Forschung, die bewegt

An der Fern­fach­hoch­schule Schweiz (FFHS) wird geforscht – auch stif­tungs­fi­nan­ziert – und gelehrt. Eine aktu­elle Studie über Einrich­tun­gen für erwach­sene Menschen mit Behin­de­rung zeigt exem­pla­risch, wie anwen­dungs­ori­en­tierte Grund­la­gen­for­schung an der FFHS funktioniert. 

«Die Idee, dass Grund­la­gen­for­schung im Sozi­al­be­reich vermarkt­bar ist, stösst immer wieder klar an Gren­zen», gibt Daniel Zöbeli, Leiter devs Insti­tuts für Manage­ment und Inno­va­tion, zu beden­ken. Es mache nicht bei jeder Forschung Sinn, auf einen Busi­ness Case hinzu­ar­bei­ten, wie es etwa von der staat­li­chen Förder­agen­tur Inno­su­isse verlangt werde. 

«Die FFHS forscht genau deshalb auch stif­tungs­fi­nan­ziert», wirft Daniela Mühlen­berg-Schmitz, Forschungs­feld­lei­te­rin und Dozen­tin an der FFHS, ein. Sie leitet aktu­ell eine Studie, bei der es um die Erfas­sung und Finan­zie­rung von Betreu­ungs­leis­tun­gen in Einrich­tun­gen für erwach­sene Menschen mit einer Behin­de­rung in der Schweiz (Erfi­bel) geht. 

Die Hoch­schule für soziale Arbeit in Olten und das Dipar­ti­mento econo­mia aziend­ale, sanità e sociale (DEASS) aus dem Tessin decken den sozi­al­päd­ago­gi­schen Aspekt, die FFHS den betriebs­wirt­schaft­li­chen ab. Hinter­grund der Studie ist der Wech­sel der Finanz­ho­heit über die Behin­der­ten­ein­rich­tun­gen vom Bund zu den Kanto­nen. Es geht
u. a. darum, Fehl­an­reize der gängi­gen Finan­zie­rungs­mo­delle aufzu­zei­gen und Lösun­gen vorzu­schla­gen, wie die Betreu­ungs­qua­li­tät trotz knap­per werden­den Staats­fi­nan­zen nach wie vor sicher­ge­stellt werden kann.

Wenn an der Finan­zie­rungs­schraube gedreht wird

Das Projekt Erfi­bel hat einen sozia­len Hinter­grund. «Es geht nicht um einen knall­har­ten Busi­ness Case», betont Daniela Mühlen­berg-Schmitz, es gehe viel­mehr darum, zu erfah­ren, was es letzt­lich für Menschen mit einer Beein­träch­ti­gung bedeu­tet, wenn an der Finan­zie­rungs­schraube gedreht werde. «Es zeich­net sich ein Klärungs­be­darf zwischen den Kanto­nen und Insti­tu­tio­nen ab», betont die Forsche­rin. «Die Kantone wech­seln von einer Defi­zit­ga­ran­tie zu Pauschal­bud­gets. Sie setzen für die Finan­zie­rung auf den soge­nann­ten Indi­vi­du­el­len Betreu­ungs­be­darf (IBB), bei welchem ein Leis­tungs­ras­ter zum Einsatz kommt», erklärt sie. Die Analyse zeige nun, die Kantone schät­zen die Entschei­dungs­au­to­no­mie der Insti­tu­tio­nen deut­lich höher ein als diese selber. Sie seien ausser­dem recht zufrie­den mit der Umset­zung und der Einfüh­rung des IBB. Einzelne Insti­tu­tio­nen erach­ten dage­gen das Raster als wenig pass­ge­nau. Sie sehen grund­le­gende Rechte der Behin­der­ten verletzt; bspw. die freie Wahl der Insti­tu­tion, etwa wenn betreu­ungs­in­ten­sive Klien­ten mangels ausrei­chen­der Finan­zie­rung keinen geeig­ne­ten Heim­platz mehr erhal­ten. Die Studie scheint auf gros­ses Inter­esse zu stos­sen. «Es haben sich alle Kantone und 40 Prozent der Insti­tu­tio­nen betei­ligt», freut sich Daniela Mühlen­berg-Schmitz, und ergänzt, «es geht um viel Geld, drei bis vier Prozent der Kantons­bud­gets, und es gibt rund 600 dieser Insti­tu­tio­nen. Das ist auch für die Öffent­lich­keit interessant.»

Nicht über, sondern mit den Menschen

«Heute wird viel über Menschen mit Beein­träch­ti­gung geforscht und nicht mit ihnen», gibt Daniela Mühlen­berg-Schmitz zu beden­ken, «das wollen wir anders machen.» Beant­wor­tet werden sollen die detail­lier­ten Anschluss­fra­gen des zwei­ten Teils der Studie von Perso­nen mit Beein­träch­ti­gung. «Die Insti­tu­tio­nen berich­ten uns über einen gewis­sen Leis­tungs­ab­bau», erklärt die Forsche­rin, «nun wollen wir verste­hen und veri­fi­zie­ren, wo und wie die Behin­der­ten den Leis­tungs­ab­bau wahr­neh­men.» Auch die zweite Phase der Studie ist stif­tungs­fi­nan­ziert. «Dieses Projekt hat uns gezeigt, wie wich­tig Fund­rai­sing-Know-how ist, dass man weiss, wie man ein Gesuch schreibt», wirft Daniel Zöbeli ein. «Stif­tungs­fi­nan­zie­rung ist zeit­auf­wän­dig und anspruchs­voll. Wir haben für die zweite Phase noch nicht den gesam­ten Betrag beisam­men.» Das Lear­ning sei, man müsse mit den unter­schied­li­chen Stif­tun­gen ein Vertrau­ens­ver­hält­nis aufbauen und ihnen aufzei­gen, welchen gesell­schaft­li­chen Nutzen solche Forschungs­pro­jekte haben. Oft brau­che es jeman­den, der einem die Türe öffne. Nach Abschluss der zwei­ten Phase sollen für die Behin­der­ten­ein­rich­tun­gen nach­hal­ti­gere Modelle erar­bei­tet werden. «Wir möch­ten gerne von der Analyse zur Empfeh­lung kommen und gewisse Proto­ty­pen erar­bei­ten», betont Daniela Mühlen­berg-Schmitz, «dazu müssen wir erneut auf Geld­su­che gehen.» Ziel ist es, den Insti­tu­tio­nen Werk­zeuge zur Verfü­gung zu stel­len, dass diese sowohl den finan­zi­el­len Rahmen­be­din­gun­gen als auch gleich­zei­tig den eige­nen Betreu­ungs­kon­zep­ten gerecht werden. «Das ist kein Wider­spruch – wir sehen hier bereits einzelne gute Beispiele in der Praxis.»

Distance Lear­ning 

«80 Prozent des Lernens findet an der FFHS über Inter­net mittels Blen­ded Lear­ning statt – und das schon seit 20 Jahren», erklärt Daniel Zöbeli. Aktu­ell studie­ren an allen Stand­or­ten rund 2500 Perso­nen. Die FFHS beschäf­tigt 140 Ange­stellte und 400 Dozie­rende. Sie wurde 1998 gegrün­det, um jenen Leuten, damals u. a. mit dem Gedan­ken, die in etwas abge­le­gen Tälern wohnen, eine Aus- und Weiter­bil­dung zu ermög­li­chen. Getra­gen wird die FFHS heute von der gemein­nüt­zi­gen Stif­tung Fern­fach­hoch­schule Schweiz. Ein Forschungs­schwer­punkt befasst sich mit Nonpro­fit-Orga­ni­sa­tio­nen, wobei Finanzierungs‑, Gover­nance- und Trans­pa­renz­fra­gen im Zentrum stehen. Etli­che Studien, etwa über Stif­tungs­rats­ho­no­rare oder externe NPO-Mandate wurden gemein­sam mit dem Center for Phil­an­thropy Studies (ceps – Basel) veröffentlicht.

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