Was war eure Motivation, ein Buch über Zusammenarbeit zu schreiben? Gab es einen spezifischen Auslöser, der euch dazu inspiriert hat?
Wir haben uns, so wie wir das alle 6 Monate tun, darüber unterhalten, ob unsere Strategien und Ziele als Autorenduo noch im Lot sind. Dabei fiel uns auf, dass wir beide Spass als wichtigsten Teil unserer Zusammenarbeit betrachten. Und das offenbar schon seit vielen Jahren. Dann haben wir uns gefragt, welche weiteren Faktoren sich bei unserer gemeinsamen Arbeitsgeschichte durchziehen — und welche nicht. So kamen wir auf die Idee, ein Buch über Teamwork zu machen, um mehr darüber zu lernen.
Zusammenarbeit kann scheitern. Welche Hindernisse stehen einer guten Zusammenarbeit im Weg?
In der Regel Menschen. Besonders störend fürs Teamwork: pessimistische Menschen, faule Menschen und toxische Menschen. In der Forschung spricht von «Bad Apples», so wie ein fauler Apfel schnell frische Früchte im Korb verfaulen lässt, kann eine toxische Person die anderen im Team «anstecken». Umgekehrt gilt: nichts motiviert mehr als begeisterte, zuverlässige, kompetente Mitarbeitende.
Welches sind aus eurer Sicht die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?
Die beiden grossen Parameter der Zusammenarbeit sind Kompetenz und Sympathie. Wir alle wollen, branchenunabhängig, lieber mit einem kompetenten Egoisten als mit einem inkompetenten Idioten arbeiten. Klar. Die tatsächlichen Arbeitskontakte aber zeigen ein differenziertes Bild: Sympathie ist uns wichtiger als Kompetenz. Die Forscherin Tiziana Casciaro und ihr Kollege Miguel Sousa Lobo stellten fest, dass es bei starker Abneigung gegen eine Person fast unerheblich ist, ob sie kompetent ist oder nicht. Die Leute werden nicht mit ihr arbeiten wollen. Wenn eine Person hingegen beliebt ist, suchen die Arbeitskolleg:innen nach jedem noch so kleinen bisschen Kompetenz, das sie zu bieten hat. Das finde ich spannend, aber auch unvorteilhaft für ein Team: Wenn sich alle im Team einig sind, alle sich sympathisch finden und womöglich noch gleiche Ausbildungen und Hintergründe haben, dann fehlt die Vielfalt. Und wenn die fehlt, dann fehlen auch andere Perspektiven und Ideen. Es gibt aber noch einen wesentlichen, dritten Faktor: Ziele. Je klarer die sind und je mehr das Team dahintersteht, desto besser performt es. Und desto einfacher werden gemeinsame Entscheidungen.
Entscheide fällen im Arbeitsleben ist wichtig und häufig. Wie kann man sicherstellen, dass alle Teammitglieder gehört werden und dass die Entscheidungen auf einer breiten Basis von Informationen und Perspektiven basieren?
Regelmässig Workshops und Retraiten machen. Menschenzentriert und agil arbeiten. Unterschiedliche Sitzungsarten pflegen, wechselnde Teamstrukturen ausprobieren: Das bringt schon viel. Gemeinsames Entscheiden muss nicht bedeuten, auf Biegen und Brechen jede klitzekleine Entscheidung im Konsens zu fällen. Meine Güte, das wäre ja viel zu anstrengend! Man sollte sich aber fragen: Gibt es Projekte, bei denen nur bestimmte Personen aus dem Team entscheiden sollen? Wer hat ein Veto bei neuen Partnerschaften? Versuchen wir auch mal das Konsentprinzip anzuwenden? Ein Team sollte also idealerweise immer wieder darüber entscheiden, wie entschieden wird.
Ein Team sollte also idealerweise immer wieder darüber entscheiden, wie entschieden wird.
Roman Tschäppeler, Co-Autor
Konflikte kommen fast in jedem Team vor; schon wegen der unterschiedlichen Rollen, der unterschiedlichen Charaktere. Welche Strategien oder Ansätze könnt ihr empfehlen, um Konflikte konstruktiv zu lösen und die Zusammenarbeit nicht zu beeinträchtigen?
Oft hilft es schon, dem Störenfried einfach mal zuzuhören. Vielleicht hat er oder sie einen Punkt? Vielleicht versteckt sich hinter der Kritik aber auch eine tieferliegende Frustration. Es gibt nur eine Art, das herauszufinden: Nachfragen und zuhören. Die meisten Ärgernisse entstehen, wenn Menschen sich nicht gesehen oder gehört fühlen.
Wie wichtig ist ein klar definierter Purpose für die Teamdynamik und die Zusammenarbeit? Wie kann ein Purpose entwickelt und im Team etabliert werden?
Auch wenn das Gequatsche über den Purpose mitunter etwas nervig ist, so ist es doch wichtig, einen Kompass zu haben, an dem man sich in unklaren Momenten orientieren kann. Um herauszufinden, was ein Team, eine Firma, eine Genossenschaft oder ein Verein zusammenhält, hilft es, die alte Kinderfrage «Warum?» zu stellen. Warum machen wir das, was wir machen? Und dann nochmals eine Runde: Warum? Und vielleicht noch ein drittes Mal. Und dieses «Warum» sollte nicht nur die Geschäftsleitung beantworten, sondern alle Angestellten. Je mehr wir uns einig sind, wohin wir wollen und warum, desto grösser ist die Bereitschaft, einander zu helfen, wenn wir vom Weg abkommen.
Im gemeinnützigen Bereich engagieren sich viele Menschen aus Überzeugung, oft auch ehrenamtlich: Ist dies für die Zusammenarbeit besonders herausfordernd?
Gute Frage, ich kenne keine Untersuchung dazu, meine Vermutung ist aber diese: Auch die besten Absichten und ehrenwerteste Überzeugungen führen nicht automatisch zu gutem Teamwork. Es ist ein Handwerk, das man üben muss.
Das Buch: https://www.keinundaber.ch/buecher/zusammenarbeiten