Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vor einem Jahr und dem ersten Lockdown musste sich unsere Gesellschaft der Frage stellen: Welche Berufe sind systemrelevant? Sozialwissenschafter und Gewerkschafter Philipp Tolios hat nun für die Rosa Luxemburg Stiftung eine Studie zu den systemrelevanten Berufen verfasst. Jetzt ist sie erschienen. Auch wenn sie für Deutschland verfasst ist, dürften sie für die Schweiz relevant sein und als Input für die Diskussion dienen.
Fundamentale Unordnung
Die Studie hält unter anderem fest, dass mit dem Begriff der «systemrelevanten Berufe» eine Einstufung stattfindet, die nicht mit unserer gewohnten gesellschaftlichen Stellung übereinstimmt, die geprägt ist vom Arbeits- und Bildungsstand. «Würde man auf diese Unverzichtbarkeit für die Allgemeinheit statt auf den Bildungsstand abstellen, geriete der schöne Schein der meritokratischen Ordnung in fundamentale Unordnung», heisst es im Vorwort. Bei den Berufen stellt er eine Unschärfe des Begriffes fest und eine grosse Heterogenität: «Systemrelevant sind Ärzt*innen und Reinigungskräfte, IT-Systemadministrator*innen und Kraftfahrer*innen, Lehrer*innen, Kassierer*innen und Beschäftigte in der Verwaltung», schreibt er. Dennoch erkennt er zwei Tendenzen, die für diese Berufe zutreffen: «Zum einen ist der Anteil an interpersonellen Dienstleistungsberufen deutlich höher als auf dem gesamten deutschen Arbeitsmarkt. Zum anderen sind die in systemrelevanten Berufen erzielten Löhne auf allen Anforderungsniveaus geringer als diejenigen der nicht systemrelevanten Berufe.» Und noch eine Aussage macht die Studie: «Systemrelevante Arbeit wird darüber hinaus ausgesprochen häufig von Frauen geleistet.» 59 Prozent der Beschäftigten in diesen Berufen sind Frauen.
Zur Studie: Systemrelevante Berufe