Dorothea Bergler

SRK: Den eige­nen Wandel untersucht

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) will zukünftig mehr auf Programmarbeit setzen. Die Akzeptanz dieses Wandels bei Förderorganisationen hat es untersuchen lassen. Dorothea Bergler, Leiterin Partner und Institutionelles Engagement SRK, sagt, wie Förderorganisationen dies mittragen, was die Vorteile sind und welche Herausforderungen es zu meistern gilt.

Was gab den Anstoss zu dieser Studie?

Die Ausland­ar­beit des Schwei­ze­ri­schen Roten Kreu­zes (SRK) trans­for­miert sich hin zur Stär­kung der natio­na­len Rotkreuz – und Rothalb­mond­ge­sell­schaf­ten. Unsere Part­ner werden zukünf­tig noch stär­ker befä­higt, die Geschi­cke ihrer Orga­ni­sa­tion selbst zu bestim­men, sei es auf der Ebene der Gover­nance, im Manage­ment und der Frei­wil­li­gen­ar­beit, aber auch in der Mittel­be­schaf­fung in ihrem eige­nen Land. Das SRK baut deshalb dafür seine Bera­tungs­leis­tun­gen aus. Weiter­hin werden wir in konkre­ten Hand­lungs­fel­dern mit den natio­na­len Schwes­ter­ge­sell­schaf­ten Projekte und Programme fördern. Um abzu­schät­zen, ob dieser Wandel hin zur Programm­ar­beit von Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen mitge­tra­gen wird, haben wir diese Studie lanciert.

Welche Vorteile bietet ein Programmansatz?

Ein Programm­an­satz bietet allen Betei­lig­ten Planungs­si­cher­heit. Er erlaubt es, die Arbeit lang­fris­tig auszu­rich­ten und auf nach­hal­tige Entwick­lun­gen und Verän­de­run­gen hinzu­wir­ken. Unter einem Programm werden verschie­dene Projekte gebün­delt. So können komplexe Entwick­lungs­ziele ganz­heit­lich bear­bei­tet sowie verschie­dene Aspekte inte­griert werden. Gleich­zei­tig werden Ressour­cen wie tech­ni­sche Unter­stüt­zung oder Finan­zen effek­ti­ver einge­setzt. Verän­dern sich während der Programm­lauf­zeit einzelne Umstände, kann mit dem Programm­an­satz flexi­bel auf die neuen Heraus­for­de­run­gen reagiert und es können nötige Anpas­sun­gen vorge­nom­men werden. Ein ganz­heit­li­cher Ansatz verbes­sert die Zusam­men­ar­beit vor Ort und trägt dazu bei, die Wirk­sam­keit der einge­setz­ten Mittel zu erhöhen.

So können komplexe Entwick­lungs­ziele ganz­heit­lich bear­bei­tet sowie verschie­dene Aspekte inte­griert werden. 

Doro­thea Berg­ler, Leite­rin Part­ner und Insti­tu­ti­on­nel­les Enga­ge­ment SRK

Sind Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen bereit dafür? Ist der Programm­an­satz für sie anspruchsvoller?

«Die» Förder­or­ga­ni­sa­tion gibt es nicht. Stif­tun­gen sind viel­fäl­tig und divers. Stif­tun­gen, die einem Programm­an­satz gegen­über offen waren, waren oftmals auch dem Projekt­an­satz gegen­über offen. Welcher Ansatz gene­rell bevor­zugt wird, darüber gibt die Studie keine Aussage. Das Studi­en­de­sign erlaubt es nur zu sagen, ob eine Akzep­tanz vorhan­den ist. 42 Prozent der befrag­ten Stif­tun­gen können sich einen Programm­an­satz vorstellen.

Gleich­zei­tig bewer­ten vier von fünf Stif­tun­gen den Programm­an­satz posi­tiv oder neutral. Berück­sich­tigt man jedoch die Grösse der bisher gespro­che­nen Förde­run­gen zeigt sich, dass Stif­tun­gen mit klei­ne­ren Beträ­gen den Projekt­an­satz bevor­zu­gen. Das ist nach­voll­zieh­bar, da diese oft begrenzte Ressour­cen haben und es leich­ter ist, Projekte auf ihre konkrete Wirkung hin zu prüfen. Über die Hälfte der Stif­tun­gen, die mit mehr als 50’000 Fran­ken fördern, sind einem Programm­an­satz gegen­über offen. Sie bemer­ken, dass eine blosse Förde­rung der Projekte ohne flan­kie­rende Mass­nah­men nicht nach­hal­tig ist, so wurde genannt, «trägt dem Wunsch eines syste­mi­schen Ansat­zes Rech­nung, unter­stützt lang­fris­tig die Selbst­hilfe». Da im Programm­an­satz verschie­dene Projekte gebün­delt werden, ist auch die Wirkungs­mes­sung komple­xer. Dies erfor­dert auch bei den Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen mehr Ressour­cen. Dies könnte ein Grund sein, weshalb gemäss unse­rer Studie klei­nere Stif­tun­gen den Projekt­an­satz bevorzugen.

Braucht dieser Ansatz mehr Trans­pa­renz und Vertrauen?

Ja, dieser Ansatz benö­tigt Vertrauen. Rund die Hälfte der Stif­tun­gen sieht bei Orga­ni­sa­tio­nen vor Ort ein Bedürf­nis nach Unter­stüt­zung durch eine schwei­ze­ri­sche Orga­ni­sa­tion. Zwin­gende Voraus­set­zun­gen bei der Förde­rung sind gemäss unse­rer Studie Wirkung (64 Prozent), Sach­be­richt und Finanz­be­richt mit den diver­sen Ausga­ben­pos­ten (58 Prozent) und eine selbst in der Region opera­tiv tätige Orga­ni­sa­tion sowie Nach­hal­tig­keit mit je 45 Prozent.

Je kürzer die Lauf­zeit einer Förde­rung, desto schwie­ri­ger sind die Vorteile des Programm­an­sat­zes zu verwirklichen. 

Doro­thea Bergler

Was ist Förder­stif­tun­gen wich­tig bei Unter­stüt­zun­gen für Projekte oder Programme im Ausland?

Förder­stif­tun­gen möch­ten aussa­ge­kräf­tige Gesu­che mit Budgets und Aussa­gen zur ange­streb­ten Wirkung. Schon bei der Projekt­ein­gabe werden über­wie­gend sehr genaue Unter­la­gen erwar­tet. Wir sehen in der Studie ein Span­nungs­feld: Einer­seits besteht der expli­zite Wunsch nach Stär­kung von loka­len Orga­ni­sa­tio­nen, ande­rer­seits gibt es bei den Anfor­de­run­gen an die Bericht­erstat­tung ein hohes Bedürf­nis nach Kontrolle über die einge­setz­ten Mittel. Um ein Beispiel zu geben: Ein Sach­be­richt ohne Finanz­be­richt mit Detail­aus­sa­gen ist für 27 Prozent der befrag­ten Stif­tun­gen bereits ein Ausschluss­kri­te­rium für die Förderung. 

Die Studie zeigt, dass die Dauer einer Unter­stüt­zung meist auf weni­ger als drei Jahre beschränkt ist. Was bedeu­tet dies für einen Programmansatz?

Der Programm­an­satz des SRK ist auf vier Jahre ausge­rich­tet und folgt dem Kalen­der der Botschaft zur Stra­te­gie der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit des Bundes. Je kürzer die Lauf­zeit einer Förde­rung, desto schwie­ri­ger sind die Vorteile des Programm­an­sat­zes zu verwirk­li­chen. Vor allem einer der gros­sen Vorteile des Ansat­zes, nämlich die grös­sere Flexi­bi­li­tät beim Einsatz der Mittel über die gesamte Programm­lauf­zeit, kommt dann nicht mehr glei­cher­mas­sen zum Tragen.

Für das Fund­rai­sing heisst dies, dass die Mittel für die Förde­rung über vier Jahre mehr­mals neu akqui­riert werden – das bindet enorme Ressour­cen und erschwert es im Feld auf unvor­her­ge­se­hene Heraus­for­de­run­gen oder Entwick­lun­gen reagie­ren zu können.

Drei Vier­tel der Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen erwar­ten spätes­tens nach drei Jahren eine nach­weis­bare Wirkung. Ist dies für unter­stützte Programme eine Herausforderung? 

Man muss sich bewusst sein: Programme, die eine Verhal­tens­än­de­rung bewir­ken und eine lang­fris­tige Entwick­lung entfal­ten sollen, verlau­fen meis­tens nicht linear. Bevor eine Programm­pe­ri­ode abge­schlos­sen ist, sind deshalb auch abschlies­sende Aussa­gen zur Wirkung wenig realis­tisch. Wir beim SRK moni­to­ren aber konti­nu­ier­lich und können die Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen laufend über Zwischen­be­wer­tun­gen infor­mie­ren. Das hilft beiden Seiten: Die Förder­or­ga­ni­sa­tion kann den Fort­schritt über­wa­chen und die Orga­ni­sa­tion das Programm, wenn nötig anpassen.

Die Neuaus­rich­tung ändert auch die Kultur der Zusam­men­ar­beit, sowohl bei uns intern wie auch mit unse­ren Partnern. 

Doro­thea Bergler

Die Studie zeigt, dass in der Vergan­gen­heit das SRK die Orga­ni­sa­tion war, die am häufigs­ten Gelder erhal­ten hat. Nun wird es von Ärzten ohne Gren­zen abge­löst. Gleich­zei­tig wollen die befrag­ten Förder­or­ga­ni­sa­tio­nen dem IKRK deut­lich öfter Mittel zur Verfü­gung stel­len. Gibt die Studie dem SRK auch Input zu Verbesserungspotenzial?

Wir sind sehr dank­bar für die Rück­mel­dun­gen der Stif­tun­gen. Die Neuaus­rich­tung ändert auch die Kultur der Zusam­men­ar­beit, sowohl bei uns intern wie auch mit unse­ren Part­nern. Die zuneh­mende Komple­xi­tät, gerade auch im Programm­an­satz, benö­tigt bessere Erklä­run­gen, mehr Wirkungs­nach­weise und einen inten­si­ve­ren Austausch – auch mit Stif­tun­gen. Wir opti­mie­ren derzeit unsere Prozesse, um diesen Bedürf­nis­sen noch besser gerecht zu werden. Wir unter­zie­hen auch unsere Gesu­che einer kriti­schen Analyse und suchen künf­tig noch stär­ker den Dialog mit Stif­tun­gen. Immer mit dem Ziel, ein valabler Part­ner zur gemein­sa­men Umset­zung ihrer Stif­tungs­zwe­cke zu bleiben.

Das SRK war wegen inter­ner Strei­tig­kei­ten in den Medien. Hindert dies aktu­ell des SRK daran, den Programm­an­satz zu forcieren?

Die interne Krise vom vergan­ge­nen Jahr hat die insti­tu­tio­nelle Ebene betrof­fen. Die opera­tive Arbeit und die Neuaus­rich­tung der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit waren davon nicht betrof­fen. Im Gegen­teil: Die Vorbe­rei­tungs­ar­bei­ten für die Neuaus­rich­tung konn­ten letz­tes Jahr plan­mäs­sig abge­schlos­sen werden. Das SRK ist mit Prof. Thomas Zelt­ner als Präsi­dent seit Juni 2023 und Nora Kronig Romero als neuer Direk­to­rin ab Mai 2024 sehr gut für den Wandel in der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit aufgestellt.


Die Studie kann ange­for­dert werden bei Doro­thea Bergler.

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