Stiftungsvermögen anzulegen gehört zu den zentralen Pflichten der Stiftungsverantwortlichen. Umso mehr gilt dies in extrem dynamischen Zeiten, wie wir sie aktuell sehen und künftig sehen werden, auf die im Stiftungsvermögen keine statischen Antworten gegeben werden können. Das Motto lautet Diversifizieren und Delegieren.
Es gibt da diese wunderbare Dokumentation über den Weg der Eiskunstläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot zur Olympischen Goldmedaille 2018. Ihr Trainer Alex König sagt an einer Stelle sinngemäß, „gib dem Ding ruhig eine große Idee, dann fügen sich die Details von ganz allein.“ Genau dieser Satz kann auch eine gute Maßgabe für das Verwalten des Stiftungsvermögen im laufenden Jahrzehnt und darüber hinaus sein. Denn dass die Zeiten komplexer werden, darüber sind sich alle Auguren angesichts der jüngsten Entwicklungen einig.
Stiftungsvermögen braucht heute eine große Idee fürs Morgen
Die große Idee, das dürfte für das Stiftungsvermögen die Diversifikation, das breite Streuen des Stiftungsvermögens über Anlageklassen, Anlageregionen, Anlagestile und Anlagekonzepte hinweg, und entlang dieser großen Idee wird auch das abgeschnitten, was womöglich in den vergangenen 30 Jahren recht gut funktioniert hat.
Womit wir bei den klassischen Stiftungsfonds wären, die konzeptionell einer Welt entspringen, die es so nicht mehr gibt. In dieser Welt waren es die Portfolien, die zu 70% in Anleihen und zu 30% in Aktien investiert waren, die aus Stiftungssicht hervorragend funktionierten, nur sind diese heute, in der Welt von Nullzins, Teuerung und geopolitischen Turbulenzen nicht mehr in der Lage, die stiftungsimmanente Finanzkraft zu erhalten bzw. zu stärken. Einfach weil zu große Teile solcher Portfolien regelrecht ausfallen als Ertragsbaustein.
Diversifikation als wichtigstes Moment im Stiftungsvermögen
Die Aufgabe für das Stiftungsvermögen ist dabei aber immer noch die gleiche wie vor 30, 50 oder 100 Jahren, es soll dem Stiftungszweck dienen, und gemäß dieser Aufgabe müssen neue Überlegungen her. Es dürfte künftig das Fondsportfolio einer Stiftung am performantesten sein, das breit streut über Aktien, Obligationen, Immobilien, Infrastruktur, Mikrofinanz und auch Gold, das klassische Konzepte („Stiftungsfonds“) mit zeitgemäßen Fondskonzepten („Income-Fonds“) und so genannten Pure Plays („Immobilienfonds, Aktienfonds, Mikrofinanzfonds“) miteinander kombiniert, und dabei die globale Brille aufsetzt.
Kurzum: Der klassische Stiftungsfonds braucht Fondskonzepte an der Seite, die stiftungsindividuelle Ziele besser unterstützen, es braucht die breite wie globale Diversifikation, und es braucht den Willen, das auch durchzuhalten. Denn was sind nervöse Märkte aus Sicht einer auf ewig errichteten Stiftung? Randnotizen. Die Entscheidung zu einer Allokation ist jedoch eine Rote Linie, und diese führt auch durch Turbulenzen hindurch. So wie die große Idee des Alex König für die Gold-Kür seiner beiden Schützlinge.
Über den Autor
Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu, einer Plattform für Stiftungsexperten und deren Stiftungsexpertise. Im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein ist er seit mehr als 10 Jahren „unterwegs“, mit dem Blog #stiftungenstärken (www.stiftungenstärken.de), der Fondsanlageplattform für Stiftungen www.fondsfibel.de sowie dem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen (3. Ausgabe am 27.4.2022 auf www.vtfds.de) möchte er Stiftungen dabei unterstützen, auf aktuelle Fragestellungen in der täglichen Stiftungspraxis zeitgemäße Antworten zu finden.