Bild: John Towner, unsplash

Verbin­dung zwischen Phil­an­thro­pie und Wissen­schaft stärken

Das European Research Network On Philanthropy (ERNOP) und die Philanthropy Europe Association (Philea) wollen mit neuen Initiativen die Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis stärken. Hierzu werden «Expert:innen aus der Praxis» gesucht.

Die Phil­an­thro­pie erlebt turbu­lente Zeiten. Sie sieht sich mit zahl­rei­che Krisen und Legi­ti­ma­ti­ons­pro­bleme konfron­tiert. Gleich­zei­tig bieten sich neue Möglich­kei­ten, die Wirkung der Phil­an­thro­pie zu stei­gern. Akade­mi­sche Studien können der insti­tu­tio­nel­len Phil­an­thro­pie zu mehr Selbst­re­fle­xion verhel­fen. Sie können Aufschluss darüber geben, was der Sektor tun kann und was nicht, und sie könn­ten als Grund­lage für Stra­te­gie und Praxis des Sektors dienen. Ange­sichts der rela­tiv gerin­gen Größe des Sektors im Vergleich zu seinen öffent­li­chen und kommer­zi­el­len Pendants ist die Nutzung und Förde­rung der (akade­mi­schen) Wissens­ent­wick­lung zum Aufbau des Sektors für die Phil­an­thro­pie viel­leicht noch wich­ti­ger als für andere Sekto­ren. Mit dem Start neuer Initia­ti­ven wollen das Euro­pean Rese­arch Network On Phil­an­thropy (ERNOP) und die Phil­an­thropy Europe Asso­cia­tion (Philea) neue Brücken schla­gen. Sie wollen die Kluft über­win­den, die noch zwischen Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen besteht.

Es gilt zu beach­ten, dass die Kluft zwischen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen keine Eigen­heit der Phil­an­thro­pie ist. Sie ist oft auf einen Graben in Bezug auf Perspek­tive, Spra­che, Verständ­nis und Denken zwischen zwei verschie­de­nen Welten zurück­zu­füh­ren ist. Nichts­des­to­trotz, eine Möglich­keit, diese Kluft zu verrin­gern, bietet die wach­sende Bedeu­tung, die dem Lernen in Orga­ni­sa­tio­nen beigemes­sen wird. Dieses konzen­triert sich auf auf die durch­dachte und metho­disch fundierte Nutzung akade­mi­scher Forschung zusam­men mit Organisationsdaten.

Die von der Compa­gnia di San Paolo im Septem­ber 2022 veran­stal­tete inter­na­tio­nale Konfe­renz über Phil­an­thro­pie­for­schung bot einen Ausgangs­punkt für die Entwick­lung neuer Initia­ti­ven, die die Bezie­hun­gen zwischen Wissen­schaft und Phil­an­thro­pie in Europa fördern können. Im Anschluss an die Konfe­renz arbei­te­ten die Phil­an­thropy Europe Asso­cia­tion (Philea) und das Euro­pean Rese­arch Network On Phil­an­thropy (ERNOP) zusam­men, um die Sicht­bar­keit der und den Zugang zu Phil­an­thro­pie­for­schung zu verbessern.

Rese­arch Notes: Zusam­men­fas­sun­gen wissen­schaft­li­cher Veröf­fent­li­chun­gen mit Schwer­punkt auf den Auswir­kun­gen auf die Praxis

Von Forschungs­ar­bei­ten mit Peer-Review zur Phil­an­thro­pie finden nur selten den Weg in die Augen von Philanthropie-Praktiker:innen. Dies liegt unter ande­rem daran, dass der Zugang zu wissen­schaft­li­chen Zeit­schrif­ten beschränkt ist oder die Aufmerk­sam­keits­spanne für die Lektüre eines für ein akade­mi­sches Publi­kum geschrie­be­nen Text nicht ausreicht. Auf der ande­ren Seite fehlt es Akademiker:innen oft an Zeit, Fähig­kei­ten oder insti­tu­tio­nel­ler Unter­stüt­zung, um ihre Erkennt­nisse in einer für Praktiker:innen anspre­chen­de­ren, prak­ti­sche­ren und zugäng­li­che­ren Form zu verfas­sen. ERNOP hat zusam­men mit wich­ti­gen Part­nern eine neue Initia­tive namens ERNOP Rese­arch Notes ins Leben geru­fen, die darauf abzielt, leicht lesbare, praxis­ori­en­tierte und visu­ell anspre­chende zwei­sei­tige Zusam­men­fas­sun­gen wissen­schaft­li­cher Arti­kel zu erstel­len. Die Rese­arch Notes werden von Menschen geschrie­ben, die in der Phil­an­thro­pie tätig sind. Ein offe­ner Aufruf rich­tet sich an alle Fach­leute, die zur Entwick­lung dieser Initia­tive beitra­gen wollen. Sie sollen sich als «Expert:innen aus der Praxis» beteiligen.

Sichere Räume: Intime Sitzun­gen für den Dialog zwischen Prak­ti­kern und Akademikern

ERNOP und Philea sehen in der Inter­ak­tion zwischen Akademiker:innen und Praktiker:innen ein Mittel zur gegen­sei­ti­gen Befruch­tung. Das kann zu einer span­nen­den Mischung aus neuen Ideen, Inno­va­tio­nen und Verän­de­run­gen in Denk­mus­tern und Prak­ti­ken führen. Damit sich ihr Wissen und ihre Fähig­kei­ten gegen­sei­tig beein­flus­sen können, ist es notwen­dig, diese beiden Kompo­nen­ten in einem mode­rier­ten, vertrau­ens­vol­len Rahmen zusam­men­zu­brin­gen. Zu diesem Zweck orga­ni­siert ERNOP in Zusam­men­ar­beit mit Philea am 28. Juni in Zagreb, Kroa­tien, die «Safe Spaces for Phil­an­thropy». Diese finden im Vorfeld der Forschungs­kon­fe­renz «Phil­an­thro­pie und Krisen. Rolle und Funk­ti­ons­weise der Phil­an­thro­pie in Zeiten gesell­schaft­li­cher Umwäl­zun­gen», die am 29. und 30. Juni statt­fin­den. Die «Safe Spaces for Phil­an­thropy» werden Sitzun­gen zur Förde­rung des Dialogs und des gemein­sa­men Lernens zwischen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen anbie­ten. Zu den Themen, die für die meis­ten, die in, mit und/oder für die Phil­an­thro­pie arbei­ten, auf der Tages­ord­nung stehen, gehö­ren Wirkung, Empower­ment, Führung, Inter­es­sen­ver­tre­tung sowie Viel­falt und Inte­gra­tion. Die «Safe Spaces» stehen allen offen, denen diese Themen am Herzen liegen, und die Teil­nahme ist kosten­los. Aller­dings ist eine Anmel­dung erfor­der­lich und die Kapa­zi­tät ist begrenzt.

In den gemein­sa­men Sitzun­gen werden Metho­den ange­wandt, die den Respekt vor den einzig­ar­ti­gen Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tu­ren, Berufs­spra­chen, Normen und Erfolgs­de­fi­ni­tio­nen fördern, die Ener­gie, Inter­es­sen und Ressour­cen dieser unter­schied­li­chen Ziel­grup­pen nutzen und koor­di­nie­ren sowie gemein­same Werte, sich über­schnei­dende stra­te­gi­sche Inter­es­sen, gemein­same Ziele und gegen­sei­tige Abhän­gig­kei­ten beto­nen, um Bezie­hungs­ka­pi­tal und Vertrauen aufzu­bauen. Auch das Jour­nal of Phil­an­thropy and Marke­ting (JPM) wird fünf frei zugäng­li­che «Dialo­gue Papers» veröf­fent­li­chen, die die Ergeb­nisse und Über­le­gun­gen von Wissen­schaft­lern und Prak­ti­kern zu diesen Themen zusam­men­fas­sen und auswerten.

Anglei­chung der sekto­ra­len Datenerhebungsbemühungen

Neben der Unter­stüt­zung ihrer Mitglie­der haben sowohl ERNOP als auch Philea ihre eige­nen Forschungs­ak­ti­vi­tä­ten. Giving in Europe, eine der wich­tigs­ten Forschungs­in­itia­ti­ven von ERNOP, misst die Höhe der Spen­den von Haus­hal­ten (privat und durch Vermächt­nisse), Unter­neh­men, Stif­tun­gen und Wohl­tä­tig­keits­lot­te­rien. Philea erhebt Daten über die Anzahl, das Vermö­gen und die Ausga­ben von Stif­tun­gen durch seine natio­na­len Mitglieds­ver­bände und veröf­fent­licht Länder­pro­file mit den Ergeb­nis­sen aus jedem Land, das an der gemein­sa­men Initia­tive teil­nimmt. ERNOP und Philea planen, ihre Metho­den der Daten­er­he­bung anzu­glei­chen, um nicht nur ihre Ressour­cen zu opti­mie­ren und ihre Daten kohä­ren­ter zu gestal­ten, sondern auch um mit einer Stimme zu spre­chen, wenn es darum geht, über die Größe und den Umfang des Sektors zu berich­ten, was unsere Botschaf­ten nur stär­ken kann.

Ein euro­päi­scher Forschungs­fonds für Phil­an­thro­pie: Mögli­che Entwick­lun­gen für die Zukunft?

Der Austausch auf der Inter­na­tio­na­len Phil­an­thro­pie-Forschungs­kon­fe­renz in Turin war ein wich­ti­ger Meilen­stein für die Verbes­se­rung der Zusam­men­ar­beit zwischen Phil­an­thro­pie und Wissen­schaft in Europa. Wie in ande­ren komple­xen Situa­tio­nen gibt es kein Patent­re­zept, um alle Engpässe und Heraus­for­de­run­gen bei der Zusam­men­ar­beit zu lösen. Dennoch kann die Einfüh­rung einer Reihe von Anrei­zen und die Erleich­te­rung der Zusam­men­ar­beit auf der Grund­lage einer gemein­sa­men Forschungs­agenda und stra­te­gi­scher Ziele dazu beitra­gen, diese beiden Welten mitein­an­der zu verbin­den. Die Initia­ti­ven, die derzeit entwi­ckelt werden, könn­ten neue Schritte auf dem Weg zu einer gemein­sa­men Forschungs­agenda darstel­len. Diese soll durch die Einrich­tung eines Phil­an­thro­pie-Forschungs­fonds erreicht werden. Dieser schafft Anreize für die akade­mi­sche Forschung zu Themen, die für phil­an­thro­pi­sche Orga­ni­sa­tio­nen von Bedeu­tung sind. Er wirft grund­le­gende Fragen zur Defi­ni­tion der euro­päi­schen Phil­an­thro­pie auf und unter­sucht die Bedin­gun­gen für die Grund­la­gen­for­schung zur Phil­an­thro­pie. Ausser­dem fördert er die Phil­an­thro­pie-Forschung für Praktiker:innen und macht sie für die breite Öffent­lich­keit rele­van­ter, zugäng­li­cher und sicht­ba­rer. Er unter­stützt Forscher:innen mit einem ganz­heit­li­chen Ansatz von der Konzep­tion bis zum Feld­ein­satz, von der Veröf­fent­li­chung bis zur Verbrei­tung der Ergebnisse.

Wie würde ein solcher Fonds in der Praxis ausse­hen? Wie könnte er Ergeb­nisse liefern, die den Bedürf­nis­sen und Erwar­tun­gen von Wissen­schaft­lern und Prak­ti­kern am besten gerecht werden? ERNOP und Philea sind sehr daran inter­es­siert, sich mit allen inter­es­sier­ten Parteien an der Entwick­lung dieses Fonds zu betei­li­gen, und begrü­ßen Über­le­gun­gen von inter­es­sier­ten Stif­tun­gen und Wissenschaftler:innen, ob und wie sie sich betei­li­gen möchten.

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