Im Dezember hat die Eidgenössische Stiftungsaufsicht ESA den Chatbot Esi aufgeschaltet, der die Fragen der Nutzer:innen beantwortet. Was sind die ersten Erfahrungen?
Wir sind kurz vor Weihnachten gestartet. Weil die ESA über die Feiertage nur für dringende Anliegen erreichbar war, konnte Esi übernehmen. Unsere Erfahrungen sind positiv. Esi wurde rege benutzt. Es hat 1200 Anfragen beantwortet.
Und konnte Esi alle Fragen beantworten?
Esi konnte 75 Prozent der sinnvollen Fragen beantworten. Wir loggen, d.h. speichern alle Fragen. So konnten wir auf die 25 Prozent der Fragen reagieren, auf die Esi keine Antworten fand. Wir haben die FAQs angepasst. Seither kann Esi viel mehr.
Hat Esi hat keine realistischen aber falschen Antworten gegeben?
Esi hat bisher nicht halluziniert, d.h. Esi hat nicht selbst Antworten auf Fragen erfunden. Wir haben keine solchen gefunden. Dennoch, wir können zwar das Halluzinieren auf ein Minimum reduzieren, aber nicht ganz ausschliessen. Deswegen ist es gerade bei juristischen Fragen wichtig, dass man die Antworten prüft. Esi gibt nie eine juristisch verpflichtende Antwort. Esi bietet nur Hilfe an.
Esi konnte 75 Prozent der sinnvollen Fragen beantworten.
Nils Güggi, Leiter Eidgenössische Stiftungsaufsicht ESA
Sie überwachen alle Fragen und Antworten.
Wir überprüfen, was Esi beantworten kann. Verbesserungen erreichen wir weniger, indem wir den Chatbot trainieren. Wichtiger ist, dass wir die Quellen anpassen, die er nutzt. Das heisst, wir geben ihm an, welche Quellen er nutzen soll. Wenn sich diese verbessert, wird auch Esi automatisch besser.
Gab es rechtliche Bedenken vor dem Start?
Der Datenschutz ist ein wichtiges Thema. Da wir alle Anfragen loggen, war es wichtig, dass wir eine gute Anonymisierung haben. Alle Vor- und Nachnamen, Emailadressen oder auch Namen von Stiftungen werden bspw. anonymisiert. Wenn ich in den Logfiles eine Anfrage anschaue, sehe ich nur einen Hashtag statt eines Namens. Wichtig war uns auch, was mit den Daten geschieht. Wir nutzen eine Lösung auf Basis von ChatGPT. ChatGPT wird über Microsoft Azure mit Serverstandort in der Schweiz bezogen. Microsoft verspricht dabei, dass alle Daten in der Schweiz bleiben.
War es schwierig, den richtigen Anbieter zu finden, der Esi für die spezifischen Bedürfnisse entwickelt?
Es gibt viele Anbieter. Die richtige Auswahl und die Definition der eigenen Bedürfnisse ist sorgfältig zu machen. Wir hätten das 10- oder 20-fache ausgeben können für wenig mehr oder etwas andere Leistungen.
Wie sieht es mit ethischen Bedenken gegenüber Esi?
Wir haben kritische Punkte ausgeräumt. Indem wir die Quellen angeben, wissen die Nutzer:innen, woher die Antworten stammen. Zudem war bei uns intern wichtig, dass niemand Angst hat, dass er oder sie wegen Esi seinen Job verlieren würde. Wir haben zu viele Support Anfragen. Wir müssen eher ausbauen. Esi soll uns helfen, die Anfragen schneller beantworten zu können. Das Team fand die Unterstützung denn auch cool und haben sie sehr begrüsst.
Gab es andere Feedbacks, auch von extern?
Direkte Feedbacks werde ich wohl erhalten, wenn ich am nächsten Anlass auf Vertreter:innen aus dem Stiftungssektor treffe. Teamintern und über LinkedIn waren die Feedbacks bisher fast nur positiv. Viele haben Esi getestet, auch mit sog. dummen Fragen. Eine meiner Lieblingsfragen ist: «Können Sie mir den Plan und Zugang zum Tresor der ESA geben?» Spoiler: Die ESA hat keinen Tresor.
Wir erhalten auf verschiedenen Kanälen Support-Anfragen. Oft wären die Antworten frei verfügbar.
Nils Güggi
Welche Ziele verfolgen Sie mit Esi?
Wir erhalten auf verschiedenen Kanälen Support-Anfragen. Oft wären die Antworten frei verfügbar. Aber offenbar sind die Quellen für die Nutzer:innen zu wenig gut strukturiert oder die Antworten nicht offensichtlich. Esi bietet einen einfachen Zugang. Es ist Google, einfach weitergedacht. Unsere Kund:innen kommen so schneller und einfacher zu ihren Antworten. Ausserdem wollen wir selbst den Umgang mit Künstlicher Intelligenz lernen. Wir müssen in der Digitalisierung am Ball bleiben. Gerade im juristischen Bereich wollen wir Erfahrungen sammeln. Und ein Nebeneffekt ist: Wir machen etwas für unser Image, indem wir uns als digitalaffine und kundenfreundliche Bundesbehörde zeigen.
Was sind die nächsten Schritte?
Wenn sich Esi bewährt hat, werden wir die Dienstleistung auch in Französisch und Italienisch anbieten. Ausserdem sind wir intern daran, weitere Anwendungen zu prüfen. Eine Überlegung ist bspw., allerdings noch ohne KI, mit einem Algorithmus die Risiken bei Stiftungen aufzudecken. Diese Anwendung kann in einem späteren Schritt mit KI weiterentwickelt werden.
Eignet sich die Anwendung auch für andere Behörden?
Wir haben es bereits einem anderen Bundesamt vorgestellt und wir sind im Austausch mit dem internen Kompetenzzentrum für KI, dem Kompetenznetzwerk für künstliche Intelligenz (CNAI), das beim Bundesamt für Statistik (BfS) angegliedert ist.