Gemeinnützige Stiftungen und NPOs sind in vielen gesellschaftlich relevanten Bereichen tätig. Zum Wohl der Allgemeinheit erfüllen sie fördernd oder operativ wichtige Aufgaben. Doch sollen sie auch ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen in den politischen Diskurs einbringen? Und wie tun sie dies?
Der demokratische Diskurs soll eine Gesellschaft als Ganzes abbilden. Zentral ist dabei, dass alle daran teilhaben können. Eine gelebte Demokratie braucht Debatten und das Ringen um bestmögliche Lösungen gesellschaftlicher Probleme. Sie braucht kritisch denkende, sachverständige und engagierte Teilnehmende. Einen solchen Beitrag leisten auch gemeinnützige Stiftungen und NPOs. Sie bereichern den demokratischen Diskurs mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen in den unterschiedlichsten Sachgebieten. Über 13’500 Stiftungen und unzählige NPOs engagieren sich in der Schweiz in Bereichen wie Gesundheit, Kultur, Bildung, Wissenschaft, Heimat‑, Tier- und Umweltschutz, Soziales und Demokratieförderung etc. Den Stiftungen und NPOs kommt auch eine wichtige Komplementärfunktion zum Staat zu. Vor diesem Hintergrund haben Stiftungen und NPOs eine wichtige gesellschaftliche Mitgestaltungsfunktion.
Widerstand im Ständerat
Viele Mitglieder der Eidgenössischen Räte sind in den Stiftungsräten bzw. Vorständen gemeinnütziger Organisationen tätig. In den Kantonsparlamenten wird es sich ähnlich verhalten. Wenn es um Sachthemen aus den eigenen Zweckbereichen geht, darf davon ausgegangen werden, dass die Stiftungen und NPOs ihre Stiftungsrats- und Vorstandsmitglieder sensibilisieren können. Schwieriger ist die Situation, wenn es um die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsbereich geht, d. h. um das Stiftungs- und Vereinsrecht, die Normen über die Steuerbefreiung und den Spendenabzug, weitere fiskalische Normen (v. a. im Bereich MWST) usw. Langjährige Erfahrung zeigt, dass ein erheblicher Teil der Parlamentsmitglieder, auch wenn sie in Stiftungsräten und Vorständen mitwirken, sich kaum mit diesen Themen befasst. Es liegt dann an einzelnen Parlamentsmitgliedern und Verbänden wie proFonds, für die positive Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen bzw. die Verhinderung unguter Entwicklungen zu sorgen. Dies war schon so bei der bislang wichtigsten Revision des Stiftungsrechts, die auf die parlamentarische Initiative von Ständerat Fritz Schiesser zurückging.
Für die Weiterentwicklung guter Rahmenbedingungen ist das politische Klima in letzter Zeit schwierig geworden. Eine weitere Revision des Stiftungsrechts, die auf der parlamentarischen Initiative von Ständerat Werner Luginbühl beruht, kommt kaum voran. Der Ständerat liess zunächst acht gezielte Massnahmen zur Lösung realer Probleme im Stiftungs- und NPO-Bereich ausarbeiten. Nach der Vernehmlassung strich er diese bis auf zwei zusammen. Er hat sogar Regelungen entfernt, die in der Vernehmlassung bei den politischen Parteien auf Zustimmung gestossen waren. So zum Beispiel, dass Stiftungen und NPOs im Sinne der Good Governance ihre Leitungsorgane angemessen honorieren dürfen, ohne dadurch die Steuerbefreiung zu verlieren. Schwierig wird es, wenn der Nationalrat zwei wichtige Massnahmen, u. a. die Honorierungsregel, wieder aufnimmt und der Ständerat diese nur eine Woche später diskussionslos erneut aus der Vorlage kippt.
Mitgestaltungsfunktion in Frage gestellt
Auch die erwähnte demokratische Mitgestaltungsfunktion von Stiftungen und NPOs wird zurzeit in Frage gestellt. Die im September 2020 eingereichte Motion von Ständerat Ruedi Noser verlangt, dass politisch engagierten Stiftungen und NPOs die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit entzogen wird. Die konstante Steuerpraxis hält jedoch fest, dass Organisationen, die die politische Tätigkeit als eigentlichen Organisationszweck haben, nicht gemeinnützig sind und daher nicht steuerbefreit werden können. Anders verhält es sich bei Organisationen, die für ihren gemeinnützigen Zweck am poli-tischen Diskurs teilnehmen und die Öffentlichkeit sensibilisieren. Hier hat die politische Tätigkeit eine untergeordnete, dem gemeinnützigen Zweck dienende Funktion. Es ist auch kaum vorstellbar, wie eine gemeinnützige Stiftung mit dem Zweck der Demokratieförderung ihren Zweck erfüllen soll, wenn sie nicht am demokratischen Diskurs teilnehmen darf. Dasselbe gilt auch für die anderen einleitend erwähnten Tätigkeitsberei-che von Stiftungen und NPOs. Von der Motion könnten somit unzählige gemeinnützige Stiftungen und NPOs und damit die ganze Gesellschaft nachteilig betroffen sein.
Solche Entwicklungen stimmen nachdenklich. Die Schweiz benötigt wieder vermehrt Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die zum bedeutenden Stiftungsstandort Schweiz und dessen Rahmenbedingungen Sorge tragen.