Die PhilÂanÂthroÂpie erlebt turbuÂlente Zeiten. Sie sieht sich mit zahlÂreiÂche Krisen und LegiÂtiÂmaÂtiÂonsÂproÂbleme konfronÂtiert. GleichÂzeiÂtig bieten sich neue MöglichÂkeiÂten, die Wirkung der PhilÂanÂthroÂpie zu steiÂgern. AkadeÂmiÂsche Studien können der instiÂtuÂtioÂnelÂlen PhilÂanÂthroÂpie zu mehr SelbstÂreÂfleÂxion verhelÂfen. Sie können Aufschluss darüber geben, was der Sektor tun kann und was nicht, und sie könnÂten als GrundÂlage für StraÂteÂgie und Praxis des Sektors dienen. AngeÂsichts der relaÂtiv gerinÂgen Größe des Sektors im Vergleich zu seinen öffentÂliÂchen und kommerÂziÂelÂlen Pendants ist die Nutzung und FördeÂrung der (akadeÂmiÂschen) WissensÂentÂwickÂlung zum Aufbau des Sektors für die PhilÂanÂthroÂpie vielÂleicht noch wichÂtiÂger als für andere SektoÂren. Mit dem Start neuer InitiaÂtiÂven wollen das EuroÂpean ReseÂarch Network On PhilÂanÂthropy (ERNOP) und die PhilÂanÂthropy Europe AssoÂciaÂtion (Philea) neue Brücken schlaÂgen. Sie wollen die Kluft überÂwinÂden, die noch zwischen Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen besteht.
Es gilt zu beachÂten, dass die Kluft zwischen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen keine EigenÂheit der PhilÂanÂthroÂpie ist. Sie ist oft auf einen Graben in Bezug auf PerspekÂtive, SpraÂche, VerständÂnis und Denken zwischen zwei verschieÂdeÂnen Welten zurückÂzuÂfühÂren ist. NichtsÂdesÂtoÂtrotz, eine MöglichÂkeit, diese Kluft zu verrinÂgern, bietet die wachÂsende BedeuÂtung, die dem Lernen in OrgaÂniÂsaÂtioÂnen beigemesÂsen wird. Dieses konzenÂtriert sich auf auf die durchÂdachte und methoÂdisch fundierte Nutzung akadeÂmiÂscher Forschung zusamÂmen mit Organisationsdaten.
Die von der CompaÂgnia di San Paolo im SeptemÂber 2022 veranÂstalÂtete interÂnaÂtioÂnale KonfeÂrenz über PhilÂanÂthroÂpieÂforÂschung bot einen AusgangsÂpunkt für die EntwickÂlung neuer InitiaÂtiÂven, die die BezieÂhunÂgen zwischen WissenÂschaft und PhilÂanÂthroÂpie in Europa fördern können. Im Anschluss an die KonfeÂrenz arbeiÂteÂten die PhilÂanÂthropy Europe AssoÂciaÂtion (Philea) und das EuroÂpean ReseÂarch Network On PhilÂanÂthropy (ERNOP) zusamÂmen, um die SichtÂbarÂkeit der und den Zugang zu PhilÂanÂthroÂpieÂforÂschung zu verbessern.
ReseÂarch Notes: ZusamÂmenÂfasÂsunÂgen wissenÂschaftÂliÂcher VeröfÂfentÂliÂchunÂgen mit SchwerÂpunkt auf den AuswirÂkunÂgen auf die Praxis
Von ForschungsÂarÂbeiÂten mit Peer-Review zur PhilÂanÂthroÂpie finden nur selten den Weg in die Augen von Philanthropie-Praktiker:innen. Dies liegt unter andeÂrem daran, dass der Zugang zu wissenÂschaftÂliÂchen ZeitÂschrifÂten beschränkt ist oder die AufmerkÂsamÂkeitsÂspanne für die Lektüre eines für ein akadeÂmiÂsches PubliÂkum geschrieÂbeÂnen Text nicht ausreicht. Auf der andeÂren Seite fehlt es Akademiker:innen oft an Zeit, FähigÂkeiÂten oder instiÂtuÂtioÂnelÂler UnterÂstütÂzung, um ihre ErkenntÂnisse in einer für Praktiker:innen anspreÂchenÂdeÂren, prakÂtiÂscheÂren und zugängÂliÂcheÂren Form zu verfasÂsen. ERNOP hat zusamÂmen mit wichÂtiÂgen PartÂnern eine neue InitiaÂtive namens ERNOP ReseÂarch Notes ins Leben geruÂfen, die darauf abzielt, leicht lesbare, praxisÂoriÂenÂtierte und visuÂell anspreÂchende zweiÂseiÂtige ZusamÂmenÂfasÂsunÂgen wissenÂschaftÂliÂcher ArtiÂkel zu erstelÂlen. Die ReseÂarch Notes werden von Menschen geschrieÂben, die in der PhilÂanÂthroÂpie tätig sind. Ein offeÂner Aufruf richÂtet sich an alle FachÂleute, die zur EntwickÂlung dieser InitiaÂtive beitraÂgen wollen. Sie sollen sich als «Expert:innen aus der Praxis» beteiligen.
Sichere Räume: Intime SitzunÂgen für den Dialog zwischen PrakÂtiÂkern und Akademikern
ERNOP und Philea sehen in der InterÂakÂtion zwischen Akademiker:innen und Praktiker:innen ein Mittel zur gegenÂseiÂtiÂgen BefruchÂtung. Das kann zu einer spanÂnenÂden Mischung aus neuen Ideen, InnoÂvaÂtioÂnen und VeränÂdeÂrunÂgen in DenkÂmusÂtern und PrakÂtiÂken führen. Damit sich ihr Wissen und ihre FähigÂkeiÂten gegenÂseiÂtig beeinÂflusÂsen können, ist es notwenÂdig, diese beiden KompoÂnenÂten in einem modeÂrierÂten, vertrauÂensÂvolÂlen Rahmen zusamÂmenÂzuÂbrinÂgen. Zu diesem Zweck orgaÂniÂsiert ERNOP in ZusamÂmenÂarÂbeit mit Philea am 28. Juni in Zagreb, KroaÂtien, die «Safe Spaces for PhilÂanÂthropy». Diese finden im Vorfeld der ForschungsÂkonÂfeÂrenz «PhilÂanÂthroÂpie und Krisen. Rolle und FunkÂtiÂonsÂweise der PhilÂanÂthroÂpie in Zeiten gesellÂschaftÂliÂcher UmwälÂzunÂgen», die am 29. und 30. Juni stattÂfinÂden. Die «Safe Spaces for PhilÂanÂthropy» werden SitzunÂgen zur FördeÂrung des Dialogs und des gemeinÂsaÂmen Lernens zwischen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen anbieÂten. Zu den Themen, die für die meisÂten, die in, mit und/oder für die PhilÂanÂthroÂpie arbeiÂten, auf der TagesÂordÂnung stehen, gehöÂren Wirkung, EmpowerÂment, Führung, InterÂesÂsenÂverÂtreÂtung sowie VielÂfalt und InteÂgraÂtion. Die «Safe Spaces» stehen allen offen, denen diese Themen am Herzen liegen, und die TeilÂnahme ist kostenÂlos. AllerÂdings ist eine AnmelÂdung erforÂderÂlich und die KapaÂziÂtät ist begrenzt.
In den gemeinÂsaÂmen SitzunÂgen werden MethoÂden angeÂwandt, die den Respekt vor den einzigÂarÂtiÂgen OrgaÂniÂsaÂtiÂonsÂkulÂtuÂren, BerufsÂspraÂchen, Normen und ErfolgsÂdeÂfiÂniÂtioÂnen fördern, die EnerÂgie, InterÂesÂsen und RessourÂcen dieser unterÂschiedÂliÂchen ZielÂgrupÂpen nutzen und koorÂdiÂnieÂren sowie gemeinÂsame Werte, sich überÂschneiÂdende straÂteÂgiÂsche InterÂesÂsen, gemeinÂsame Ziele und gegenÂseiÂtige AbhänÂgigÂkeiÂten betoÂnen, um BezieÂhungsÂkaÂpiÂtal und Vertrauen aufzuÂbauen. Auch das JourÂnal of PhilÂanÂthropy and MarkeÂting (JPM) wird fünf frei zugängÂliÂche «DialoÂgue Papers» veröfÂfentÂliÂchen, die die ErgebÂnisse und ÜberÂleÂgunÂgen von WissenÂschaftÂlern und PrakÂtiÂkern zu diesen Themen zusamÂmenÂfasÂsen und auswerten.
AngleiÂchung der sektoÂraÂlen Datenerhebungsbemühungen
Neben der UnterÂstütÂzung ihrer MitglieÂder haben sowohl ERNOP als auch Philea ihre eigeÂnen ForschungsÂakÂtiÂviÂtäÂten. Giving in Europe, eine der wichÂtigsÂten ForschungsÂinÂitiaÂtiÂven von ERNOP, misst die Höhe der SpenÂden von HausÂhalÂten (privat und durch VermächtÂnisse), UnterÂnehÂmen, StifÂtunÂgen und WohlÂtäÂtigÂkeitsÂlotÂteÂrien. Philea erhebt Daten über die Anzahl, das VermöÂgen und die AusgaÂben von StifÂtunÂgen durch seine natioÂnaÂlen MitgliedsÂverÂbände und veröfÂfentÂlicht LänderÂproÂfile mit den ErgebÂnisÂsen aus jedem Land, das an der gemeinÂsaÂmen InitiaÂtive teilÂnimmt. ERNOP und Philea planen, ihre MethoÂden der DatenÂerÂheÂbung anzuÂgleiÂchen, um nicht nur ihre RessourÂcen zu optiÂmieÂren und ihre Daten kohäÂrenÂter zu gestalÂten, sondern auch um mit einer Stimme zu spreÂchen, wenn es darum geht, über die Größe und den Umfang des Sektors zu berichÂten, was unsere BotschafÂten nur stärÂken kann.
Ein euroÂpäiÂscher ForschungsÂfonds für PhilÂanÂthroÂpie: MögliÂche EntwickÂlunÂgen für die Zukunft?
Der Austausch auf der InterÂnaÂtioÂnaÂlen PhilÂanÂthroÂpie-ForschungsÂkonÂfeÂrenz in Turin war ein wichÂtiÂger MeilenÂstein für die VerbesÂseÂrung der ZusamÂmenÂarÂbeit zwischen PhilÂanÂthroÂpie und WissenÂschaft in Europa. Wie in andeÂren kompleÂxen SituaÂtioÂnen gibt es kein PatentÂreÂzept, um alle Engpässe und HerausÂforÂdeÂrunÂgen bei der ZusamÂmenÂarÂbeit zu lösen. Dennoch kann die EinfühÂrung einer Reihe von AnreiÂzen und die ErleichÂteÂrung der ZusamÂmenÂarÂbeit auf der GrundÂlage einer gemeinÂsaÂmen ForschungsÂagenda und straÂteÂgiÂscher Ziele dazu beitraÂgen, diese beiden Welten miteinÂanÂder zu verbinÂden. Die InitiaÂtiÂven, die derzeit entwiÂckelt werden, könnÂten neue Schritte auf dem Weg zu einer gemeinÂsaÂmen ForschungsÂagenda darstelÂlen. Diese soll durch die EinrichÂtung eines PhilÂanÂthroÂpie-ForschungsÂfonds erreicht werden. Dieser schafft Anreize für die akadeÂmiÂsche Forschung zu Themen, die für philÂanÂthroÂpiÂsche OrgaÂniÂsaÂtioÂnen von BedeuÂtung sind. Er wirft grundÂleÂgende Fragen zur DefiÂniÂtion der euroÂpäiÂschen PhilÂanÂthroÂpie auf und unterÂsucht die BedinÂgunÂgen für die GrundÂlaÂgenÂforÂschung zur PhilÂanÂthroÂpie. AusserÂdem fördert er die PhilÂanÂthroÂpie-Forschung für Praktiker:innen und macht sie für die breite ÖffentÂlichÂkeit releÂvanÂter, zugängÂliÂcher und sichtÂbaÂrer. Er unterÂstützt Forscher:innen mit einem ganzÂheitÂliÂchen Ansatz von der KonzepÂtion bis zum FeldÂeinÂsatz, von der VeröfÂfentÂliÂchung bis zur VerbreiÂtung der Ergebnisse.
Wie würde ein solcher Fonds in der Praxis ausseÂhen? Wie könnte er ErgebÂnisse liefern, die den BedürfÂnisÂsen und ErwarÂtunÂgen von WissenÂschaftÂlern und PrakÂtiÂkern am besten gerecht werden? ERNOP und Philea sind sehr daran interÂesÂsiert, sich mit allen interÂesÂsierÂten Parteien an der EntwickÂlung dieses Fonds zu beteiÂliÂgen, und begrüÂßen ÜberÂleÂgunÂgen von interÂesÂsierÂten StifÂtunÂgen und Wissenschaftler:innen, ob und wie sie sich beteiÂliÂgen möchten.