Es ist Ferienzeit. Haben Kurzentschlossene noch eine Chance auf Ferien im Baudenkmal diesen Sommer?
Es ist tatsächlich schwierig und die Auswahl nicht mehr gross. Wer aber flexibel ist und nicht ein bestimmtes Objekt im Auge hat, kann noch ein Angebot finden.
Wie viel im Voraus bucht man idealerweise?
Wenn Sie Ihre Ferien in einem bestimmten Baudenkmal verbringen möchten, buchen Sie am besten ein Jahr im Voraus – gerade in der Hochsaison. Generell empfehle ich sechs Monate im Voraus.
Es muss genügend historische Substanz haben, die erhalten werden kann.
Christine Matthey, Geschäftsleiterin Stiftung Ferien im Baudenkmal
Mit der Pandemie erfuhren Sie eine starke Zunahme der Nachfrage. Ist diese wieder zurückgegangen?
Wir wurden vor einem Rückgang wegen des Pandemieeffekts gewarnt. Einen kleinen Rückgang mussten wir hinnehmen, aber weniger, als zu erwarten gewesen wäre.
Wie hoch ist dieser?
2022 verzeichneten wir eine Auslastung von 76 Prozent, nachdem wir 2021 noch 84 Prozent hatten. Aber der Wert liegt immer noch über den 72 Prozent von 2020.
Und wie sieht es im laufenden Jahr aus?
Wir hatten – wie die Tourismusbranche insgesamt – ein herausforderndes erstes Quartal, das von einem leichten Rückgang geprägt war. Über das ganze Jahr hindurch sollte sich die Nachfrage aber einpendeln. Das Publikum hat uns in der Pandemie entdeckt und nicht mehr wirklich verlassen. Auch sprechen die Tourismustrends für unser Angebot: lokal, nachhaltig, kulturell und authentisch. Das decken wir ab.
Wo siedeln Sie Ferien im Baudenkmal an, mehr in der Tourismusbranche oder in der Denkmalpflege?
Wir stehen dazwischen. Bei der Auslastung orientieren wir uns klar am Tourismus. Aber die Denkmalpflege gibt unseren Aktivitäten einen sinnvollen Hintergrund.
Wird Ihr Angebot auch kritisiert? Weil Sie als Stiftung auch Spenden erhalten sehen Sie andere Anbieter:innen im Tourismusbereich kritisch als Konkurrenz?
Unsere Angebote haben marktübliche Preise. Wichtig ist: Wir haben klar getrennte Profitcenter. Die Vermietung deckt die Kosten für diesen Bereich selbst. Die Spendengelder dienen der Sanierung und Stiftungsarbeit in der Denkmalpflege. Unsere Objekte stellen besondere Anforderungen. Sanierung und Unterhalt sind aufwändig. Müssten diese nur über die Vermietung finanziert werden, wären diese Mieten unbezahlbar. Gerade für die Sanierung braucht es beträchtliche Investitionen. Dafür stützen wir uns auf Spenden.
Wieviel machen die Sanierungen aus an Ihrem Aufwand?
Sanierungs- und Unterhaltsarbeiten machen rund 30 Prozent unseres Betriebsaufwands aus, allerdings sind die Schwankungen gross. Wenn wir in einem Jahr zwei Sanierungen gleichzeitig angehen, kann der Anteil auf 50 Prozent steigen. Folgt im nächsten Jahr keine neue Sanierung, sinkt der Anteil stark.
Suchen Sie neue Baudenkmäler, die sich für Ihre Vermietung eignen oder werden diese an Sie herangetragen?
Wir sind mittlerweile bekannt genug, dass wir genügend Anfrage von Familien und Immobilienbesitzer:innen erhalten, die ihren Häusern eine nachhaltige Zukunft geben wollen. Es sind immer Win-win-Situationen. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. In der Romandie haben wir noch wenig Angebote. Hier agieren wir proaktiv, stärken unser Netzwerk, damit die Immobilienbesitzer:innen im richtigen Moment an uns denken.
Neu seit diesem Juli: Nach über 70 Jahren Leerstand erstrahlt die 1776 erbaute Kaplanei in Ernen (VS) in neuem Glanz. Bild: Zeljko Gataric Imhoff
Weshalb legen Sie Wert auf eine gleichmässige regionale Verteilung?
Mit unserem Angebot wollen wir die verschiedenen Typen, Stile, Epochen und Regionen der Schweizer Architekturgeschichte erlebbar machen. Solange wir in gewissen Regionen kaum vertreten sind, werden wir diesem Anspruch nicht gerecht.
In welchem Zustand muss ein Gebäude sein, damit Sie es übernehmen?
Es muss genügend historische Substanz haben, die erhalten werden kann. Wenn das Gebäude nur noch zu retten ist, in dem praktisch alle Elemente ersetzt werden, sind wir zu spät. Allerdings ist auch das Gegenteil möglich. Wenn ein historisches Gebäude in gutem Zustand ist, aber praktisch alle Elemente in den vergangenen Jahren ersetzt wurden, passt es auch nicht unserem Zweck. Wir wollen Baukultur erlebbar machen. Wir wollen das Historische zeigen.
Wie arbeiten Sie mit den Besitzer:innen zusammen?
Soeben haben wir unser elftes Gebäude, das uns als Stiftung gehört, eröffnet. Dass wir ein Gebäude geschenkt bekommen oder für einen symbolischen Preis übernehmen, ist ein Modell. Wir betreiben auch Häuser im Baurecht. Und schliesslich gehören zu unserem Angebot Drittobjekte – das entspricht der Mehrheit unseres Angebotes. Die Besitzer haben dieselbe Philosophie, wie wir. Sie wollen die Häuser der Spekulation entziehen, haben aber Schwierigkeiten, den Unterhalt zu bestreiten. Mit unserer Plattform können wir ihnen eine Möglichkeit bieten, diese zu vermieten und Mittel für den Unterhalt zu generieren. Die Besitzer:innen, die mitmachen, haben Freude daran, die historischen Bauten einem Publikum zugänglich zu machen.
Jedes Haus, das wir retten, ist mit erheblichen Kosten verbunden.
Christine Matthey
Sind Ihre Gäste zugleich Spender:innen?
Wir dürfen mit der Unterstützung von zahlreichen Kleinspender:innen rechnen. Die Mitglieder unseres Tragwerks sind meist auch Feriengäste. Dank der Teilnahme am Tragwerk erhalten sie Ermässigungen bei der Buchung und auch Frühbuchungsprivilegien. Wir erhalten aber auch Spenden von Stiftungen. Jedes Haus, das wir retten, ist mit erheblichen Kosten verbunden. Wir arbeiten nach der Kreislaufwirtschaft und bewahren das Landschafts- und Ortsbild. Dazu sind Spenden von Stiftungen und Grossgönner:innen nötig.
Werden die Feriengäste zu Spender:innen oder umgekehrt?
Meist lernen sie uns über Ferien kennen und werden dann zu Gönner:innen. Aber einige haben von unserem Engagement in den Medien erfahren und sind von der Idee so begeistert, dass sie erst Gönner:in werden und anschliessend Ferien buchen.