Auf der Suche nach innovativen gemeinnützigen Ideen in der Landwirtschaft sind wir auf ein extensives Kaffeeanbau-Projekt in den Höhen Nepals gestossen. The Philanthropist konnte mit der Initiantin und Präsidentin von Sambhav Nepal, Melanie Kreuzer, ein Interview führen.
Ist Nepal ein traditionelles Kaffee-Anbauland?
Noch nicht. Die erste Kaffeepflanze wurde eher unbemerkt gepflanzt. Mitte der 80er-Jahre konnten Bauern erstmals ihre Kaffeekirschen verkaufen. Seither steigt das Anbauvolumen, wenn auch zaghaft. Seit 2002 sind die Exporte und Inlandsverkäufe angestiegen, was die Bauern motivierte und ihnen Vertrauen gab, Kaffee als Income Generating Kulturpflanze anzubauen. Im Handel sind die Bauern aber nach wie vor am kürzeren Ende und werden oft mit enorm tiefen Preisen entlöhnt. Und genau da setzen wir an. Direkt, ohne Zwischenhandel, fair und mit Preisen, die es den Bauern erlauben, durch ihre Arbeit auch Geld zu verdienen.
Wie anspruchsvoll ist es, Kaffee im Himalaya zu kultivieren?
Die Bedingungen für den natürlichen Kaffeeanbau, eingebettet in der ursprünglichen Natur des Vorgebirges des Himalayas, sind ideal. Die Bauern sind seit Generationen Selbstversorger. Das ist optimal. Die Kleinbauern haben eine immense Erfahrung in der organischen Kultivierung von Pflanzen, Getreiden, Gemüsen etc. Und genau dieses Wissen nutzen wir für unseren organisch kultivierten Kaffee.
Wie trinkt man in Nepal den Kaffee?
In den ländlichen Regionen wird Kaffee selten bis gar nicht getrunken. Wenn, dann oft in einer Bratpfanne geröstet und als Filterkaffee zubereitet. Also mit sehr einfachen Mitteln. Auf dem Land wird hauptsächlich Tee getrunken. In den Städten hingegen ist ein grosser Kaffee-Boom im Gange. Die lokale Kaffeekultur wächst und es gibt immer mehr Coffee-Shops, mit grossen Siebträger-Maschinen, ausgebildeten Baristas und hervorragendem Kaffee. Als ich 2007 zum ersten Mal in Nepal war, gab es keine Cappuccinos & Co zu konsumieren – heute hat man eine grosse Auswahl an professionellen Kaffeeshops.
Weshalb haben Sie sich entschieden, ein Kaffee-Anbauprojekt zu starten?
Der Ursprung lag bei unserem 108-Häuser-Projekt. Obwohl wir Haus um Haus bauen (aktuell 74 Häuser), sind immer noch unzählige Häuser vom Erdbeben beschädigt und die Familien leben nach wie vor in Wellblech-Unterkünften. Ich versetzte mich in deren Lage und stellte mir vor, dass ich unbedingt selbst etwas tun würde wollen, anstatt abzuwarten bis vielleicht eine Stiftung mir irgendwann hilft, das Haus wieder aufzubauen. Es kommt hinzu, dass ich es wichtig finde, die vorhandenen Expertisen der Bevölkerung zu nutzen. Es galt zu eruieren, welche Qualitäten sie gewinnbringend einsetzen können.
Selbst bin ich eine Kaffeetante. Da lag es auf der Hand, in diese Richtung zu denken. Die Bäuerinnen und Bauern beherrschen ihr Handwerk und kennen das tropische Land. Sie haben die Möglichkeit in die Höhe zu gehen mit den Bäumen. Ein Baum gibt ca. 5 Kilogramm Kirschen her. Nach Gesprächen mit den Bauern, zu denen wir eine enge Verbindung haben, wurde rasch klar: Wir starten das Kaffeegarten Projekt. So ist bei Sambhav der Pfeiler «Berufschancen» entstanden. Mit dem Kaffeeanbau können die Bauernfamilien ein Einkommen generieren und damit ihre Häuser selbständig wieder aufbauen und ihre Kinder zur Schule schicken.
Seit wann gibt es das Sambhav Kaffeegärten-Projekt?
Seit 2018.
Wie sieht die Handelskette aus und wie viel Geld bleibt bei den Bauern?
Vom Anbau bis zu den Greenbeans ist die Wertschöpfung vollumfänglich bei den Bauernfamilien. Den Transport organisiere ich für Sambhav Nepal (Schweiz) selbst. Nach Transport, Marketing, Rösten und Vertrieb, geht alles in die Projekte. Der Preis, den die Bauern in Nepal von uns erhalten, ist um über 3x höher als die Preise, die sie sonst auf dem Weltmarkt erhalten würden.
Wie kommt der Kaffee in die Schweiz?
Mit einem Schiffs-Container, via Kalkutta.
Wie entwickeln sich die Absätze?
Wir haben den Absatz in den vergangenen fünf Jahren jährlich verdoppelt und sind dieses Jahr bei sechs Tonnen Kaffee-Grünbohnen angelangt, die wir den Bauern direkt abkaufen. Wir haben kein Fairtrade Label, weil wir diese Hosten ins Projekt investieren. Seit Beginn unterstützen wir die Bauern finanziell bei allen Ausgaben: Kaffee-Setzlinge, organischen Dünger (Geissen-Mist), Wasserschläuche, beim Bau von Wasser-Reservepools, Geräten und Material.
Gibt es viele solche Projekte und welche Rolle spielt der Himalaya-Kaffee auf dem Weltmarkt?
Der Himalaya-Kaffee spielt mengenmässig keine grosse Rolle. Brasilien ist Nr. 1 mit über 2 Millionen Tonnen jährlich, Vietnam Nr. 2 mit 1,4 Millionen Tonnen gefolgt von Kolumbien mit 0,75 Millionen Tonnen. Nepal kultiviert 400 Tonnen pro Jahr – somit ist diese Nepal-Arabica-Kaffeebohne eine Rarität – in Nepal wächst ausschliesslich Arabica Kaffee. Die Qualität ist herausragend. Unser Kaffee hat 86 Punkte, was ihn zu einem Spezialitäten-Kaffee macht und deshalb nicht an der Börse gehandelt wird. Denn für den Spezialitäten-Kaffee (ab 80 Punkten) gibt es den Spezialitäten-Markt. Der Kaffee aus Nepal wird nie eine Rolle im Massenkaffee aus Plantagen spielen, aber er erfreut sich einer grossen Beliebtheit bei Liebhaber:innen im Spezialitäten-Markt. Es gibt in Nepal diverse Engagements, mit dem Ziel, dass die Bauern einen fairen Lohn bekommen; und die Kaffeeliebhaber einen vorzüglichen und natürlichen Kaffee.
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