Text: Corina Bosshard
Das Meer holt sich im Siné Saloum Delta, was es will. Die Strände, die Häuser, die Bäume, vieles hat es schon verschluckt – und es rückt immer näher. Im Senegal haben sich die Temperaturen seit den 1960er Jahren um 1 Grad Celsius erhöht – und sie werden sich bis Ende des Jahrhunderts um weitere ein bis zwei Grad erhöhen. Der Meeresspiegel wird gemäss Klimaforschern um mindestens einen Meter ansteigen.
Aus dem Gleichgewicht
Kein anderer Kontinent ist so stark von der Erderwärmung betroffen, wie Afrika, wo die Menschen einen grossen Anteil der Folgen des Klimawandels tragen. Menschen wie Awa Sarr. Die 57-jährige Mutter von fünf Kindern lebt im Siné Saloum Delta und bestreitet ihren Lebensunterhalt mit der Zucht und dem Verkauf von Austern, Garnelen und anderen Meeresfrüchten. Doch mit den steigenden Temperaturen, aber auch dem fortschreitenden Raubbau an der Natur, droht das fragile Ökosystem des Deltas aus dem Gleichgewicht zu geraten, was die Lebensgrundlage tausender Menschen bedroht. Insbesondere intakte Mangrovenwälder wären zentral, um die klimatischen Veränderungen abzufedern, denn Mangroven sind wahre Champions des Klimaschutzes: Sie schützen die Küstenbewohner vor immer stärker werdenden Sturmfluten, der Versalzung der Böden und der Küstenerosion. Sie sind aber auch für die Minderung von Kohlenstoffemissionen zentral. Doch Stück für Stück wurden die Mangrovenwälder in der Vergangenheit abgeholzt, um sie als Feuerholz zu nutzen.
Die Mangroven zurückbringen
HEKS und die lokale Partnerorganisation «Association pour la Promotion des Initiatives Locales» (APIL) unterstützen daher 18 Dörfer im Siné Saloum Delta dabei, ihre Mangrovenwälder wieder aufzuforsten und sie durch nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden langfristig zu erhalten. Unter der Moderation von APIL und HEKS handelt jedes Dorf einen gemeinsamen Schutz- und Wiederherstellungsplan mit klaren Regeln für die Nutzung der natürlichen Ressourcen aus. Ein gewähltes Dorfkomitee ist für die Umsetzung und Einhaltung der Pläne verantwortlich. «Früher trennten wir beim Austernsammeln die Wurzeln der Mangroven mit Messern ab, so dass diese abstarben», erzählt Awa Sarr. «Ich habe in den Trainings viel gelernt über das richtige Management unserer natürlichen Ressourcen.»
Die Natur als grösstes Kapital
Um die Mangroven vor weiterer Abholzung zu schützen, pflanzt jedes Dorf zudem auf einer kleinen Fläche schnell wachsende Bäume an, deren Holz von den Haushalten als Brennholz genutzt werden darf. Um den Holzverbrauch generell zu senken, fördert das Projekt auch die Verbreitung von lokal produzierten, energieeffizienten Öfen. Seit die Ressourcen geschont und nachhaltig genutzt werden, haben sich die Fisch- und Meeresfrüchtebestände in der Region sichtbar erholt. Awa Sarr kann heute von der Zucht und dem Verkauf der Meeresfrüchte leben und alle ihre Kinder zur Schule schicken. Und sie weiss, dass die Erhaltung der Mangroven zentral ist, um auch in Zukunft ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Denn die Natur ist das grösste Kapital der Menschen im Sine Saloum Delta.
HEKS, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, setzt sich seit 75 Jahren in rund 30 Ländern für notleidende und benachteiliget Menschen ein. Weitere Informationen finden Sie unter heks.ch