Welchen Einfluss hat der Freundeskreis auf das gemeinnützige Engagement?
Wer mehr Freundinnen und Freunde hat, engagiert sich nicht nur mehr, sondern berichtet auch über einen grösseren Einfluss der Freunde auf das eigene Engagement.
Während der Einfluss von Freund:innen auf das Spenden für wohltätige Zwecke gering ist (19 Prozent), ist er beim ehrenamtlichen oder sozialen Engagement mehr als doppelt so hoch (46 Prozent). Gibt es Anhaltspunkte, wie sich diese Differenz erklären lässt?
Ein Grund kann sein, dass soziales und ehrenamtliches Engagement eher sichtbar ist und deshalb andere eher dazu anregt, es einem gleichzutun.
Sie erkennen eine gesellschaftliche Bedeutung der Freundschaft, weil sie die Menschen dazu bewegt, sich sozial zu engagieren. Ist der Freundeskreis der wichtigste Hebel, um das soziale Engagement zu beeinflussen?
Es braucht diverse Hebel, die gegeben sein müssen. So braucht man etwa Zeit dafür oder muss sich für das Thema begeistern können. Aber das Umfeld, ob Freunde oder Familie, sind sicher auch wichtige Hebel.
Das Umfeld, ob Freunde oder Familie, sind sicher auch wichtige Hebel.
Jakub Samochowiec, Sozialpsychologe am GDI und Mitautor
Der Anteil jener, die sich wegen Feund:innen sozial engagieren und jener, die sich mit Freund:innen ehrenamtlich/sozial/politisch engagieren ist praktisch identisch. Bedeutet dies, dass wer sich von einem Freund oder einer Freundin zu diesem Engagement bewegen lässt, dies auch gleich mit ihr oder ihm macht?
Das können wir anhand der Umfrage nicht mit Sicherheit sagen. Es ist aber auf jeden Fall plausibel, dass der Einfluss dadurch stattfindet, dass man Freunde mal mitnimmt.
Im Vergleich zu anderen Tätigkeiten ist sich «ehrenamtlich/sozial/politisch zu engagieren» mit 45 Prozent jene Tätigkeit in Ihrer Umfrage, welche Menschen in der Schweiz am wenigsten mit ihren Freund:innen machen. Haben Sie eine Erklärung für diesen im Verhältnis tiefen Wert?
Leider nein.
Während bei Teenagern noch fast die Hälfte in der vergangenen Woche Hilfe von Freunden erhalten haben, sinkt dieser Wert mit zunehmendem Alter. Weshalb brauchen ältere weniger Hilfe aus dem Freundeskreis?
Das lässt sich anhand der Umfrage nicht mit Sicherheit beantworten. Es mag aber sein, dass jüngere Menschen eher vor der Herausforderung stehen, einen Platz in der Welt zu finden, ihre Identität zu erschaffen und das mit Hilfe von Freundinnen und Freunden stattfindet. Andererseits haben jüngere Menschen tendenziell weniger Geld, weshalb sie sich beispielsweise eher beim Umzug helfen, während ältere einen Umzugsservice buchen.
Bei Unterstützungsangeboten für ältere Menschen ist die Einsamkeit ein grosses Thema. Ihre Studie zeigt, dass bei Pensionär:innen das Einsamkeitsgefühl unterdurchschnittlich ist. Wird die Einsamkeit älterer Menschen überschätzt?
Vielleicht wird Einsamkeit bei jüngeren Menschen eher unterschätzt.
Neue Freundschaftsinitiative
Das Migros-Kulturprozent hat die erste grosse Studie zur Freundschaft in der Schweiz in Auftrag gegeben. Aufgrund der Studienergebnisse lanciert Migros-Engagement die #freundschaftsinitiative, bestehend aus verschiedenen Teilprojekte. Gestartet wird mit der Verlosung von 1000 Migros-Gutscheinen à 250 Franken für gemeinsame Freundschaftserlebnisse. Im Herbst 2023 folgt ein Ideenwettbewerb für grössere Freundschaftsprojekte.