Philanthropische Handlungen werden immer kleiner. Episodische Freiwilligenarbeit, Mikrospenden und Clicktivism sind einige der neuen Methoden der Nano Philanthropie, die alle auf der Idee aufbauen, dass kleine Anstrengungen vieler Menschen gemeinsam zu einem großen Ergebnis führen. Neben einem besseren Verständnis der einzelnen Methoden stellt sich vor allem die Frage, ob Nano Philanthropie einen positiven Effekt auf die Grosszügigkeit generell hat und Menschen später auch Engagement in grösserem Umfang zeigen. Oder verdirbt der schnelle «warm glow»-Effekt die Erwartungshaltung und es sind weniger Menschen bereit, mehr Zeit oder Geld zu investieren?
Vielfältige Formen dank Digitalisierung
Nano Philanthropie ist keineswegs eine neue Erfindung. Die Kirchenkollekte ist ein sehr altes Beispiel dafür, dass mit kleinen Beiträgen von vielen ein etwas für die Gesellschaft geleistet werden kann. Jedoch ist der damit verbundene Aufwand in einer analogen Welt sehr gross. Die Digitalisierung hat hier ganz neue Möglichkeiten geschaffen. Mikrospenden von wenigen Rappen bis zu fünf Franken lassen sich schnell und unkompliziert mit einem Online-Aufruf in den sozialen Medien im ganzen Land (und darüber hinaus) sammeln. Auch politisches Engagement ist heute nur einen Klick entfernt. Die Unterstützung von Petitionen oder Umfragen wird als «Clicktivism» bezeichnet, und spätestens seit der Abstimmung zum Alkoholverkauf der Migros ist deutlich geworden, dass die Mobilisierung über soziale Medien basisdemokratische Entscheidungen deutlich beeinflussen kann.
Theorie der geringen Kosten
Theoretisch lässt sich das Verhalten mit der Theorie der geringen Kosten erklären. Bei Entscheidungen, die mit wenig Kosten verbunden sind, dominieren «weiche» Faktoren wie Wertvorstellungen oder Empathie die Entscheidung, während bei Entscheidungen mit hohen Kostenfolge eher «harte» Faktoren wie Wohlstand wichtig sind. Dadurch, dass es bei Nano Philanthropie für den Einzelnen nie um viel geht, können viele Menschen zum Geben bewegt werden. Gleichzeitig ist der «warm glow»-Effekt, also das gute Gefühl etwas Gutes getan zu haben, genauso zu spüren wie bei einer grösseren Spende.
Es stellt sich daher die Frage, ob durch diese positive Erfahrung auch die Bereitschaft steigt, grössere Spenden zu tätigen oder ein Ehrenamt zu übernehmen. Dann wäre Nano Philanthropie die perfekte Strategie, um gesellschaftliches Engagement zu stärken. Falls aber durch Nano Philanthropie das eigene Gefühl, Gutes zu tun, bereits erfüllt ist, könnte sich das nachteilig auf grössere Gaben auswirken und die philanthropischen Ressourcen insgesamt werden sinken. In jedem Fall verändert Nano Philanthropie gerade das gemeinnützige Engagement und die weiteren Folgen müssen noch untersucht werden. Ein Forscher-Team vom Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel widmet sich zusammen mit Forschenden der Erasmus Universität Rotterdam dieser Frage in den kommenden Jahren.