteht die Gefahr, dass sich Teams aufgrund der Komple­xi­tät und Gleich­zei­tig­keit der Aufga­ben — vom Orga­ni­sa­ti­ons­auf­bau, der Produkt­ent­wick­lung über HR- und Kommu­ni­ka­ti­ons­the­men — verzet­teln und den Fokus verlieren.

Wie mutig inves­tie­ren Stiftungen?

Aus unse­rer Sicht gibt es da noch sehr viel Poten­zial. Stif­tun­gen sind extrem wich­tige Akteu­rin­nen auf der Suche nach Antwor­ten auf die gros­sen Heraus­for­de­run­gen unse­rer Zeit. Mit ihrem Kapi­tal können sie echten syste­mi­schen Wandel, neuar­tige Ansätze und Expe­ri­mente ermög­li­chen, für die es sonst keinen Platz oder Markt gibt. Aller­dings haben diese Projekte natur­ge­mäss oftmals auch ein höhe­res Risiko. Aber genau das ist es, was viele abschreckt. Mit unse­rem Ange­bot setzen wir genau hier an: mit geziel­ter Unter­stüt­zung helfen wir, dieses Risiko besser zu managen.

Wie wich­tig sind starke Teams?

Teams sind der entschei­dende Erfolgs­fak­tor. Dies hat die Umfrage sehr deut­lich gezeigt, aber auch unsere eigene Erfah­rung bestä­tigt dies immer wieder. Wenn wir einen Grund­satz formu­lie­ren müss­ten, wäre es der: es lohnt sich viel mehr, in ein noch nicht ausge­reif­tes Projekt mit einem star­ken Team zu inves­tie­ren, als in ein konzep­tio­nell total über­zeu­gen­des Projekt, bei dem aber das Team nicht überzeugt.

Anschu­bfinan­zie­run­gen enden oft nach ein paar weni­gen Jahren. Wie wich­tig ist eine stabile und konti­nu­ier­li­che Träger­schaft für den Erfolg eines Projektes?

Lang­fris­tig gese­hen ist eine solide, also resi­li­ente Orga­ni­sa­tion für den Erfolg eines Projekts zentral. Ist dieses auf brüchi­gen Struk­tu­ren aufge­baut, so bleibt die Basis insta­bil und unru­hig, was wiederum auf das Projekt und letzt­end­lich auf dessen Wirkung Einfluss hat.

Wie stark ist der Stif­tungs­sek­tor für die Themen Entwick­lung und Resi­li­enz von Orga­ni­sa­tio­nen sensibilisiert?

Es gibt im Stif­tungs­sek­tor zuneh­mend eine Sensi­bi­li­sie­rung, was die Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung betrifft. Nach wie vor sind jedoch viele Non-Profit-Orga­ni­sa­tio­nen in einem stän­di­gen Über­le­bens­kampf und gezwun­gen, ihre Struk­tu­ren und opera­ti­ven Tätig­kei­ten über Projekte zu finan­zie­ren. Dies scha­det nicht nur den Projek­ten selbst, sondern auch den Orga­ni­sa­tio­nen dahin­ter, welche sich eigent­lich auf ihre Kern­tä­tig­kei­ten fokus­sie­ren soll­ten. Was hier Abhilfe schaf­fen könnte, ist das Konzept von Förder­kon­sor­zien, bei denen mehrere Stif­tun­gen gemein­sam die Struk­tur einer Orga­ni­sa­tion finan­zi­ell sicherstellen.

Wie lassen sich die Prin­zi­pien Vertrauen, Soli­da­ri­tät und gegen­sei­ti­ges Einste­hen in der Unter­neh­mens­kul­tur umsetzen?

Aus unse­rer Sicht ist eine aktive, offene Kommu­ni­ka­tion essen­zi­ell: Sie schafft ein Verständ­nis fürein­an­der und dafür, wie die andere Person tickt: Was sind ihre Werte, Erwar­tun­gen, wie sieht die Zusam­men­ar­beit in einer idea­len Welt aus? Wir selber haben diese Aspekte in einer Grün­de­rin­nen­ver­ein­ba­rung fest­ge­hal­ten — unsere Art von Ehe-Vertrag. Darin steht unter ande­rem, dass wir eine Sorg­faltspflicht für die jeweils andere haben. So wird aus einem Vorsatz eine offizi­elle Abma­chung: wir passen aufein­an­der auf.

Ihr seid gerade erst mit dem Büro für Wage­mut gestar­tet. Welche Stra­te­gien verfolgt ihr, um mit Unsi­cher­heit und Rück­schlä­gen im Geschäfts­all­tag umzugehen?

Der wohl grösste Pfei­ler unse­rer Resi­li­enz ist unsere Verbun­den­heit im Berufli­chen, aber auch im Priva­ten. Wir gehen zum Beispiel seit Beginn in eine monat­li­che Media­tion — unsere Art der Paar­the­ra­pie. Und schliess­lich haben wir dank frühe­ren Erfah­run­gen auch indi­vi­du­elle Stra­te­gien entwi­ckelt: Selbst­für­sorge, feines Essen und Zeit mit tollen Menschen in unse­rem Umfeld, Bewe­gung und Tanz. Platz für andere Dinge im Leben zu haben, neben einer sinn­vol­len Arbeit, ist uns beiden sehr wichtig.

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