Wie kann OperaÂtion Libero unabÂhänÂgig und gleichÂzeiÂtig poliÂtisch aktiv sein?
Isa Gerber: Mit der UnabÂhänÂgigÂkeit spreÂchen wir verschieÂdene Aspekte an. Wir wollen von verschieÂdeÂnen MachtÂkonÂzenÂtraÂtioÂnen unabÂhänÂgig sein. Wir sind finanÂziÂell unabÂhänÂgig, ebenso parteiÂpoÂliÂtisch und inhaltÂlich. Aber unabÂhänÂgig heisst nicht neutral.
EngaÂgieÂren Sie sich in einem AbstimÂmungsÂkampf für ein Thema werden Sie sogleich von der jeweils andeÂren Seite attaÂckiert und der andeÂren poliÂtiÂschen Seite zugeÂrechÂnet. Wäre es nicht einfaÂcher, gleich eine Partei zu sein?
Solange man uns nicht in links und rechts einteilt, ist das okay. Wir versteÂhen uns als progresÂsive überÂparÂteiÂliÂche Kraft. Das ist unsere IdenÂtiÂtät. Diese würden wir aufgeÂben, wenn wir eine Partei wären. AusserÂdem braucht es keine zusätzÂliÂche Partei. Wir sehen unsere Stärke und Chance sowie den MehrÂwert, den wir für die DemoÂkraÂtie bieten können, gerade in der Überparteilichkeit.

Aber damit stelÂlen Sie sich auch immer wieder gegen jene, die eben noch auf derselÂben Seite waren?
Bei der KonzernÂverÂantÂworÂtungsÂinÂitiaÂtive gab es einige, die gar nicht verstanÂden haben, dass wir uns aus libeÂraÂler Sicht für das AnlieÂgen eingeÂsetzt haben. Es stimmt. An jedem AbstimÂmungsÂsonnÂtag haben wir andere, die uns unterÂstütÂzen, die uns gut oder schlecht finden. Solange dieses Ping-Pong von verschieÂdeÂnen Seiten gespielt wird, ist alles gut. Das unterÂstützt unser überÂparÂteiÂliÂches Dasein.
Macht dies das Sammeln von SpenÂden einfaÂcher – oder schwieriger?
Das ist die grosse Frage. WichÂtig ist die GlaubÂwürÂdigÂkeit in KombiÂnaÂtion mit der UnabÂhänÂgigÂkeit. Ich habe Respekt davor, dass die Menschen sagen, OperaÂtion Libero vertrat eine andere Meinung, die unterÂstütze ich nicht. Aber unsere ErfahÂrunÂgen bei den SpenÂden zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Wir haben viele themenÂbeÂzoÂgeÂnen SpenÂden. AusserÂdem haben wir VereinsÂmitÂglieÂder und Gönner:innen. Und diese sind loyal.
SpenÂden sind für Sie eine wichÂtige EinnahmeÂquelle.
Wir sind vollÂstänÂdig spenÂdenÂfiÂnanÂziert und werden das auch in Zukunft bleiÂben. Wir mussÂten aber unser FinanÂzieÂrungsÂmoÂdell anpassen.
Welche FinanÂzieÂrungsÂmögÂlichÂkeiÂten sehen Sie?
Wir haben ein Drei-Säulen-Modell erarÂbeiÂtet. Erstens wollen wir die MitgliedÂschaft bekannÂter machen. ZweiÂtens wollen wir WiederÂhoÂlungsÂspenÂden fördern. Und dritÂtens haben wir die GeneÂraÂtion Libero gegrünÂdet. Das Ziel ist, für diesen Gönner:innen-Zirkel 1000 PersoÂnen zu finden, die 1000 FranÂken pro Jahr spenÂden. Für die StrukÂturÂfiÂnanÂzieÂrung sind wir auch mit StifÂtunÂgen, die sich für die DemoÂkraÂtie einsetÂzen, wegen mögliÂcher FörderÂbeiÂträge am abkläÂren. Die KampaÂgnenÂspenÂden bleiÂben obenÂdrauf relevant.
Wir wollen mehr HinterÂgrundÂarÂbeit leisÂten und mehr gestalten.
Isa Gerber
Weshalb brauÂchen Sie eine neue Finanzierung?
Wir haben jeweils für die AbstimÂmungsÂkamÂpaÂgnen SpenÂden geneÂriert und uns hauptÂsächÂlich darüber finanÂziert. Wir wollen aber mehr HinterÂgrundÂarÂbeit leisÂten und mehr gestalÂten. Um dies zu ermögÂliÂchen, brauÂchen wir eine stabile GrundÂfiÂnanÂzieÂrung die es uns ermögÂlicht aktiv zu sein, auch wenn gerade kein AbstimÂmungsÂterÂmin bevorÂsteht. AusserÂdem wollen wir uns ja gerade nicht wie eine Partei zu jedem Thema posiÂtioÂnieÂren sondern da präsent sein, wo es die etablierte PoliÂtik zu wenig ist. Und damit den UnterÂschied machen.
Sie leben von SpenÂden, sind gleichÂzeiÂtig nicht steuÂerÂbeÂfreit. Weshalb?
Das ist ein brandÂheisÂses Thema. Wir haben es zweiÂmal versucht. Weil wir aber KampaÂgnenÂarÂbeit an vordersÂter Front, auf der Strasse leisÂten, hat das SteuÂerÂamt uns dies verweiÂgert. Eine Spende an eine Partei kann von den SteuÂern abgeÂzoÂgen werden, eine Spende an eine gemeinÂnütÂzige NPO auch. Eine poliÂtisch-aktive NPO wie die OperaÂtion Libero, die fällt im System zwischendurch.
Ist es für Sie ein NachÂteil, dass OperaÂtion Libero die SteuÂerÂbeÂfreiÂung nicht zugeÂstanÂden wird?
Für grösÂsere SpenÂden könnte es ein NachÂteil sein. GleichÂzeiÂtig hat es den Vorteil, dass wir uns nicht zurückÂhalÂten müssen. Mit der GemeinÂnütÂzigÂkeit kommt auch die Gefahr eines MaulÂkorbs. Wir wollen uns einmiÂschen. Es gehört zu unseÂrer IdenÂtiÂtät wie die Überparteilichkeit.
Aber beim Sammeln von SpenÂdenÂgelÂdern ist es ein Nachteil?
Wir haben ReakÂtioÂnen, aber erst nach dem SpenÂden, wenn eine SpenÂdeÂrin für eine SpenÂdenÂbeÂscheiÂniÂgung anfragt.
Die Sie nicht ausstelÂlen können.
Die meisÂten finden es dann okay, weil sie unser EngaÂgeÂment gut und richÂtig finden. Manche finden es gar gut, weil sie den Grund versteÂhen. Es wird sich zeigen, wie sich die fehlende GemeinÂnütÂzigÂkeit auf grösÂsere SpenÂden auswirkt. Aber die SteuÂerÂbeÂfreiÂung ist nicht nur für die SpenÂden relevant.
Sondern?
BeispielsÂweise gewähÂren SoftÂwareÂanÂbieÂter Rabatte für gemeinÂnütÂzige Non-Profit-OrgaÂniÂsaÂtioÂnen. Weil wir uns nicht als steuÂerÂbeÂfreit und damit als gemeinÂnütÂzig ausweiÂsen können, profiÂtieÂren wir auch nicht von diesen RabatÂten. Das tut weh. Wir sind eine NPO mit vielen FreiÂwilÂliÂgen. AusserÂdem kann es auch für die FördeÂrung durch StifÂtunÂgen ein HinderÂnis sein: GemeinÂnütÂzige StifÂtunÂgen fördern nur gemeinÂnütÂzige Projekte. Man muss sich fragen, ob es richÂtig ist, die GemeinÂnütÂzigÂkeit an der SteuÂerÂbeÂfreiÂung anzuhängen?
Wie sehen Sie die AufgaÂbenÂverÂteiÂlung in der SchweiÂzer Demokratie?
Als überÂparÂteiÂliÂche OrgaÂniÂsaÂtion können wir Themen und PosiÂtioÂnen frei wählen und SchwerÂpunkte setzen, wo der Schuh drückt. Parteien sind natürÂlich extrem wichÂtig. Aber die DynaÂmiÂken sind zum Teil bereits wieder von den Wahlen 2023 geprägt. Das kann verhinÂdern, dass superÂreÂleÂvante Themen gesetzt oder angeÂganÂgen werden. Das ist unser Anspruch. Wir wollen Themen anspreÂchen, die von den etablierÂten Parteien vernachÂläsÂsigt werden, wie bspw. die EuroÂpaÂpoÂliÂtik. Da bewegt sich nichts. U.a. wegen der ParteiÂpoÂliÂtik ist sie festÂgeÂfahÂren. Zum Teil werden wir auch gefragt, weshalb engaÂgiert ihr euch nicht für das Klima? Aber in diesem Thema engaÂgieÂren sich bereits viele wichÂtige OrgaÂniÂsaÂtioÂnen. Das muss OperaÂtion Libero nicht machen, wir konzenÂtrieÂren uns auf den Erhalt und die WeiterÂentÂwickÂlung der libeÂraÂlen Demokratie.

Das können NPOs.
NPOs sind wahnÂsinÂnig wichÂtig. Sie sind auf ihren Themen ExperÂtinÂnen. OrgaÂniÂsaÂtioÂnen wie Pro Natura oder Amnesty InterÂnaÂtioÂnal bündeln Wissen. Sie sind wichÂtige Meinungsträger:innen. Sie sind für die Menschen der Place to go, wenn sie sich inforÂmieÂren wollen. Es ist richÂtig und für die MeinungsÂbilÂdung unerÂlässÂlich, dass die InforÂmaÂtioÂnen von verschieÂdeÂnen Seiten und nicht nur von den Parteien kommen.
Aber Sie haben es gesagt, die GemeinÂnütÂzigÂkeit kann auch eine gewisse ZurückÂhalÂtung verlangen?
In der heutiÂgen Zeit kann es sich keine OrgaÂniÂsaÂtion leisÂten, nichts zu sagen und sich poliÂtisch zurückÂzuÂhalÂten. So ist übriÂgens auch OperaÂtion Libero entstanÂden. Wir wollÂten nicht neutral sein und zuschauen, wir wollÂten etwas gegen die damals gefühlt überÂmächÂtige SVP tun. Wir wollÂten auf der Strasse sein, laut sein. Es ist eine völlig veralÂtete Ansicht, dass poliÂtiÂsche Arbeit in Form von KampaÂgnen nur den Parteien vorbeÂhalÂten sein soll.