Partizipativer Prozess beim Ernährungsforum Zürich, das von Manuel Lehmann angestossen wurde.

«Parti­zi­pa­tive Ansätze machen es einfa­cher, Lösun­gen zu entwickeln»

Manuel Lehmann ist Mitgründer von Thinkpact Zukunft, einer Bildungsplattform und einem Denklabor für nachhaltige Entwicklung und einen zukunftsfähigen Lebensstil. Er spricht über die Vorteile partizipativer Ansätze und wo er eine Rolle für die Stiftungen im Engagement gegen den Klimawandel sieht.

Think­pact Zukunft ist eine Bildungs­platt­form und ein Denkla­bor für nach­hal­tige Entwick­lung und einen zukunfts­fä­hi­gen Lebens­stil. Erken­nen Sie einen gesell­schaft­li­chen Konsens darüber, was ein zukunfts­fä­hi­ger Lebens­stil ist?

Nein, aktu­ell nicht. Und ich sehe ein Problem, dass dieje­ni­gen, die erkannt haben, dass wir einen ande­ren, zukunfts­fä­hi­gen Lebens­stil benö­ti­gen, ande­ren «aufzwin­gen» wollen, was sie für rich­tig halten. Dabei geht es stark um das Verzich­ten. Dieses Narra­tiv spricht aber maxi­mal 30 Prozent Prozent der Bevöl­ke­rung an. Wir müss­ten uns meiner Meinung nach viel mehr fragen, welchen Mehr­wert Nach­hal­tig­keit für welche Bevöl­ke­rungs­schich­ten haben könnte. Dafür haben wir erst gerade eine neue Orga­ni­sa­tion gegrün­det: Ima Adama. Dies ist Verlag, digi­tale Publi­ka­ti­ons­platt­form und parti­zi­pa­ti­ves Forschungs­la­bor für neue Narra­tive zur Nachhaltigkeit.

Wir müss­ten uns viel mehr fragen, welchen Mehr­wert Nach­hal­tig­keit für welche Bevöl­ke­rungs­schich­ten haben könnte.

Manuel Lehmann, Mitgrün­der Thinkpact

Mit dem Projekt Zukunfts­dorf Egnach bspw. stos­sen Sie die Idee des nach­hal­ti­gen Wohnens und Arbei­ten an und wollen aufzei­gen, was das opti­male Dorf ausmacht. Wie bezie­hen Sie die Bevöl­ke­rung in ein solches Projekt ein?

Mit dem Zukunfts­dorf wollen wir uns fragen, wie nach­hal­tige Lösun­gen für länd­li­che Regio­nen ausse­hen. Auf dem Land wird Nach­hal­tig­keit noch viel stär­ker als Bedro­hung wahr­ge­nom­men als in den Städ­ten. Wir bezie­hen ein, indem wir einla­den mitzu­den­ken und mitzu­ma­chen. Da gibt es sehr span­nende Ansätze. In Lich­ten­steig im Toggen­burg findet aktu­ell ein «Summer of Pioneers» statt, von dem ich Teil bin. Und im Ober­thur­gau lancie­ren wir gerade eine Mitmachregion.

Um die Ziele der nach­hal­ti­gen Entwick­lung zu errei­chen: Braucht es hierzu zwin­gend neue Zusammenarbeitsformen?

Ich denke ja. Parti­zi­pa­tive Ansätze machen es einfa­cher, Lösun­gen zu entwi­ckeln. Und wir müssen uns mehr zeigen und lernen, authen­ti­scher zu sein. Gute Zusam­men­ar­beit entsteht nicht daraus, dass ich versu­che, möglichst profes­sio­nell zu sein, meine Zwei­fel, Ängste und Über­for­de­rung wegschiebe und mich bemühe, sie vor ande­ren zu verste­cken. Aus dem Konkur­renz­den­ken kommen wir nur heraus, wenn wir keine Angst mehr haben müssen, dass andere unsere Schwä­chen sehen könn­ten, weil wir uns selbst kennen und uns zeigen dürfen damit.

Was ist die grösste Heraus­for­de­rung um die nach­hal­tige Entwick­lung voran­zu­trei­ben – Mittel­be­schaf­fung, Abstim­mung und Koope­ra­tio­nen der einzel­nen Akteure, Kompetenzen?

Erst­mal denke ich, dass wir es viel zu wenig für möglich halten, dass es auch anders ginge, ohne dass wir als Gesell­schaft Rück­schritte machen. Es fehlen uns die posi­ti­ven Utopien. Dann gehen gute Ansätze, wie bspw. bei der Tran­si­tion-Town-Bewe­gung und den Mitmach­re­gio­nen – Wandel von unten – häufig viel zu wenig in die Breite, weil die Mittel fehlen, diese bekannt zu machen und zu multi­pli­zie­ren. Es werden oft leider nur Pionier­pro­jekte gefördert.

Und es braucht Geschich­ten eines gelin­gen­den Wandels und ein posi­ti­ves Zukunftsdenken!

Manuel Lehmann

Welche Rolle sehen Sie für Stiftungen?

Es soll­ten Projekte geför­dert werden, die die besten, parti­zi­pa­ti­ven Lösungs­an­sätze wie bspw. Tran­si­tion Towns, Ernäh­rungs­fo­ren, Ener­gie­re­gio­nen, etc. über­all anstos­sen wollen. Wollen wir den Klima­wan­del verhin­dern, braucht es über­all solche Projekte! Und es braucht Geschich­ten eines gelin­gen­den Wandels und ein posi­ti­ves Zukunfts­den­ken! Auch hier können die Stif­tun­gen entspre­chende Projekte fördern.

Sie haben Think­pact Zukunft 2012 mitge­grün­det. Was hat Sie damals bewo­gen, einen neuen Verein zu gründen?

Wir woll­ten erst Lösungs­an­sätze durch Veran­stal­tun­gen sicht­bar machen. Heute wissen die meis­ten Menschen, was Urban Gardening ist und viele, was ein Gemü­se­abo ist. Dann haben wir uns in Bern unter den NGOs vernetzt und konn­ten einige Ideen liefern für viel grös­sere Player. Daraus entstan­den neue Projekte und Orga­ni­sa­tio­nen. Aktu­ell haben wir den Fokus auf länd­li­chen Regio­nen und mit «Ima Adama» auf neuen Narrativen.

  1. Hallo!
    Vielen Dank für dieses span­nende Inter­view. Ich bin ganz einver­stan­den damit, dass es stär­kere Förde­rung von parti­zi­pa­ti­ven Initia­ti­ven und Projek­ten braucht, damit diese es schaf­fen, aus ihrer Bubble auszu­bre­chen. Nur so brin­gen wir diese faszi­nie­ren­den und Hoff­nung brin­gen­den Proto­ty­pen in die breite Gesellschaft.
    Gleich­zei­tig braucht es auch Orga­ni­sa­tio­nen, die sich bewusst zum Ziel setzen, die Bevöl­ke­rung zum Träu­men einzu­la­den, wie eine posi­tive Zukunft denn ausse­hen könnte. Wir bei Monda Futura sind davon über­zeugt, dass es sehr viel mehr gemein­same Nenner gibt, als wir norma­ler­weise so vermu­ten würden. Diese müssen wir iden­ti­fi­zie­ren und dann gezielt darauf hinar­bei­ten, dass wir die kollek­ti­ven Visio­nen auch tatsäch­lich errei­chen. Es ist höchste Zeit, dass wir aufhö­ren, herum­zu­wurs­teln und von Krise zu Krise zu stolpern…

    Herz­li­che Grüsse, Raffael Wüthrich

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