Was «Schnee­räu­mung» mit Viel­falt zu tun hat.

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln

Gemischte Teams können die Stif­tungs­ar­beit wirk­sa­mer machen. Viele Stif­tungs­räte wählen sich selbst – das kann ein Grund dafür sein, dass die Gremien noch zu wenig viel­fäl­tig sind. Die Geschichte der «Schnee­räu­mung» erklärt, wie rele­vante Viel­falt mehr Erfolg brin­gen würde.

Ein Stif­tungs­rats­man­dat gilt als «Ehren­amt» ohne Lohn. Ein Budget für die Erneue­rung des Teams ist in der Regel nicht vorhan­den. Man sucht deshalb oft in den eige­nen Netz­wer­ken, was ein brei­tes Bewer­bungs­ver­fah­ren mit Inter­views von viel­fäl­tig quali­fi­zier­ten Kandi­da­tu­ren erschwert. So bleibt die Auswahl an mögli­chen Ergän­zun­gen des Gremi­ums meist eher klein und selbstähnlich.

Auch in Verwal­tungs­rä­ten von Akti­en­ge­sell­schaf­ten besteht eine erheb­li­che Gefahr der Selbst­ähn­lich­keit bei der Erneue­rung der Gremien, denn auch da werden rund 90 Prozent aller Verwal­tungs­rats­sitze ohne Beizug von unab­hän­gi­ger Bera­tung besetzt.

Das ist an sich noch kein Problem, wenn eine gezielte Durch­mi­schung sowie eine Kultur von produk­ti­vem Einbe­zug unter­schied­li­cher Perspek­ti­ven syste­ma­tisch geför­dert werden. Doch da hapert es immer wieder.

Wie eine einsei­tige Betrach­tung zu subop­ti­ma­len Lösun­gen führt, möchte ich anhand des Beispiels «Schnee­räu­mung» erläu­tern. Die wahre Geschichte der «Schnee­räu­mung» steht hier stell­ver­tre­tend für viele Projekte im Unter­neh­mer­tum und in der Stiftungswelt.

Geneigte Lesende werden sich fragen: Inwie­fern kann «Schnee­räu­mung» besser orga­ni­siert werden, wenn ein gemisch­tes Team mit einer Inklu­si­ons­kul­tur am Werk ist? Lassen Sie sich von folgen­der Geschichte inspirieren:

  1. Es fiel auf, dass alte Menschen und junge Mütter über­pro­por­tio­nal viele Unfälle hatten, wenn Schnee gefal­len war.
  2. Man wusste aus ande­ren Unter­su­chun­gen, dass vor allem junge Mütter länger unmo­to­ri­siert unter­wegs sind, weil sie öfter Kinder in Tages­struk­tu­ren brin­gen und anschlies­send zur bezahl­ten oder unbe­zahl­ten Arbeit gehen.
  3. Man beob­ach­tete, dass die «Schnee­räu­mung» aller­or­ten zuerst die Stras­sen für den Auto­ver­kehr frei­legt und erst später die Gehsteige und den Zugang zu Zebrastreifen.

Bisher ging die «Schnee­räu­mung» von der Grund­an­nahme aus, dass sie in erster Linie die Stras­sen frei­räu­men müsse, damit die arbei­tende Bevöl­ke­rung recht­zei­tig im Auto zur Arbeit komme. Das ist die Sicht­weise von jenen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren. Das erscheint ihnen so richtig.

In einem gemisch­ten Team von Arm und Reich, Jung und Alt, mit und ohne Rolla­tor, mit Gehstock oder Kinder­wa­gen, körper­lich unter­schied­lich Fitten und in verschie­de­nen Bran­chen Täti­gen – in einem gemisch­ten Team sehen die Präfe­ren­zen anders aus. Unter­schied­li­cher. Das erleich­tert Expe­ri­mente wie  das Folgende: Versuchs­hal­ber wurden bei Schnee zuerst die Fuss­gän­ger­wege gesäu­bert und anschlies­send die Strassen.

Diese kleine Verän­de­rung hatte zur Folge, dass sich weni­ger alte Menschen und junge Mütter im winter­li­chen Verkehr verletz­ten. Die Zahl der Auto­un­fälle stieg derweil nicht. So konnte «Schnee­räu­mung» siche­rer für die Indi­vi­duen und güns­ti­ger für das Gesund­heits­sys­tem gestal­tet werden.

Die Wahr­schein­lich­keit, dass ein homo­gen zusam­men­ge­setz­tes Team diese wirk­same Verän­de­rung einlei­ten würde, ist gerin­ger, als wenn sich Menschen gegen­sei­tig mit ihren verschie­de­nen Bedürf­nis­sen und Betrach­tungs­win­keln heraus­for­dern. Warum? Ein homo­ge­nes Team ist sich schnell einig. Das heisst nicht, dass die beschlos­sene Lösung die best­mög­li­che ist. Sie ist für die Anwe­sen­den die naheliegendste.

Diver­si­tät in Teams wird gerne mit Geschlech­ter­durch­mi­schung gleich­ge­setzt. Am Beispiel «Schnee­räu­mung» können wir jedoch sehen, dass eine kinder­lose, reife Mana­ge­rin, die morgens mit dem Auto zur Arbeit fährt, vermut­lich nicht den entschei­den­den Unter­schied macht, den ein junger Vater machen würde, der morgens seine Kinder in die Tages­stätte bringt, bevor er zu Fuss zur Arbeit geht.

Die Geschichte der «Schnee­räu­mung» ist eine Analo­gie für viele Situa­tio­nen im Stif­tungs­we­sen, bei Inves­to­ren und in Jurys –
eigent­lich über­all, wo über den Einsatz von Ressour­cen entschie­den wird. Die Grund­an­nah­men, die den Entschei­den zugrunde liegen, entspre­chen den Blick­win­keln und Projek­tio­nen der Anwe­sen­den. «Welche Sicht­weise fehlt, und was würde sie Entschei­den­des beitra­gen?» Stel­len Sie sich diese Frage immer wieder. Fragen Sie andere nach ihrer Perspek­tive und erin­nern Sie sich daran, wenn Sie Schnee auf der Strasse sehen. Es stei­gert Ihre Wirksamkeit

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