Die Parlamentarische Initiative Luginbühl hatte acht Neuerungen im Stiftungsrecht vorgeschlagen. Das Ergebnis der Rechtskommission des Ständerats fällt ernüchternd aus: Nur zwei Punkte sollen weiterverfolgt werden.
Der Vernehmlassungsbericht und die Schlüsse der Rechtskommission des Ständerats (RK‑S) für die Parlamentarische Initiative Luginbühl (Pa. Iv. Luginbühl) «Schweizer Stiftungsstandort. Stärkung» sind seit dem 4. September 2020 öffentlich. Der Zwischenstand aus dem Blickwinkel der Stiftungswelt ist ernüchternd. Von acht vorgeschlagenen Massnahmen sollen gemäss RK‑S gerade mal zwei weiterverfolgt werden. Die Begründung: In der Vernehmlassung seien die meisten Vorschläge sehr kontrovers aufgenommen worden.
Nun ringt die Stiftungsszene um ihre Contenance. Allen voran proFonds, die an der Ausarbeitung der Pa. Iv. mitbeteiligt war: «verpasste Chance», «herber Rückschlag» oder «bis zur Unkenntlichkeit gekürzt» – so der Tenor in der Medienmitteilung des Dachverbands gemeinnütziger Stiftungen der Schweiz. Das Zentrum für Stiftungsrecht der Universität Zürich beklagt eine «fragwürdige Reduktion der Vorlage», die «kein gutes Licht auf die Politik» werfe. Dezenter reagierte SwissFoundations, die in den vergangenen Jahren öfters auf Distanz zu gewissen Zielen der Pa. Iv. Luginbühl gegangen waren.
Ein Blick zurück
Die Pa. Iv. Luginbühl war ganz ursprünglich als Massnahme gedacht gegen eine von der Europäischen Union geplanten sog. «Europäischen Stiftung». Schweizer Stiftungskreise und mit ihnen der damalige Ständerat Luginbühl betrachteten ein solches EU-Rechtsinstrument als mögliche Konkurrenz für den Schweizer Stiftungsplatz. Mit dem Verzicht 2015 der EU auf das Vorhaben fehlte plötzlich ein wichtiges Narrativ für die Notwendigkeit der Pa. Iv. Luginbühl. Und seit Luginbühl 2019 aus dem Ständerat ausgeschieden ist, fehlt der «Pate» des politischen Anliegens.
Zugegebenermassen etwas maliziös könnte man Folgendes einwenden: Wenn Stiftungskreise unter dem Jahr immer wieder den guten Zustand und die Leistungsfähigkeit des Schweizer Stiftungswesens loben, ist der Ruf nach Medikation zwiespältig. Der Initiant Luginbühl hat das Fuder in der Vielfalt wohl überladen oder zumindest thematisch etwas schief geladen. Das heisst nun aber nicht, dass die Pa. Iv. nicht etliche gute Ansätze zur Weiterverfolgung hat. Die RK‑S will sich hierbei an den Resultaten der Vernehmlassung orientieren. Aber leider nutzt sie den Gestaltungsspielraum nicht aus, den ihr das Vernehmlassungsresultat liesse.
Was empfiehlt die RK‑S?
Zwei der acht Massnahmen haben in der Vernehmlassung und der RK‑S bestanden: «Die Optimierung der Stifterrechte betreffend Organisationsänderungen durch eine Ausdehnung des Änderungsvorbehaltes des Stifters in der Stiftungsurkunde und die Vereinfachung von Änderungen der Stiftungsurkunde.» Sollten diese Vorschläge Rechtskraft erlangen, würden sie wichtige Veränderungen bringen. Etwa eine potenziell grössere Attraktivität für Stiftungsgründerinnen und ‑gründer und vermutlich eine etwas schnellere Taktung in den Stiftungen, was zu einer grösseren Unverbindlichkeit im Stiftungswesen führen könnte.
Bei den sechs weiteren Vorschlägen positioniert sich die RK‑S uneinheitlich: mal mit der Mehrheitsmeinung, mal gegen diese; und im Zweifel auf der Seite der Mehrheit der Kantone (was bei der Ständekammer ja auch nicht unbedingt erstaunen kann). Längst nicht alle Schlüsse der Kommission wirken plausibel. So würde eine Chance vertan beim Verzicht auf eine «klarere Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde». Das obwohl diese von zwei Dritteln der Vernehmlassungsteilnehmer befürwortet wird. Die Existenz der Stiftungsaufsichtsbeschwerde könnte einen Beitrag zur Steigerung der Reputation des Schweizer Stiftungswesens leisten.
Beim Vorschlag der Initiative für eine «Haftungsbeschränkung für ehrenamtliche Organmitglieder», bspw. Stiftungsratsmitglieder, schliesst sich die RK‑S der ablehnenden Mehrheitsmeinung an. Das kann als «Verdikt» gegen die Stiftungen interpretiert werden. Sie sollen nicht von einer Sonderbehandlung profitieren.
Knüppeldick kommt es bei den drei steuerrechtlichen Bestimmungen. Mehrheitlich im Einklang mit den Vernehmlassungsresultaten möchte die RK‑S sie nicht weiterverfolgen. Dazu gehört die «regelmässige Publikation von Daten der gemeinnützigen steuerbefreiten Organisationen». Ein altes und wichtiges Postulat. 21 der 26 Kantone lehnen es ab, überwiegend wegen befürchteter bürokratischer Mehraufwände. Bleibt es bei der Ablehnung, wäre dies eine gute Nachricht für die privaten Betreiber von Stiftungsdatenbanken mit Bezahlschranke – wie etwa StiftungSchweiz, die Herausgeberin dieses Magazins –, da sie künftig keine Konkurrenzangebote seitens der öffentlichen Hand zu befürchten hätten.
An der deutlichen Mehrheitsmeinung der Kantone orientiert sich die Kommission auch beim Punkt: die «steuerliche Privilegierung für Zuwendungen aus dem Nachlass und die Möglichkeit eines Spendenvortrags auf spätere Veranlagungsperioden sowie die Möglichkeit nach einer angemessenen Honorierung der strategischen Leitungsorgane, ohne dass dies eine Verweigerung bzw. einen Entzug der Steuerbefreiung der Gemeinnützigkeit zur Folge» hätte. Die Gefahr negativer Anreize wird als zu gross betrachtet.
Zwischenfazit
Der durchschlagende Erfolg blieb der Parlamentarischen Initiative Luginbühl bislang verwehrt. Nach dieser Einschätzung der RK‑S wird es schwierig, das Ratsplenum vom Nutzen der sechs abgelehnten Vorschläge zu überzeugen. Ich vermute, dass die Initiantenkreise ihr Pulver bereits verschossen haben und sich eingestehen müssen, dass sie mit ihren beschriebenen Bedrohungsszenarien argumentativ nicht durchdringen konnten. Es bliebe wohl die Einsicht, dass von den Kantonen die Ausschüttungen der Stiftungsrenditen für Projekte und allerlei Förderziele gerne angenommen werden, jedoch die kantonalen Steuerämter und Finanzdirektionen die gemeinnützigen Förderstiftungen als Organisationen mit lästigen Steuerprivilegien wahrnehmen.