Mit Ihrer Motion (21.3891) wollen Sie erreichen, dass der Bundesrat die gesetzlichen Rahmenbedingungen anpasst, um soziales Unternehmertum zu fördern. Der Nationalrat hat die Motion angenommen. Wie beurteilen Sie die Chancen im Ständerat?
Ich glaube daran, dass auch der Ständerat argumentativ von der Motion überzeugt werden kann. Die Motion ist ein wichtiger Bestandteil der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, die Unternehmen fördert, die nicht nur auf Profitmaximierung aus sind. Wir brauchen mehr von solchen Unternehmen in der Schweiz, falls wir es mit der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit ernst meinen.
Weshalb engagieren Sie sich für dieses Thema?
Für mich ist es wichtig, dass wir in einem Land miteinander leben, wo Wörter wie «nachhaltig», «sozial» oder «wirtschaftlich» nicht nur Begriffe für den Wahlkampf sind. Wir müssen verstärkt über diese Begriffe als Teile einer Gesamtstrategie denken. Zum einen müssen wir unsere Gesellschaft und Wirtschaft so organisieren, dass sie sozial gerecht und ökologisch nachhaltig sind. Zum anderen brauchen wir weiterhin eine leistungsstarke Wirtschaft, die uns hilft, solche Ziele zu erreichen. Ich sehe daher die unternehmerische Kreativität nicht als Nachteil, sondern als erheblichen Vorteil. Ein soziales Unternehmen bildet so für mich einen wichtigen Bestandteil einer echten sozialverträglichen Marktwirtschaft, die dafür sorgt, dass es den Menschen, den Unternehmen und auch der Umwelt gut geht.
Ein soziales Unternehmen bildet so für mich einen wichtigen Bestandteil einer echten sozialverträglichen Marktwirtschaft.
Nationalrat Nik Gugger
Weshalb muss das soziale Unternehmertum gefördert werden? Wo sehen Sie Nachholbedarf?
Wir brauchen zunächst einen klaren Überblick darüber, wie weit wir im Rückstau bei diesem Thema liegen. Daher verfolgt die Motion auch die Einführung zu statistischen Erhebungen über soziale Unternehmen. Darüber hinaus sehen wir bis anhin kaum Anreize der öffentlichen Hand, diese Unternehmen zu unterstützen. Die in der Motion vorgeschlagene Unterstützung umfasst dabei nicht nur der erleichterte Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, sondern auch ganz praktisch Beratungsstellen für Unternehmen, die sich in diesem Bereich verstärkt engagieren möchten.
Liegt es nicht gerade in der unternehmerischen Freiheit zu bestimmen, welche Ziele das Unternehmen verfolgen soll?
Die unternehmerische Freiheit wird bei einer Annahme dieser Motion nicht eingeschränkt und es gibt auch keine neuen Verbote für private Unternehmen. Vielmehr werden Anreize geschaffen, dass Unternehmen sich stärker für ökologische, soziale und kulturelle Zwecke engagieren. Zu einer gesunden sozialen Marktwirtschaft gehört es, dass der Staat die richtigen Rahmenbedingungen setzt, in welchem sich dann die Privatwirtschaft bewegen kann. Diese Motion verfolgt genau dieses Prinzip.
Damit soziales Unternehmertum gefördert werden kann, muss es definiert werden. Wie sollen diese Unternehmen bestimmt werden?
Die allgemeine Definition ist, dass soziale Unternehmen solche Unternehmen sind, die neben ihrem Gewinn auch an das ökologische, gesellschaftliche und kulturelle Wohl der Menschen denken. Falls diese Kriterien in einer unternehmerischen Tätigkeit gegeben sind, dann handelt es sich um ein soziales Unternehmen, welches durch die vorliegende Motion gefördert werden kann.
Wer würde die Kosten für eine Zertifizierung übernehmen?
Bei diesem Punkt gibt es verschiedene effiziente Möglichkeiten, auf die die Motion nicht im Detail eingehen kann. Allerdings sehe ich die nachhaltigste Lösung für eine Zertifizierung bei einer Kostenbeteiligung aller Parteien. Es ist aber wichtig zu betonen, dass diese Motion die Förderung von sozialen Unternehmen verfolgt und nicht die Erstickung dieser mit zusätzlichen Kosten. Daher plädiere ich für eine angemessene Beteiligung des Bundes und der Kantone an den Kosten.
Sehen Sie kein Risiko, dass der Aufwand für kleinere Unternehmen kaum zu stemmen ist?
Nein, die Motion bezweckt vielmehr die Möglichkeiten zur Förderung von insbesondere kleinen Unternehmen. Für Unternehmen, die ihr Wirken an den oben genannten Prinzipen ausrichten wollen, gibt es sicherlich einen Aufwand, aber dieser wird gleichwohl durch die Vorteile übertroffen. Darüber hinaus ist nicht zu vergessen, dass der unternehmerische Geist sehr adaptiv ist und es oftmals vermag, kreative und optimale Lösungen für das eigene Unternehmen zu finden.
Bei gemeinnützigen Organisationen fehlt es oftmals an einem stark ausgeprägten unternehmerischen Geist. Bei Privatunternehmen hingegen fehlt es oft an einer sozialen Orientierung.
Nik Gugger
Lassen sich diese Anliegen nicht über bisherige Rechtsformen, bspw. durch die Wahl der Rechtsform einer gemeinnützigen Stiftung abdecken?
Aufgrund des Rückstaus im europäischen Vergleich können wir klar erkennen, dass die aktuellen Rahmenbedingungen nicht ausreichen. Bei gemeinnützigen Organisationen fehlt es oftmals an einem stark ausgeprägten unternehmerischen Geist. Bei Privatunternehmen hingegen fehlt es oft an einer sozialen Orientierung. Für eine nachhaltige Zukunft in der Schweiz braucht es einen Mittelweg zwischen Kapitalismus und Gemeinnützigkeit, der die Vorteile von beiden Systemen vereint. Ein soziales Unternehmen befindet sich genau an dieser Schnittstelle.
Bei der Förderung von sozialem Unternehmertum: Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich?
In der Schweiz sind wir in einem klaren Hintertreffen bei diesem Thema. Schaut man insbesondere in das europäische Ausland, stellt man fest, dass die Schweiz sich in diesem Bereich in den letzten Jahren viel zu wenig bewegt hat. Diese Motion bietet eine Chance, diesen Rückstau aufzuholen und soziale Unternehmen nachhaltig zu fördern.