Die Kernspaltung hat uns Atomkraftwerke gegeben, sie hat uns aber auch die Atombombe gebracht. Das Internet ermöglicht es uns, Familie und Freunde jederzeit zu erreichen, es erlaubt allerdings auch Spionage und Überwachung. Mittlerweile ist klar: Technologische Innovationen lösen Probleme nicht immer, sie verschieben sie oft nur. Seit den letzten zwei bis drei Jahrzehnten wird in Forschung und Praxis deshalb vermehrt auf soziale Innovationen fokussiert. Der Innovationsprozess ist hierbei auf ein spezifisches gesellschaftliches Problem ausgerichtet. Die Innovation zeigt sich nicht (nur) in Materiellem, sondern im Besonderen auch in einer Veränderung der zwischenmenschlichen Umgangsformen.
Im Grunde kann jeder Mensch soziale Innovation betreiben. Die Vorstellung, man müsse wie Elon Musk Milliarden investieren, um zum «Innovator» zu werden, ist falsch. Immer mehr Menschen möchten sich einsetzen, um Probleme zu lösen, die sie auf der Strasse beobachten, oder unter denen sie selbst leiden. Obwohl viele Menschen die Leidenschaft haben, sich einzusetzen, ist es ein grosser Schritt, dieses Problem an der Wurzel anzugehen und systemische Veränderung herbeizuführen. Um gar eine Organisation zu gründen, fehlt es an fachlichem Wissen, einem relevanten Netzwerk und nicht zuletzt der Ermunterung durch Mentor:innen.
Die Rolle von Inkubatoren
Inkubatoren können diese Lücke schliessen. Deren Programme sind zyklisch gestaltet und finden in vielen Fällen einmal im Jahr statt. Den Hauptbestandteil bilden eine Reihe von Workshops, die in regelmässigen Abständen stattfinden. Aber auch neben dem offiziellen Programm wird auf physische Co-Präsenz und den resultierenden Austausch viel Wert gelegt. Inkubatoren sind bereits seit 20 Jahren vor allem in der Business- und Startup-Szene bekannt und spriessen förmlich aus dem Boden. Ihre Bedeutung in der Tech-Branche ist riesig: Beispielsweise Firmen wie Airbnb oder Dropbox sind in Inkubatoren entstanden. Zunehmend sind Inkubatoren aber auch als Nonprofit-Organisationen gestaltet und fördern organisationale Lösungen für soziale Probleme.
Anpassungsfähigkeit, wenn eine Idee nicht funktioniert, ist zentral.
Bekannte Organisationen, die in diesem Bereich an mehreren Inkubatoren-Programmen beteiligt sind, sind beispielsweise die Impact Hubs. Mittlerweile gibt es sie in sechs Schweizer Städten. Ein grosser Akteur in diesem Bereich ist auch der Grünhof in Freiburg im Breisgau. Er besitzt bereits drei Standorte in der Stadt. Im Grünhof angesiedelt ist das Social Innovation Lab, das sich auf die Förderung von sozialen Innovationen spezialisiert hat. Von März bis Juli fanden dieses Jahr im Rahmen des «Sozialstarter»-Programms insgesamt sieben Veranstaltungen mit motivierten Social Entrepreneurs statt. Beigebracht wurden den Teilnehmenden Themen wie Marketing und Kommunikation oder auch das Prototyping der eigenen Idee.
Der soziale Innovationsprozess
Was ist denn nun wichtig, wenn man sozial-orientiert Innovation betreibt? Anpassungsfähigkeit, wenn eine Idee nicht funktioniert, ist zentral. Solange eine klare Vision vorliegt, an der man sich grob ausrichten kann, ist wiederholtes Scheitern sogar hilfreich, da man nur so den erfolgreichen Weg finden kann. Das Umfeld eines Inkubators bietet genau dazu den perfekten Nährboden. Technologie soll und muss Teil des Innovationsprozesses sein. Die Nutzung muss sich aber an der Vision orientierten, so dass Probleme nicht verschoben, sondern tatsächlich gelöst werden können. Dies ist ein langwieriges Vorhaben und bedeutet in vielen Fällen geringere Skalierbarkeit und Gewinnmarge. Aber so wird sichergestellt, dass Innovation an den Bedürfnissen möglichst vieler Menschen ausgerichtet ist.