«Seit dem 1. Januar 2024 können gemeinnützige Stiftungen im Kanton Zürich auch unternehmerische Fördermodelle einsetzen. Dank dieser neuen Steuerpraxis wird der Stiftungsstandort Kanton Zürich einer der innovativsten und stiftungsfreundlichsten der Schweiz», sagt Matthias Inauen, Leiter Firmenansiedlung des Kantons Zürich. Im Januar 2023 kündigte der Kanton Zürich verschiedene Massnahmen an, um den Stiftungsstandort Zürich attraktiver zu gestalten. Eine Massnahme ist die Förderung der Vernetzung und des Dialogs des dritten Sektors mit Regierung und Verwaltung. Initianten der Dialogreihe sind SwissFoundations, der Verband der Schweizer Förderstiftungen und das Amt für Wirtschaft des Kantons Zürich. Ein erstes Stiftungsgespräch fand am 2. Oktober 2023, in der kleinen Aula der Universität Zürich statt zum Thema: Die Rolle gemeinnütziger Stiftungen für den Forschungs- und Innovationsstandort Zürich. «Der begonnene Austausch ist eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung der Stiftungslandschaft im Kanton Zürich», betont Markus Reinhard, CEO der NOMIS Foundation. «Eine regelmässige Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren ist sehr sinnvoll. Wir sind Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh dankbar für ihre moderierende Rolle und integrative Haltung.» Dass das erste Stiftungsgespräch im wissenschaftlichen Umfeld stattfand, ist kein Zufall. Denn Forschung und Innovation sind für die erfolgreiche Standortentwicklung wichtig.
Der begonnene Austausch ist eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung der Stiftungslandschaft im Kanton Zürich.
Markus Reinhard, CEO NOMIS Foundation
Kanton Zürich: Stiftungen und Wissenschaft
Der Wissenschaftsstandort Zürich ist zweifelsohne von grosser Bedeutung. «Zürich ist mit zwei weltweit führenden Universitäten ein Ort der Wissenschaft und Innovation», sagt Markus Reinhard, «dies wurde auch kürzlich wieder im Jahresbericht der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) bestätigt, in dem Zürich unter die 50 leistungsstärksten Cluster weltweit kommt.» Zwar sind die Stiftungen im Gegensatz zu den öffentlichen Geldern des Kantons Nischenplayer. Sie würden aber oft genau dort investieren, wo öffentliche oder anderweitige Drittmittel fehlen, gibt Matthias Inauen zu bedenken. Das könne im Hochrisikobereich, im Aufbereiten neuer Themen oder beispielsweise in der Zusatzfinanzierung im Exzellenzbereich sein. «Stiftungen können eine entscheidende Rolle dabei spielen, Themen zu identifizieren, die ausserhalb des Mainstreams liegen oder für die es keine geeignete öffentliche Förderform gibt», sagt Simon Sommer, Co-CEO der Jacobs Foundation. Und er fügt ein Beispiel an: Gemeinsam haben die Jacobs Foundation und die Universität Zürich (UZH) vor 20 Jahren im Bereich der Kinder- und Jugendforschung das «Jacobs Center for Productive Youth Development» ins Leben gerufen. Das Kompetenzzentrum wird bis heute gemeinsam durch die Stiftung und die UZH finanziert. Was solche Dialoge bewirken können, zeigt auch das 2023, mit der durch die Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH), der EPFL und fünf weiteren Hochschulen lancierte nationale Forschungskonsortium im Bereich Digitale Bildung und Chancengerechtigkeit: Jacobs Foundation fördert mit 16 Millionen Franken über sieben Jahre. Die beteiligten Hochschulen bringen den gleichen Betrag ein. Simon Sommer betont: «Dieses Beispiel zeigt, dass wirksame Förderung über reine Projektzustupfe hinausgehen.»
Wirkungsfeld Forschung und Wirtschaft
Matthias Inauen beobachtet ein wachsendes Förderfeld an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft. Gemeinnützige Stiftungen unterstützen Spin-offs und dadurch profitiere der Wirtschafts- und Innovationsbereich des Kantons Zürich ganz direkt, sagt er. Auch Simon Sommer erwähnt: «Denken Sie an Venture Kick, das 2007 gemeinsam von der Gebert Rüf- und der Ernst Göhner-Stiftung ins Leben gerufen wurde mit der Vision, die Anzahl an Spin-offs von Schweizer Universitäten zu verdoppeln, die Markteinführung zu beschleunigen und die Attraktivität solcher jungen Firmen für professionelle Investor:innen und Industriepartner zu steigern.
Willkommene Initiative
Markus Reinhard ist froh, dass der Kanton den Austausch zwischen Politik, Stiftungen und anderen Sektoren ermöglicht: «Wir begrüssen die Initiative des Kantons Zürich ausdrücklich, zumal Stiftungen nicht immer sehr sichtbar, aber durchaus in vielen Bereichen tätig sind und wesentliche Beiträge leisten: Besonders in den Bereichen Soziales, Kunst & Kultur, aber auch Wissenschaft & Forschung ist das Engagement von Stiftungen gross und ihre Rolle bedeutsam.» Simon Sommer ist überzeugt, «wir sollten mehr miteinander und weniger übereinander reden.» Genau darauf zielen die Stiftungsgespräche ab. Die Offenheit, mit der die Vertreter:innen des Kantons, der Universität Zürich und der Stiftungen in diesem ersten Stiftungsgespräch aufeinander zugegangen sind, macht ihn sehr optimistisch, sagt er erfreut. Eine Brücke scheint geschlagen, so betont der Co-CEO der Jacobs Foundation: «Wir können nun direkt aufeinander zugehen, uns über Prioritäten austauschen und die Perspektiven der Zusammenarbeit erörtern. All das stärkt nicht nur den Standort Zürich – es macht auch die Arbeit von uns Stiftungen effizienter und wirkungsvoller.»
Wir können nun direkt aufeinander zugehen, uns über Prioritäten austauschen und die Perspektiven der Zusammenarbeit erörtern.
Simon Sommer, Co-CEO der Jacobs Foundation
Konkurrenz der Stiftungsstandorte
In den vergangenen Jahren hatte der Stiftungsstandort Kanton Zürich an Wichtigkeit eingebüsst. Es kam in einigen aufeinanderfolgenden Jahren zu mehr Liquidationen als Neugründungen. In absoluten Zahlen gesehen, ist der Stiftungsstandort Zürich, mit über 2200 gemeinnützigen Stiftungen, einer der bedeutendsten der Schweiz. «Das Problem war die restriktive Praxis der Zürcher Steuerbehörden», schreibt Thomas Sprecher, Rechtsanwalt und Mitglied der Arbeitsgruppe zur Förderung des Stiftungsstandorts Zürich, in einem NZZ- Gastbeitrag. Am 8. Februar 2024 hat der Kanton Zürich nun eine Praxisänderung bekanntgegeben. «Hier war die Politik – der Regierungsrat – schneller als wir Stiftungen, ohne Frage. Und das ist wirklich eine sehr gute Nachricht für uns alle», freut sich Simon Sommer.
Dank dieser neuen Steuerpraxis wird der Stiftungsstandort Kanton Zürich einer der innovativsten und stiftungsfreundlichsten der Schweiz
Matthias Inauen, Leiter Firmenansiedlung des Kantons Zürich
Im Herbst geht es weiter
«Gemeinsam mit SwissFoundations, unserem Veranstaltungspartner, sind wir gerade daran, Thema und Programm zu diskutieren», informiert Matthias Inauen. Das Datum steht fest: Das nächste und zweite Stiftungsgespräch findet am Internationalen Tag der Stiftungen am 1. Oktober 2024 statt. Thematisch gehen die ersten Diskussionen in Richtung Nachhaltigkeit und Philanthropie, verrät der Leiter der kantonalen Firmenansiedlungen. Denn dieses Thema sei sowohl für den Kanton Zürich, als auch für die Stiftungen von grosser strategischer Relevanz.