«80 Millionen Menschen sind aktuell auf der Flucht, und wir gehen davon aus, dass die Anzahl 2021 substanziell steigen wird», sagt Kelly T. Clements, Vize- Flüchtlingshochkommissarin des UNHCR und weiter: «Speziell für Frauen und Mädchen ist die Situation viel schwieriger geworden.» Es sei eine historisch hohe Anzahl von Menschen betroffen, die alles zusammenpacken und ihr Zuhause zurücklassen müssen.
Kelly T. Clements erläuterte eindrücklich die zurzeit grössten Herausforderungen für die Frauen aufgrund der Pandemie:
- Die Frauen sind einmal mehr die gefährdetsten. Und unter den Frauen sind es die verletzlichsten, die am meisten betroffen sind. In den Flüchtlingslagern sind 70 Prozent der «Community Worker» Frauen, was sie besonders exponiert.
- Aufgrund der Pandemie mussten die Geflüchteten oft ihre letzten Ersparnisse aufbrauchen. Deshalb sind die Frauen darauf angewiesen, Wege zu finden, wie sie ihre Familien unterstützen können. Das macht sie abhängig, vor allem im informellen Bereich. Das UNHCR beobachtet ein enormes Wachstum bei der Möglichkeit, den eigenen Körper für Sex zu verkaufen und damit einhergehend einen Anstieg bei der geschlechterbasierten Gewalt. Mit dem Ausüben der Sexarbeit fallen die Frauen oft durch die Maschen, weil sie sich ausserhalb der staatlichen Sicherheitsnetze bewegen.
- Ein weiterer Punkt sind wachsende Spannungen zuhause und die damit einhergehende häusliche Gewalt.
- Oft fehlt es schlicht an genügend Essen und an einem Dach über dem Kopf. Die Schulen haben geschlossen. Das UNHCR geht davon aus, dass 50 Prozent der Mädchen, die aktuell die Schule verlassen mussten, nie wieder zurückkehren werden.
- Je länger die Pandemie dauert, umso schwieriger wird es, Frauen und Mädchen Hilfe zukommen zu lassen. Dies, weil Geflüchtete oft in schon armen Ländern leben. Diese Staaten betrachten sie nicht als Einwohnerinnen und Einwohner. Insbesondere bei den Impfungen werden die Geflüchteten oft nicht mitgezählt.
Im letzten Monat wurde allerdings genau diese Problematik erkannt. Es gibt nun einige Länder, welche die Flüchtlinge bei den Impfungen mit einbeziehen.
Das UNHCR Netzwerk
Das UNHCR Netzwerk besteht heute aus 18’000 Helfenden auf der ganzen Welt. Es ist in 130 Ländern und an 550 Standorten tätig. Über 1000 Partnerschaften mit humanitären Hilfsorganisationen, NGO, lokalen Behörden und zivilen Communities ergänzen das enorme Engagement.
Tara Nathan, EVP, Humanitarian & Development Sector, Mastercard (MC) gab Einblick in ein interessantes Mastercard-Engagement.
Seit gut zehn Jahren setzt sich Mastercard dafür ein, Menschen auf der Flucht Instrumente in die Hand zu geben. Diese ermöglichen ihnen den Zugang zu Internet und Smartphones und sich zu vernetzen. Dies gerade weil Geflüchtete oft in Regionen leben, wo sie komplett abgehängt sind. Sie konnten mit Prepaid Card digitale Lösungen liefern, die den Geflüchteten wieder die Möglichkeit gaben, gewisse Dinge selber zu tun, bspw. frische Esswaren zu organisieren oder zu kaufen, was wiederum den Handel angeregt hat.
Mit der Erkenntnis, dass Geflüchtete manchmal fünf oder zehn Jahre auf der Flucht sind, mussten digitale Lösungen nachhaltiger und langfristiger werden. Es ging nicht um blosse Soforthilfe. Deshalb hat MC eine öffentlich-private Koalition initiiert, die Technologie, Lösungen und Erfahrungen aus verschiedenen Sektoren zusammenbringt, um Flüchtlingssiedlungen in digital vernetzte Gemeinschaften umzuwandeln. So konnten die Frauen Communities bilden, sich vernetzen und Möglichkeiten finden, ihre Kinder zur Schule zu schicken, sich impfen zu lassen oder auch bezahlte Arbeit zu finden. Es wurde und wird ein ganzes Set von Möglichkeiten entwickelt.
Heute geht man davon aus, dass der Zugang zu Mobiltelefonen und zum Internet für die Sicherheit von Frauen auf der Flucht ebenso wichtig ist, wie Nahrung, Unterkunft und Wasser. Die Koalition setzt sich für die Internet- und mobile Konnektivität, für den Zugang zu sauberer, effizienter Energie und für digitale Finanzinstrumente für Gemeinden ein.
Maya Ghazal, UNHCR Goodwill Ambassador, flüchtete aus Syrien und lebt heute in Grossbritannien. Sie schilderte auf eindrückliche Art, wie sie die von der UK gegebene Chance packt und mit grosser Dankbarkeit ihr Studium angeht, um später der Gesellschaft wieder etwas zurückzugeben.
Vaishali Misra, Business Leader, stellte die IKEA Social Entrepreneurship Initiative vor.
Moderiert hat das Panel Dr. Eduardo Padrón, President, Emeritus, Miami Dade College.