The Philanthropist: In der soeben publizierten Marktstudie vergleichen Sie die Situation der Philanthropie in Deutschland, Frankreich, Niederlande, Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Welches Ergebnis hat Sie überrascht?
Peter Buss: Es sind zwei Punkte. Erstens: Ich wusste, dass die Unterschiede gross sind. Aber so gross? Es zeigt sich ein richtig kompliziertes Puzzle. Das Verständnis von Philanthropie, die Gesetze, die Kulturen – die Situation ist komplett unterschiedlich in den untersuchten Ländern. Alleine schon, was unter einer Stiftung verstanden wird, geht sehr weit auseinander. Und zweitens sind die Unternehmen in anderen Ländern viel stärker philanthropisch engagiert als in der Schweiz.
TP: Gibt es eine Begründung für die unterschiedliche Rolle der Unternehmen?
PB: Die Ursachen sind auch hier länderspezifisch. In Frankreich zum Beispiel dürften es steuerliche Gründe sein. Allerdings grünen jetzt auch Unternehmen vermehrt Stiftungen, weil es attraktiv wurde.
TP: Und in der Schweiz engagieren sich Unternehmen noch wenig?
PB: Das zeigt zumindest die Studie. Allerdings beruht sie hier auf Schätzungen. Die Datenlage ist dünn. Bei den Unternehmen könnten mehr Transparenz und eine klare Abgrenzung der Spendentätigkeit zum Sponsoring zu einer besseren Datenbasis führen.
Es zeigt sich ein richtig kompliziertes Puzzle.
Peter Buss
TP: Sie schreiben in der Studie selbst von der herausfordernden Datenlage. Wie ist es gelungen, diese überhaupt vergleichbar zu machen?
PB: Durch Reduktion. Wir haben die Informationen reduziert auf einen gemeinsamen Nenner. Das ging zu Lasten der Differenzierung in den einzelnen Ländern. Wir wollten auch explizit keine wissenschaftliche und bis ins Detail begründete Arbeit schreiben, obwohl die Autoren eine hervorragende Leistung vollbracht haben. Wir wollten einen praktischen Überblick über die aktuelle Situation erstellen.
TP: Woher stammen die Daten?
PB: Expertinnen und Experten im jeweiligen Markt haben die Daten erhoben. Sie wussten, welche Quellen es gibt und sie nutzen konnten. Die Daten haben sie eingeordnet und wo notwendig hochgerechnet.
TP: Wollen Sie die Studie weiterentwickeln, vertiefen?
PB: In nächster Zeit nicht. Wir wollten einfach mal ein Bild der europäischen Marktsituation erhalten. Für uns reicht das vorderhand.
TP: Was war der Auslöser, die Studie in Angriff zu nehmen?
PB: Mit StiftungSchweiz bauen wir ein Ökosystem in der Philanthropie. Von Anfang an hat uns interessiert, wie die Situation im Ausland ist. Wir haben nach Input gesucht, Vergleichsgrössen, wie sieht der Markt in anderen Ländern aus, ist unsere Idee multiplizierbar und wie stellt sich die rechtliche Situation dar.?
TP: Die Studie zeigt, dass im vereinigten Königreich das Spendenvolumen mit Abstand am höchsten ist.
PB: Ein Ergebnis, dass bekannt war. UK hat eine grosse Charity-Tradition. Die Spendenbereitschaft ist enorm. Auch die Datenlage ist viel besser als in anderen Ländern.
TP: Was ist der Grund?
PB: Wahrscheinlich das doch sehr unterschiedliche Staatsverständnis.
Sie werden realisieren, wie sie dank der Digitalisierung ihre Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sehr effizient in ihre Charity-Aktivitäten involvieren können.
Peter Buss
TP: Übernimmt die Philanthropie in UK Aufgaben, die in anderen Ländern der Staat übernimmt?
PB: Insbesondere im Denkmalschutz und in der Landschaftspflege gibt es sehr grosse und einflusreiche Trusts. Das kennen wir in der Schweiz so nicht.
TP: Die Studie hat für die Philanthropie in allen Ländern Nachholbedarf in der Digitalisierung ergeben.
PB: Das war eigentlich der dritte Punkt, der mich überrascht hat. Ich hätte erwartet, dass andere Länder weiter sind als die Schweiz. Heute neige ich dazu, dies umgekehrt einzuschätzen insbesondere wenn ich sehe, was wir mit StiftungSchweiz und andere Dienstleister im digitalen Bereich gerade aufbauen.
TP: Was könnte die Digitalisierung vorantreiben?
PB: Wenn wir es schaffen herauszufinden, wo in der digitalen Kommunikation mit Privatpersonen die relevanten «Point of Sales» der Spendenappelle sind und wie man dort das passende emotionale Umfeld gestaltet, wird es mit dem digitalen Spenden schnell gehen. Dagegen ist für Förderstiftungen der Druck zur Digitalisierung eventuell noch nicht so gross. Einen grossen Schub sehe ich dafür bei Unternehmen.
TP: Weshalb?
PB: Sie werden realisieren, wie sie dank der Digitalisierung ihre Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sehr effizient in ihre Charity-Aktivitäten involvieren können. Das war bisher so nicht möglich. StiftungSchweiz übrigens ist da mit seinen digitalen Service Tools für Firmen sehr gut aufgestellt.