Das Bundesamt für Kultur (BAK) hat Nikola Doll zur Verantwortlichen des Bereichs Raubkunst und Provenienzforschung ernannt. Sie tritt die neue Stelle am 1. April 2024 an. Zu ihren Aufgaben gehört das Sekretariat der unabhängigen Expertenkommission für historisch belastetes Kulturerbe. Die Schaffung dieser Kommission hatte der Bundesrat Ende November 2023 beschlossen. Mit dem neu geschaffenen Bereich erweitert das BAK die bisherige Anlaufstelle Raubkunst, die unterdessen auch Projekte unterstützt, die Kulturgüter aus kolonialen oder archäologischen Kontexten betreffen. Dieser Schritt zeugt von der Wichtigkeit der Thematik, auch für die Schweiz. Und mit der Besetzung durch Nikola Doll holt sich der Bund eine erfahrene Expertin ins Boot. Die kontrovers geführte Diskussion um die Sammlung Bührle zeigt beispielhaft auf, was für Folgen ein unsorgfältiger Umgang mit dem Thema Provenienz haben kann.
Ausgewiesene Expertin für Raubkunst
Nikola Doll erlangte ihre Promotion in Kunstgeschichte mit einer Arbeit über Mäzenatentum und Kunstförderung im Nationalsozialismus. Seit 2017 leitet sie die Abteilung Provenienzforschung am Kunstmuseum Bern, ist Lehrbeauftragte an den Universitäten in Bern und Genf und publizierte zur Kunst‑, Kultur und Wissenschaftspolitik während des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. Mit der Annahme der Erbschaft von Cornelius Gurlitt mit rund 1600 Werken im November 2014 durch das Kunstmuseum Bern, fand das Thema der Provenienzforschung in der Schweiz eine breite öffentliche Resonanz. Das Kunstmuseum Bern gilt in Sachen Provenienzforschung und Aufarbeitung von Raubkunst als Musterbeispiel. Nikola Doll selbst setzte durch ihre Arbeit am Legat Cornelius Gurlitt die entscheidenden Akzente. Sie etablierte auch allgemeine Standards zur Qualitätssicherung und Dokumentation der Provenienz von Kunstwerken.
Schaffung Kompetenzzentrum für historisch belastetes Kulturerbe
Der neu geschaffene Bereich Raubkunst und Provenienzforschung übernimmt die Aufgaben der bisherigen Anlaufstelle Raubkunst des BAK und erweitert diese in Richtung eines umfassenderen Kompetenzzentrums für historisch belastetes Kulturerbe. Die Anforderungen an die Recherche und den Umgang mit den Erkenntnissen der Provenienzforschung haben mit den 1998 verabschiedeten Richtlinien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfisziert wurden, eine allgemeine Grundlage erhalten. Auch an den zwei Folgekonferenzen (Vilnius 2000 und Prag-Terezin 2009) hat die Schweiz teilgenommen und die entsprechenden Erklärungen zusammen mit 43 weiteren Staaten mitverabschiedet. Damit hat die Schweiz erklärt, dass sie der Aufarbeitung der NS-Raubkunstproblematik und der Erreichung von gerechten und fairen Lösungen im Raubkunstbereich grosse Bedeutung zumisst.
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