Die Kultur­trans­for­ma­tion

Die digitale Transformation krempelt unsere Gesellschaft radikal um. Auch Stiftungen. Ihnen bietet sie die Möglichkeit, Wirkungsfelder neu zu bearbeiten, neue Zusammenarbeitsformen zu nutzen, effektiv zu kommunizieren. Die Frage ist nicht ob, sondern wie eine Stiftung diese Entwicklung mitgestaltet. Jede und jeder ist Teil der Digitalisierung.

Wo einst mäch­tige Maschi­nen mit Drucker­schwärze die Buch­sta­ben auf Papier druck­ten, laden heute helle White­boards und grosse Screens dazu ein, eigene Gedan­ken und Ideen zu formu­lie­ren und mit ande­ren zu teilen. Auch wenn es Zufall ist: Der Wandel zu einer digi­ta­len Gesell­schaft lässt sich kaum stereo­ty­per illus­trie­ren als mit der Ablö­sung von Druck­ma­schi­nen. In einer ehema­li­gen Drucke­rei in der Basler Altstadt hat Fonda­tion Botnar vor zwei Jahren ihre Büro­räum­lich­kei­ten einge­rich­tet. Flexi­bel, hell, modern – eine Arbeits­welt, die den heuti­gen Bedürf­nis­sen entspricht. 

Karin Schu­ma­cher ist Chief Opera­ting Offi­cer bei Fonda­tion Botnar und hat zusam­men mit dem ganzen Team die Geschäfts­stelle konzi­piert und gestal­tet. Die Aufgabe war jedoch weni­ger eine bauli­che, sondern eine über­grei­fend konzep­tio­nelle. «Wir woll­ten Raum für agile Prozesse schaf­fen», sagt sie. Die Zusam­men­ar­beit muss auf der Geschäfts­stelle genauso funk­tio­nie­ren wie dezen­tral, wenn die Team­mit­glie­der unter­wegs sind. Neue digi­tale Tools bilden das Funda­ment. Damit dies gelin­gen konnte, musste Schu­ma­cher alles von Grund auf neu denken. «Es ist nicht immer alles gerad­li­nig gelau­fen. Aber das gehört dazu», sagt sie, «wir woll­ten schliess­lich auch Raum für Expe­ri­mente haben und Fehler machen dürfen.»

COO Karin Schu­ma­cher und CEO Stefan Germann, Fonda­tion Botnar bei einer Arbeitsbesprechung.

Neue Fragen, neues Potenzial

Die Stif­tungs­welt ist hete­ro­gen. Die Stif­tungs­zwe­cke sind so viel­fäl­tig wie die 13’000 in der Schweiz regis­trier­ten Stif­tun­gen. Entspre­chend unter­schied­lich beant­wor­ten sie die Frage, wie sie die Digi­ta­li­sie­rung bewäl­ti­gen wollen. Kommu­ni­ka­tion, Zusam­men­ar­beit, Projekte – für alle Berei­che stel­len sich neue Fragen. Welches sind die Chan­cen, wo sind die Heraus­for­de­run­gen. Und wie nutzt eine Stif­tung das Poten­zial? Das aktu­elle Bild zeigt: Die Stif­tun­gen stehen auf unter­schied­lichs­ten Stufen der Digi­ta­li­sie­rung mit jeweils eige­nem Fokus. 

Möglich­keit bringt Verantwortung

Karin Schu­ma­cher, im Eingang des inno­va­ti­ven «Sitzungs­raums Nissan». Foto: Kostas Maros.

Bei einer Neugrün­dung lassen sich diese Fragen von Grund auf ange­hen und behan­deln. Obschon keine Neugrün­dung, fand sich Fonda­tion Botnar in einer Situa­tion, in der sie sich neu aufstel­len konnte und musste. Gegrün­det hatte Marcela Botnar die Stif­tung zwar bereits Ende 2003 mit einem Stif­tungs­ver­mö­gen von 25 Millio­nen Fran­ken. Marcela war die Witwe von Octav Botnar, der sein Vermö­gen als Impor­teur und Vertrei­ber von Datsun und Nissan in Gross­bri­tan­nien verdient hatte. Und sie waren Phil­an­thro­pis­ten. Als die Witwe 2014 verstarb, vermachte sie ihr gesam­tes Vermö­gen Fonda­tion Botnar. Das Stif­tungs­ver­mö­gen stieg über Nacht auf rund 3,2 Milli­ar­den Fran­ken. Mit dem Geld kam die Verant­wor­tung. Die Stif­tung musste sich neu erfin­den. «Man hat sich sehr gut über­legt, welches Know-how, welche Kompe­ten­zen und welche Prozesse es für einen profes­sio­nel­len und trans­pa­ren­ten Umgang mit den Stif­tungs­gel­dern braucht», sagt Karin Schu­ma­cher. Das Team wurde sorg­fäl­tig zusam­men­ge­stellt und ist seit Sommer 2019 komplett. Für das Design der Arbeits­pro­zesse setzte die Stif­tung auf einen inten­si­ven Team­dia­log. Dabei konnte sie auf die Erfah­run­gen und das Know-how ihrer Ange­stell­ten, die sie zuvor in ande­ren Stif­tun­gen und in der Privat­wirt­schaft gemacht haben zählen. Über diese Prozesse vergibt Fonda­tion Botnar heute Förder­mit­tel von rund 60 bis 70 Millio­nen Fran­ken pro Jahr.

Zusam­men­ar­beit neu denken

Die wenigs­ten Stif­tun­gen haben vergleich­bare Möglich­kei­ten. Viele haben keine eigene Geschäfts­stelle. Und oft ist Stif­tungs­ar­beit Frei­wil­li­gen­ar­beit. «Die  Stif­tungs­rä­tin­nen und ‑räte stehen mitten im Berufs­le­ben. Sie sind auf dezen­tra­les Arbei­ten ange­wie­sen», sagt Katha­rina Guggi. Sie ist verant­wort­lich für Kommu­ni­ka­tion und die digi­tale Stra­te­gie bei Swiss­Foun­da­ti­ons. Und sie fügt an: «Neue digi­tale Kommu­ni­ka­ti­ons­tools brin­gen gerade für Stif­tun­gen in der Zusam­men­ar­beit grosse Vorteile, weil sie dezen­tra­les Arbei­ten enorm verein­fa­chen.» Der Verband Swiss­Foun­da­ti­ons zählt heute 170 Förder­stif­tun­gen. Sein Sitz liegt in der Kirch­gasse im Herzen von Zürich. Als Katha­rina Guggi vor zwei Jahren mit ihrer Arbeit anfing, musste sie die analog vorhan­de­nen Daten aufar­bei­ten, sich­ten und struk­tu­rie­ren. Ihr war klar, Swiss­Foun­da­ti­ons musste die eigene Zusam­men­ar­beits­weise hinter­fra­gen. Digi­ta­li­sie­rung bedeu­tet in jeder Orga­ni­sa­tion, für jede Mitar­bei­te­rin und für jeden  Mitar­bei­ter, zuerst sich selbst zu bewe­gen. Denn wer das Poten­zial der Digi­ta­li­sie­rung nutzen will, bildet nicht einfach bishe­rige Prozesse digi­tal ab. Sie denkt die Zusam­men­ar­beit neu. Die Digi­ta­li­sie­rung ist immer ein Change-Projekt und Change geht oft mit Verun­si­che­rung und inne­ren Wider­stän­den einher. Es bedeu­tet zual­ler­erst, selbst neue Tools zu verwen­den, sich mit ihnen vertraut zu machen und die neuen Möglich­kei­ten in den Alltag einzubauen. 

Katha­rina Guggi zustän­dig für Kommu­ni­ka­tion und digi­tale Stra­te­gie bei Swiss­Foun­da­ti­ons am Arbeits­ort. Foto: Kostas Maros

Teil der Digitalisierung

Katha­rina Guggi nutzt nach Möglich­keit im Geschäfts­all­tag Slack statt E‑Mail, die Daten sind in der Cloud, Projekte werden digi­tal in Trello, dem Online-Kanban, geführt. Diesen Tools ist die hohe Trans­pa­renz gemein­sam. Alle Betrof­fe­nen sollen im Trello den Stand eines Projek­tes sehen. Wer in einem Slack-Chat Mitglied ist, kann die Diskus­sion verfol­gen. Ähnlich klingt es bei Andrew Holland, Geschäfts­füh­rer von Merca­tor Schweiz. Gegrün­det wurde die Stif­tung mit Sitz in Zürich 1998 von Nach­kom­men der deut­schen Handels- und Unter­neh­mer­fa­mi­lie Karl Schmidt . Im vergan­ge­nen Jahr unter­stützte sie gemein­nüt­zige Projekte mit 19,5 Millio­nen Fran­ken. Andrew Holland: «Konse­quen­ter­weise beginnt die Digi­ta­li­sie­rung auf der Geschäfts­stelle selbst. Wir verste­hen uns als Teil der Digi­ta­li­sie­rung. Die neue Arbeits­or­ga­ni­sa­tion und die Anwen­dung von moder­nen Colla­bo­ra­tion-Tools sind bei uns bereits Alltag.» Mit diesen wollen sie die Komple­xi­tät der aktu­el­len Themen bewäl­ti­gen. Die Digi­ta­li­sie­rung auf der Geschäfts­stelle erfolgt auf drei Ebenen: bei den Prozes­sen und Produk­ten, bei den Arbeits­wei­sen und Struk­tu­ren sowie bei der Kultur, der Gover­nance und der Führung.

Eine unge­wöhn­li­che Gründung

Die Digi­ta­li­sie­rung verän­dert die Kultur. Auslö­ser dieses Change-Prozes­ses kann eine perso­nelle Verän­de­rung sein. Gerade kleine Stif­tun­gen sind geprägt vom persön­li­chen Enga­ge­ment weni­ger. Ein Wech­sel in den meist klei­nen Teams fördert in der Regel die digi­tale Entwick­lung. In dieser Trans­for­ma­tion befin­det sich die «Stif­tung der 5. Euro­pa­meis­ter­schaf­ten für Sehbe­hin­derte 1989 in Zürich». Der Name lässt die unge­wöhn­li­che Geschichte der Stif­tungs­grün­dung erken­nen: «Am Ursprung stand ein Firmen­an­lass der Holder­bank Kies + Beton AG», sagt der neue Stif­tungs­rats­prä­si­dent Rolf Zuber­büh­ler. Anläss­lich des 25. Firmen­ju­bi­lä­ums wollte das Unter­neh­men anstelle eines gros­sen Fest­ak­tes den Sehbe­hin­der­ten-Sport unter­stüt­zen. Holder­bank Kies + Beton AG stellte die Infra­struk­tur für die 5. Euro­pa­meis­ter­schaf­ten in Zürich für Sehbe­hin­derte. «Uner­war­tet blieb am Ende ein Über­schuss», erzählt Zuber­büh­ler von der Entste­hungs­ge­schichte. Es war persön­li­cher Einsatz, der die Stif­tung trug. Walter Boss­hard hat mit der Unter­stüt­zung seiner Frau Verena in unzäh­li­gen Stun­den Frei­wil­li­gen­ar­beit die Stif­tung über drei Jahr­zehnte mit weite­ren Stif­tungs­rä­tin­nen und ‑räten geführt. Digi­ta­li­sie­rung war noch kein Thema. Einla­dun­gen und Unter­la­gen für Sitzun­gen waren analog, die Post war Über­brin­ge­rin. Die Ablage bestand aus einer Reihe Bundes­ord­nern. Mit einer verant­wor­tungs­vol­len Admi­nis­tra­tion hat immer alles geklappt.

Grün­dungs­ort der Stif­tung im Rebhaus, Hünt­wan­gen: Nach­fol­ger Rolf Zuber­büh­ler mit Verena und Walter Boss­hard (von links). Foto: Kostas Maros

Vom Bundes­ord­ner zur digi­ta­len Ablage

Der klar defi­nierte Stif­tungs­zweck – für Sehbe­hin­derte – führte dazu, dass die Stif­tung einen sehr hohen Bewil­li­gungs­grad hat. «In den vergan­ge­nen 30 Jahren hat sie 500 Gesu­che behan­delt», sagt Zuber­büh­ler. «Rund drei Vier­tel davon hat die Stif­tung unter­stützt.» Doch die admi­nis­tra­ti­ven Anfor­de­run­gen an Stif­tun­gen stei­gen. Und neue Stif­tungs­räte sind sich neue Formen der Zusam­men­ar­beit gewohnt. So ist es nicht unge­wöhn­lich, dass die Digi­ta­li­sie­rung mit dem Wech­sel im Stif­tungs­rat Einzug hält. Einla­dun­gen, Proto­kolle oder Gesu­che, der Austausch erfolgt heute digi­tal. Und für den Stif­tungs­rat ist eine digi­tale Ablage mit Login im Aufbau. Auch gegen aussen erhält die Stif­tung eine Auffri­schung. Sie war bisher kaum präsent. Dem soll eine Inter­net­seite Abhilfe schaf­fen. Diese ist in Planung. Projekt­trä­ge­rin­nen und ‑träger wie auch Einzel­per­so­nen werden die Stif­tung so einfa­cher finden. Rolf Zuber­büh­ler sagt: «Die Stif­tung und ihr Enga­ge­ment werden so sichtbar.»

Inter­net­seite als Basis

Der Kommu­ni­ka­ti­ons­be­darf kann je nach Stif­tung unter­schied­lich sein, die Inter­net­seite die Basis der digi­ta­len Kommu­ni­ka­tion gegen aussen. Mit den sozia­len Medien sind weitere Online-Kanäle dazu­ge­kom­men: Die Digi­ta­li­sie­rung hat die Kommu­ni­ka­tion radi­kal verän­dert. Starre Sender-Empfän­ger-Modelle haben ausge­dient, der inter­ak­tive Dialog bestimmt heute die Kommu­ni­ka­tion und ermög­licht einen schnel­len Austausch mit den Ziel­grup­pen. Eine Website alleine genüge schon lange nicht mehr, so der WWF Schweiz. Mit Insta­gram, Face­book oder Linke­dIn können direkte Feed­backs einge­holt und es kann sehr gezielt kommu­ni­ziert werden. Die Stif­tung World Wide Fund for Nature ist eine der gröss­ten Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen welt­weit. «Gemein­sam schüt­zen wir die Umwelt und gestal­ten eine lebens­werte Zukunft für nach­kom­mende Gene­ra­tio­nen.» Das ist ihre Mission. Der WWF bear­bei­tet ein Thema, das die Öffent­lich­keit aktu­ell bewegt und disku­tiert wird. Die sozia­len Medien bieten einer­seits die Chance, kurz­fris­tig auf Oppor­tu­ni­tä­ten reagie­ren zu können, und ande­rer­seits ist die digi­tale Kommu­ni­ka­tion gut plan­bar und gehört in die Marke­ting­stra­te­gie. Die Inter­ak­ti­vi­tät birgt selbst­ver­ständ­lich auch Risi­ken, sowohl Privat­per­so­nen wie auch Orga­ni­sa­tio­nen können einen Shit­s­torm erfahren. 

Digi­ta­li­sie­rung der Projekte

Insge­samt sind Stif­tun­gen aller­dings noch wenig in den sozia­len Medien unter­wegs. Dies zeigen die Daten von Swiss­Foun­da­ti­ons. 90 Prozent der Mitglie­der haben zwar eine Inter­net­seite – ein sehr hoher Wert im Vergleich zum schweiz­wei­ten Durch­schnitt von 15 Prozent. Trotz­dem sind auch die Verbands­mit­glie­der wenig in den sozia­len Medien zu finden. Drei Vier­tel der Swiss­Foun­da­ti­ons-Stif­tun­gen sind auf diesen Kanä­len nicht aktiv. Beim WWF betont man, dass man trotz des Poten­zi­als der digi­ta­len Kommu­ni­ka­tion die herkömm­li­chen Kanäle nicht unter­schät­zen dürfe. Zudem ergänzt der WWF, dass Digi­ta­li­sie­rung nicht auf Face­book, Insta­gram und Websei­ten beschränkt sei. Inves­ti­tio­nen in digi­tale Inno­va­tio­nen gehö­ren heute dazu, auch für den WWF, damit er seine Ziele errei­chen kann. Senso­ren, Droh­nen oder künst­li­che Intel­li­genz sind Instru­mente, die der WWF schon heute nutzt. Beispiels­weise kann der WWF die Popu­la­tion von Fluss­del­fi­nen im Amazo­nas mit Droh­nen besser über­wa­chen und in China erlau­ben von künst­li­cher Intel­li­genz gesteu­erte Foto­fal­len eine auto­ma­ti­sierte Erfas­sung der Tiger­po­pu­la­tion. Der WWF ist über­zeugt, dass diese Tools helfen können, die Wirkung der Projekte zu verstärken.

Digi­ta­li­sie­rung steht nicht isoliert

Die Digi­ta­li­sie­rungs­de­batte prägt heute auch bei den Stif­tun­gen die Wirkungs­dis­kus­sion. Diese ist inter­na­tio­nal von gröss­ter Wich­tig­keit. Der Weg geht lang­sam aber sicher in Rich­tung SMART Foun­da­tion. Die digi­tale Trans­for­ma­tion gewinnt in der Stif­tungs­welt zuneh­mend an Schwung, wie Katha­rina Guggi fest­stellt. Stif­tun­gen posi­tio­nie­ren sich entspre­chend. Katha­rina Guggi: «Stif­tun­gen wie Merca­tor Schweiz schaf­fen expli­zit Stel­len für diese Heraus­for­de­rung der Gesell­schaft mit der digi­ta­len Trans­for­ma­tion.» Und sie werden gezielt mit dem Stif­tungs­zweck, mit den Projek­ten verbun­den.  Torben Stephan ist Programm­lei­ter Digi­ta­li­sie­rung und Gesell­schaft bei Stif­tung Merca­tor Schweiz. «Für uns als Merca­tor bedeu­tet Digi­ta­li­sie­rung ein Wech­sel­spiel aus Tech­nik und Gesell­schaft», sagt er. «Für uns ist die Frage zentral, wie wir in einer zuneh­mend digi­ta­li­sier­ten Gesell­schaft in Zukunft mitein­an­der leben möch­ten. Deswe­gen ist die Digi­ta­li­sie­rung ein Quer­schnitts­thema, das alle Haupt­the­men (Bildung, Verstän­di­gung, Mitwir­kung, Umwelt) der Stif­tung betrifft. Sie steht nicht isoliert. Genauso wie sie intern die Form der Zusam­men­ar­beit wesent­lich verän­dert, wirkt die Digi­ta­li­sie­rung in den Projek­ten von Stif­tung Merca­tor Schweiz insbe­son­dere auf die Zivil­ge­sell­schaft. Diese ist komplex, ausser­halb von Markt und Staats­struk­tu­ren. Die Digi­ta­li­sie­rung gibt der Zivil­ge­sell­schaft neue Möglich­kei­ten, sich auszu­drü­cken und zu inter­agie­ren. Andrew Holland: «Dies bedingt, dass die Zivil­ge­sell­schaft die nöti­gen Kompe­ten­zen und das nötige Wissen erwirbt, um Chan­cen und Heraus­for­de­run­gen der Digi­ta­li­sie­rung gut einzu­schät­zen und Verän­de­run­gen posi­tiv mitzugestalten.»

Gegen den «digi­ta­len Röstigraben»

Andrew Holland, CEO Stif­tung Merca­tor Schweiz, setzt sich für eine posi­tive Mitge­stal­tung der digi­ta­len Verän­de­rung ein.

Um die Befä­hi­gung der Zivil­ge­sell­schaft zu fördern, hat der Stif­tungs­rat der Stif­tung Merca­tor Schweiz ein neues Programm erar­bei­tet und verab­schie­det. Zwei Millio­nen Fran­ken pro Jahr stehen zur Verfü­gung. Bei einer geplan­ten Lauf­zeit von fünf Jahren sind dies insge­samt zehn Millio­nen Fran­ken. Das Programm umfasst drei Rich­tun­gen: Erstens soll die digi­tale Teil­nahme der Bevöl­ke­rung dazu beitra­gen, die Kultur­un­ter­schiede zu schlies­sen. «Ziel ist es, nieman­den zurück­zu­las­sen. Im Moment setzen wir stark auf Kompe­tenz­ver­mitt­lung wie beispiels­weise Daten­kom­pe­tenz», erklärt Torben Stephan.  Ange­dacht sind auch Projekte, um das Stadt-Land-Gefälle zu verrin­gern, um keinen «digi­ta­len Rösti­gra­ben» entste­hen zu lassen. Zwei­tens gilt es, die gros­sen Zukunfts­fra­gen wie künst­li­che Intel­li­genz, Block­chain oder die digi­tale Werte­de­batte aus zivil­ge­sell­schaft­li­cher Sicht zu behan­deln. Torben Stephan: «Es ist wich­tig, dass die Zivil­ge­sell­schaft sich eine Meinung zu diesen Themen bildet und eine eigene aktive Rolle zwischen Poli­tik, Wirt­schaft und Wissen­schaft einnimmt.» Denn bereits heute sei sehr viel von der Wirt­schaft vorbe­stimmt. Und drit­tens gilt es, die Tech­no­lo­gie in den Dienst der Gesell­schaft zu stel­len: Inno­va­tio­nen fürs Gemeinwohl. 

Torben Stephan, Programm­lei­ter Digi­ta­li­sie­rung und Gesell­schaft bei der Stif­tung Merca­tor Schweiz und Andrew Holland bei einer Arbeitssitzung.

Ergän­zung zu Stiftungsfinanzierungen

Rea Eggli, Mitgrün­de­rin der Crowd­fun­ding Platt­form Wemakeit.

Die Digi­ta­li­sie­rung eröff­net der Zivil­ge­sell­schaft auch neue Möglich­kei­ten der Projekt­fi­nan­zie­rung. Rea Eggli, Mitgrün­de­rin von wema­keit, sagt: «Unsere Crowd­fun­ding-Platt­form wema­keit ist eine ideale Ergän­zung zu Stif­tungs­fi­nan­zie­run­gen, wir sehen uns keines­falls als Konkur­renz.»  Eine konkrete Zusam­men­ar­beit mit einer Stif­tung erlebt wema­keit seit zwei Jahren durch den «Science Boos­ter». Mit «Science Boos­ter» unter­stützt Gebert Rüf erfolg­rei­che Wissen­schafts­pro­jekte auf wemakeit.com, indem die Stif­tung jeden Fran­ken der Crowd verdop­pelt. Auch Public-Privat-Part­ner­ships sind möglich. Für Stif­tun­gen selbst ist wema­keit eine digi­tale Platt­form, um neue Projekte zu entde­cken. Ein mit Stich­wor­ten verse­he­nes Such­abo hilft inno­va­tive Projekte zu finden, die man mitför­dern will. Deshalb kann eine Part­ner­schaft mit wema­keit für eine Stif­tung span­nend sein, um ein Förder­thema zu beset­zen oder um die Abwick­lung von Projekt­för­der­wett­be­wer­ben zu verein­fa­chen. Und mit einem Crowd­fun­ding kann eine Stif­tung neue Ziel­grup­pen errei­chen. Wema­keit hat aktu­ell eine Commu­nity von über 300’000 Perso­nen. Die Erfolgs­chance zur Errei­chung des selbst­ge­steck­ten Ziels liegt bei 61 Prozent. Über 4000 Projekte waren bereits erfolg­reich. Insge­samt wurden 48 Millio­nen Fran­ken gesam­melt. Bei allen Erfol­gen gilt es den Aufwand der Projekt­in­iti­an­tin­nen und ‑initi­an­ten zu berück­sich­ti­gen. Es darf nicht unter­schätzt werden: «Ein Crowd­fun­ding braucht immer eine grosse Eigen­leis­tung an Kommu­ni­ka­tion», sagt Rea Eggli und fügt hinzu, dass sie genau aus diesem Grund den Anteil der Crowd­fun­ding-Einnah­men in einem Projekt­bud­get als Eigen­leis­tung verstehe.

Der Mensch im Mittelpunkt

Fonda­tion Botnar setzt auf die Digi­ta­li­sie­rung und auf digi­tale Inno­va­tio­nen, um ihren Stif­tungs­zweck zu verfol­gen. «The Future Now – For Child­ren World­wide», «Die Zukunft jetzt – für Kinder welt­weit», verspricht Botnar auf der Inter­net­seite. Das Enga­ge­ment für die Gesund­heit und das Wohl­be­fin­den für Kinder ist ein zeit­lo­ses. Doch die Stif­tung hat die Digi­ta­li­sie­rung inzwi­schen sogar in die Stra­te­gie integriert. 

Stefan Germann, als CEO der Fonda­tion Botnar hat er die Digi­ta­li­sie­rung in die Stif­tungs­stra­te­gie integriert.

Der heutige Geschäfts­füh­rer, Stefan Germann, bewarb sich 2016 für seine Stelle bei Fonda­tion Botnar mit einem Konzept, das auf Digi­ta­li­sie­rung und künst­li­che Intel­li­genz setzt, und über­zeugte damit den Stif­tungs­rat. «In den nächs­ten 20 Jahren werden digi­tale Gesund­heits­tech­no­lo­gien mit ausge­klü­gel­ten Algo­rith­men und künst­li­cher Intel­li­genz geschaf­fen. Ihre rasche Einfüh­rung gibt uns beispiel­lose Möglich­kei­ten für die globale öffent­li­che Gesund­heit – zum Beispiel die Besei­ti­gung des akuten Mangels an Gesund­heits­per­so­nal», ist er über­zeugt. Ein typi­sches Projekt von Fonda­tion Botnar ist das 2019 lancierte Afya-Tek in Tansa­nia. In einer digi­tal vernetz­ten Commu­nity sollen das öffent­li­che und das private Gesund­heits­sys­tem mitein­an­der verknüpft werden. «Wir fokus­sie­ren uns auf Kinder und Jugend­li­che in mittel­gros­sen Städ­ten, soge­nann­ten Sekun­där­städ­ten, in Ländern mit limi­tier­ten Ressour­cen», sagt Stefan Germann. «Dort ist einer­seits das Bedürf­nis sehr gross und ander­seits beschrän­ken nicht­staat­li­che Orga­ni­sa­tio­nen ihr Wirken oft auf Haupt­städte oder auf länd­li­che Gebiete. Unser Ziel ist, in den Sekun­där­städ­ten digi­tale Lösun­gen umzu­set­zen und so Skalen­ef­fekte zu ermög­li­chen.» Fonda­tion Botnar inves­tiert in digi­tale Inno­va­tio­nen und entwi­ckelt skalier­bare und nach­hal­tig einsetz­bare Lösun­gen. Doch German sagt: «Im Mittel­punkt stehen immer die Menschen.»

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