«Koope­ra­tio­nen sind im Non-Profit- Sektor ein Schlüs­sel zum Erfolg»

Gesellschaftlichen Mehrwert schaffen

Urs Baumann, Vorsit­zen­der der Gene­ral­di­rek­tion der Zürcher Kanto­nal­bank, sagt, weshalb Impact Inves­t­ing der ideale Ansatz für Stif­tun­gen ist und welche Ziele die Bank mit ihrer Betei­li­gung an StiftungSchweiz verfolgt. 

Hand aufs Herz: Wie nach­hal­tig sind die Geld­an­la­gen der Zürcher Kanto­nal­bank wirklich?

Nach­hal­tig­keit ist dyna­misch. Wir entwi­ckeln sie laufend weiter, trei­ben sie voran. In unse­rer Konzern­stra­te­gie ist veran­kert, dass wir unsere Kund:innen in eine nach­hal­tige Zukunft beglei­ten. Wir setzen uns hier hohe Stan­dards und Ziele. 

Was bedeu­tet das konkret?

Im Dezem­ber 2022 ist die Zürcher Kanto­nal­bank der Net-Zero Banking Alli­ance beigetre­ten – sie verfolgt damit die Errei­chung des Netto-Null-Ziels bis 2050. Bei unse­ren akti­ven Asset-Manage­ment-Anla­ge­lö­sun­gen mit tradi­tio­nel­len Anla­gen orien­tie­ren wir uns am Pari­ser Klima­über­ein­kom­men und haben einen verbind­li­chen quan­ti­ta­ti­ven Absenk­pfad einge­schla­gen. Damit tragen wir zu klima­ver­träg­li­chen Finanz­flüs­sen bei. 

Setzen Sie den Fokus beim Klima?

Ja, aber nicht nur. Dane­ben planen wir jetzt bspw. in Zusam­men­ar­beit mit bildungs­na­hen Stif­tun­gen und der Direk­tion für Entwick­lung und Zusam­men­ar­beit DEZA der Schwei­ze­ri­schen Eidge­nos­sen­schaft eine Anla­ge­lö­sung, die dem Nach­hal­tig­keits­ziel Bildung gewid­met ist. Die Erträge dieses nach­hal­tig gema­nag­ten Fonds, in den sowohl Stif­tun­gen als auch Privatkund:innen inves­tie­ren können, werden an «Educa­tion cannot wait» ausge­schüt­tet, die Bildungs­kon­ti­nui­tät in inter­na­tio­na­len huma­ni­tä­ren Krisen­si­tua­tio­nen gewähr­leis­ten. Priva­tes Kapi­tal wird hier also zur Lösung von Nach­hal­tig­keits­pro­ble­men mobilisiert. 

Wie stel­len Sie bei der Zürcher Kanto­nal­bank sicher, dass mit nach­hal­ti­gen Geld­an­la­gen kein Etiket­ten­schwin­del betrie­ben wird? 

Wir inte­grie­ren syste­ma­tisch ESG-Risi­ken und ‑Oppor­tu­ni­tä­ten in alle Anla­ge­lö­sun­gen. Als Pionie­rin im Bereich nach­hal­ti­ger Anla­gen rich­tet sich das Asset Manage­ment bei den akti­ven Anla­ge­fonds stan­dard­mäs­sig auf einen quan­ti­ta­tiv verbind­li­chen Absenk­pfad aus, indem die CO2e‑Intensität – CO2-Äqui­va­lente – von Port­fo­lios um mindes­tens vier Prozent pro Jahr redu­ziert wird. Wir setzen bei den Direkt­an­la­gen einen Schwer­punkt auf den Dialog mit den inves­tier­ten Unter­neh­men und fordern diese dazu auf, wirk­same CO2e‑Reduktionsziele zu formu­lie­ren und umzu­set­zen. Als eine der gröss­ten Fonds­an­bie­te­rin­nen hat unsere Stimme entspre­chend Gewicht. Wie nach­hal­tig unsere Anla­ge­fonds sind, legen wir in regel­mäs­si­gen Reportings offen. Wir wurden jüngst zum zwei­ten Mal in Folge bei den Swiss Sustainable Fund Awards als «Best Asset Manage­ment Company» ausge­zeich­net. Dies bestä­tigt, dass wir auf dem rich­ti­gen Weg sind. 

«Tech­ni­sche Inno­va­tion ist wunder­bar, wenn sie mit gesell­schaft­li­cher Verant­wor­tung einhergeht.»

Urs Baumann, CEO Zürcher Kantonalbank

Hilft die Digi­ta­li­sie­rung, den Nutzen nach­hal­ti­ger Anla­gen für die Kund:innen nach­voll­zieh­bar zu machen?

Digi­ta­li­sie­rung unter­stützt uns dabei, unsere Kund­schaft indi­vi­du­ell anzu­spre­chen, das Kunden­er­leb­nis bspw. im Bera­tungs­ge­spräch zu verbes­sern und unsere nach­hal­ti­gen Ange­bote über digi­tale Kanäle, wie frankly, verfüg­bar zu machen. Und punkto Data Analy­tics: Unser ESG Data Analy­tics Team kann auf immer mehr Firmen- und Staa­ten­in­for­ma­tio­nen zugrei­fen und so die Quali­tät der ESG-Daten­ana­lyse stetig verbes­sern. Tech­ni­sche Inno­va­tion ist wunder­bar, wenn sie mit gesell­schaft­li­cher Verant­wor­tung einhergeht.

Kennen Sie heute Ihre Kund:innen besser?

Unter­neh­mer­tum heisst, Kunden­be­dürf­nisse zu anti­zi­pie­ren und entspre­chende Dienst­leis­tun­gen zu entwi­ckeln. Es ist entschei­dend, den Werte­wan­del und die Sorgen und Nöte einer Gesell­schaft immer wieder aufs Neue zu erkennen. 

Der Leis­tungs­auf­trag des Kantons gebie­tet Ihnen, das wirt­schaft­li­che Handeln mit Umwelt und Gesell­schaft in Einklang zu brin­gen. Wie gehen Sie dabei vor? 

Wir sind uns des Leis­tungs­auf­trags sehr bewusst und reflek­tie­ren ihn immer wieder. Das geschieht bei einem Meeting genauso wie bei einem spon­tan zustande gekom­me­nen Gespräch. Weil es eben Teil unse­rer DNA ist. Unser aller Wunsch ist es doch, in einem Kanton Zürich zu leben, der so lebens­wert wie möglich ist. Wir enga­gie­ren uns deshalb mit einer brei­ten Palette an Spon­so­ring­ak­ti­vi­tä­ten. Und apro­pos Gesell­schaft: Wir betrei­ben die grösste Ausbil­dungs­stätte im Kanton Zürich, fördern die Jugend­bil­dung, setzen uns für kultu­relle Viel­falt und Chan­cen­gleich­heit ein. Dass wir jähr­lich über 2500 Anfra­gen erhal­ten, ob wir uns hier und dort Unter­stüt­zung vorstel­len können, spricht Bände. Das Thema Umwelt ist längst in unser aller Köpfe verankert. 

Ist das Enga­ge­ment vergleich­bar mit Corpo­rate Philanthropy?

Durch­aus, auch wenn wir dafür keine eigene Unter­neh­mens­stif­tung haben. Zwar basie­ren viele unse­rer Akti­vi­tä­ten auf dem Prin­zip von Leis­tung und Gegen­leis­tung, doch unsere Enga­ge­ments zielen bewusst auf die Schaf­fung eines Mehr­werts für die breite Zürcher Bevöl­ke­rung ab. Und das beinhal­tet auch einen mäze­na­ti­schen Aspekt.

Bei dieser Breite: Konn­ten Sie sich selbst schon einen Über­blick verschaffen?

Schon vor meiner Tätig­keit bei der Zürcher Kanto­nal­bank kannte ich viele der Enga­ge­ments der Bank. Beispiele: Zoo Zürich, Schau­spiel­haus, Grei­fen­see­lauf, Jazz Festi­val. Allen bekannt dürfte unser Nacht­schwär­mer-Ange­bot für jugend­li­che Kund:innen sein.

«Unser Ziel ist es, stiftungschweiz.ch mittel­fris­tig selbst­tra­gend zu machen.»

Urs Baumann, CEO Zürcher Kantonalbank

Aufgrund dieses Auftrags enga­giert sich die Zürcher Kanto­nal­bank in vielen Berei­chen, in welchen auch gemein­nüt­zige Orga­ni­sa­tio­nen tätig sind. Wie arbei­ten Sie zusammen? 

Koope­ra­tio­nen sind im Non-Profit-Sektor ein Schlüs­sel zum Erfolg. Denn gesell­schaft­li­cher Mehr­wert entsteht in der Regel erst, wenn verschie­dene Akteure gemein­sam am selben Strang ziehen. In diesem Sinn hat die Zürcher Kanto­nal­bank ein umfang­rei­ches Ange­bot an Bank­dienst­leis­tun­gen, welche sich an gemein­nüt­zige Orga­ni­sa­tio­nen rich­ten und dort den gesam­ten Bereich der finan­zi­el­len Führung unter­stüt­zen. Dane­ben enga­giert sich die Zürcher Kanto­nal­bank mit dem Spon­so­ring diver­ser Anlässe für den Stif­tungs­sek­tor, zum Beispiel den Schwei­zer Stif­tungs­tag, welcher jähr­lich durch proFonds ausge­rich­tet wird. Beson­ders hervor­he­ben möchte ich unser Enga­ge­ment für die Phil­an­thro­pie-Platt­form stiftungschweiz.ch, mit der wir die digi­tale Zusam­men­ar­beit aller gemein­nüt­zi­gen Akteure in der Schweiz ermög­li­chen wollen. Schliess­lich enga­gie­ren sich viele unse­rer Mitarbeiter:innen im Ehren­amt, sei es für einen Verein oder eine Stif­tung. Und auch im Corpo­rate Volun­tee­ring haben schon ganze Teams unse­rer Bank gezielte Hilfs­ein­sätze zum Wohle der Gesell­schaft geleistet.

Welche Ziele verfolgt die Zürcher Kanto­nal­bank mit dem Enga­ge­ment bei StiftungSchweiz? 

Als schweiz­weit tätige Univer­sal­bank pfle­gen auch wir zahl­rei­che Kontakte mit gemein­nüt­zi­gen Stif­tun­gen. Wir kennen die Heraus­for­de­run­gen der zuneh­men­den Öffent­lich­keit und Profes­sio­na­li­sie­rung im Sektor. Hinter StiftungSchweiz steht neben der Zürcher Kanto­nal­bank aber auch ein breit abge­stütz­tes Konsor­tium von Förder­stif­tun­gen, die letz­tes Jahr als Aktio­nä­rin­nen dazu­ge­kom­men sind. Uns allen ist klar: Der Bedarf an Trans­pa­renz, Wirkungs­ori­en­tie­rung und Dialog wird künf­tig stark wach­sen, sei dies inner­halb des Sektors wie auch gegen­über der Öffent­lich­keit. Deshalb verfol­gen wir bei StiftungSchweiz das Ziel, das Poten­zial der Digi­ta­li­sie­rung für eine noch wirkungs­vol­lere Phil­an­thro­pie zu nutzen.

Kriti­sche Stim­men im Stif­tungs­sek­tor sagen, StiftungSchweiz sei für die ZKB eine Gold­grube – wer hat recht? 

Wir haben uns 2018 mass­geb­lich an der Platt­form betei­ligt und seit­dem als verläss­li­che Part­ne­rin stets eine gute Entwick­lung ermög­licht. Unser Ziel ist es, stiftungschweiz.ch mittel­fris­tig selbst­tra­gend zu machen. Allfäl­lige zukünf­tige Gewinne aus dem Betrieb der Platt­form flies­sen in die konti­nu­ier­li­che Weiter­ent­wick­lung ein. 

Sie haben vor Ihrem Start als CEO der Zürcher Kanto­nal­bank im Impact Inves­t­ing gear­bei­tet. Wäre dieser Ansatz nicht ideal für Stiftungen? 

Abso­lut. Mit Impact Inves­t­ing werden nicht nur die Vermö­gens­er­träge für einen gemein­nüt­zi­gen Zweck einge­setzt, sondern die Geld­an­lage selbst hat bereits eine gesell­schaft­li­che Wirkung. Impact Inves­t­ing meint aller­dings diverse Vari­an­ten. Insbe­son­dere unter­schei­den sich die Ansätze bei der Frage, ob bei einer Inves­ti­tion eher dem Impact oder eher der Rendite Vorrang gege­ben wird. Gerade Stif­tun­gen sind hier in der Lage, zuguns­ten einer gesell­schaft­li­chen Wirkung stär­ker ins Risiko zu gehen. Wirkungs­ori­en­tier­tes Inves­tie­ren muss aber nicht zwin­gend über eine Stif­tung erfol­gen. Die Zürcher Kanto­nal­bank inves­tiert seit über 15 Jahren in Start-ups und fördert damit die Inno­va­ti­ons­kraft der Schweiz. Auch das ist eine wich­tige Form von Impact Investing.

Die ZKB betreut auch Stif­tun­gen. Wie gross ist das Bedürf­nis dieser Kund­schaft für nach­hal­tige Finanzprodukte?

Viele Stif­tun­gen erwä­gen, Nach­hal­tig­keit in ihren Anla­gen umzu­set­zen. Das beginnt mit Ausschluss­kri­te­rien, die eine Stif­tung bezüg­lich ihres Invest­ments fest­legt, geht aber immer öfter darüber hinaus – in Rich­tung einer ESG-Beur­tei­lung, eines Beitrags zur Reduk­tion von Klima­e­mis­sio­nen oder zur Errei­chung der SDGs (Sustainable Deve­lo­p­ment Goals) und manch­mal sogar in Rich­tung Impact Investing.

Sind Stif­tun­gen für Banken inter­es­sante Kundinnen?

Die kurze Antwort lautet: ja, sehr! Die längere: Stif­tun­gen gehö­ren zu unse­ren anspruchs­vol­len Kund:innen, die oft auch Fragen zu ethi­schen oder sozia­len Stan­dards stel­len – neben der Frage zur Klima­po­si­ti­vi­tät. Das macht die Zusam­men­ar­beit inter­es­sant. Hier können wir – als eine der Pionie­rin­nen in Sachen nach­hal­tige Anla­gen – in der Bera­tung einen echten Mehr­wert bieten. 

Die Zürcher Kanto­nal­bank hat mit dem SwiPhiX einen Index für klas­si­sche phil­an­thro­pi­sche Geld­an­la­gen geschaf­fen. Ist es ein Wider­spruch, diese Anla­gen in einem Index nach ihrer Perfor­mance zu bemessen? 

Nein, dies ist eine abso­lute Notwen­dig­keit. Je besser sich das anver­traute Vermö­gen lang­fris­tig entwi­ckelt, desto mehr Mittel stehen einer Stif­tung zur Verfü­gung. Mit dem SwiPhiX wird trans­pa­rent aufge­zeigt, wie viel Rendite eine durch­schnitt­li­che Stif­tung in einer gewis­sen Peri­ode erzie­len konnte. Damit ergibt sich für alle Stif­tun­gen die Möglich­keit, die Wert­ent­wick­lung ihrer eige­nen Anla­gen mit einem Refe­renz­wert abzu­glei­chen. Grund­sätz­lich soll die Anla­ge­stra­te­gie einer Stif­tung jedoch so formu­liert sein, dass sie mit dem Stif­tungs­zweck im Einklang ist. Das Anla­ge­ziel besteht norma­ler­weise darin, so viel Erträge zu erwirt­schaf­ten, dass die Verga­bun­gen und Projekte der Stif­tung möglichst gut finan­ziert werden können.

Meist liegt der Fokus auf der Klima- respek­tive CO2-Frage. Welche Bedeu­tung haben soziale Anliegen?

Bei der Klima­frage geht es darum, was für eine Welt unsere nächste Gene­ra­tion vorfin­det. Es gibt aber auch viele Möglich­kei­ten, direkt in soziale Anlie­gen zu inves­tie­ren – wie zum Beispiel in den bereits genann­ten Fond, der dem Nach­hal­tig­keits­ziel Bildung gewid­met ist. Als Bank mit einem umfas­sen­den Leis­tungs­auf­trag sehen wir es als unsere Aufgabe an, sowohl soziale wie auch ökolo­gi­sche Anlie­gen ernst zu nehmen. 

Sie haben eini­ges vor: Ist der CEO-Posten der Zürcher Kanto­nal­bank ein Traumjob?

Er ist vor allem ein gros­ses Privi­leg. Und eine grosse Chance. Wir haben eini­ges vor. Das verbin­det uns übri­gens auch mit StiftungSchweiz. 

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