Die Schweizer Sozialpolitik stehe seit einigen Jahren aufgrund des demografischen Wandels und der sozioökonomischen Entwicklungen vor grossen Herausforderungen, schreibt das Bundesamt für Statistik (BfS) in einer Mitteilung zum gerade eben veröffentlichten Sozialbericht 2023. «Man denke dabei beispielsweise an die Alterung der Gesellschaft und deren Auswirkungen auf die Finanzierung der Sozialversicherungen oder an die Zunahme der ausländischen Wohnbevölkerung und deren Integration.» Hinzu kämen die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, die die Arbeitsbedingungen bestimmter Bevölkerungsgruppen beeinträchtigen.
Seit dem Erscheinen des letzten Sozialberichts 2019 kam es mit der weltweiten Corona-Pandemie zu einer weiteren Herausforderung für die Sozialsysteme. Als Folge der Pandemie stieg die Zahl der Erwerbslosen an, und die Ausgaben im Bereich der Arbeitslosigkeit stiegen vorübergehend um 14 Milliarden Franken an. Ein stärkerer Anstieg der Arbeitslosigkeit konnte dank Massnahmen wie Kurzarbeitsentschädigungen, Erwerbsersatzentschädigungen für Selbstständige oder zusätzliche Taggelder verhindert werden.
Transferleistungen drücken die Armutsquote
Der aktuelle Sozialbericht beziffert die Armutsquote in der Schweiz mit 8,7 Prozent. Dabei sind die Transferleistungen wie Beiträge aus AHV und IV, Familienzulagen, Taggelder oder Sozialhilfe eingerechnet. «Ohne die Transfers wäre fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung einkommensarm», betont das BfS. Besonders von Armut betroffen sind Erwerbslose, Personen in Einelternhaushalten, mit ausländischer Staatsangehörigkeit sowie ohne Berufsbildung. Dass auch Erwerbsarbeit kein Garant für ein existenzsicherndes Einkommen ist, zeigen die 4,2 Prozent der Erwerbstätigen, die unter der Armutsgrenze leben. Gleichzeitig steigt die Zahl derjenigen an, die mit ihrer finanziellen Situation sehr zufrieden sind. Dabei handelt es sich gemäss dem BfS um einkommensstarke Bevölkerungsgruppen wie Seniorinnen und Senioren, Wohneigentümerinnen und ‑eigentümer, Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss und Schweizerinnen und Schweizer. Die sozialen Unterschiede seien auch bei der Bildung und bei der Gesundheit erkennbar: «So ist beispielsweise die Teilnahme an Weiterbildungen umso höher, je besser das Ausbildungsniveau ist, und Personen ohne nachobligatorische Ausbildung verzichten häufiger auf medizinische Leistungen.»
Das Bundesamt für Statistik gibt den Sozialbericht alle vier Jahre heraus. Er vereint Statistiken zur sozialen Situation der Bevölkerung und ermöglicht damit einen Überblick über die sozioökonomischen Veränderungen und die aktuellen Lebensbedingungen der Schweizer Bevölkerung. Er zeigt die Entwicklung des Sozialsystems auf und gibt Auskunft darüber, welche Bevölkerungsgruppen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind.