Adrian Schmid, Präsident des Stiftungsrates Schweizer Demokratie Stiftung

Schwei­zer Demo­kra­tie Stif­tung: der Kleine kann sich auch oft gegen den Gros­sen durchsetzen

Er sieht weltweit demokratiefeindliche Entwicklungen, weist aber auch auf Positives hin. Adrian Schmid ist Präsident des Stiftungsrates der Schweizer Demokratie Stiftung. Diese setzt sich für den Schutz und die Weiterentwicklung der Demokratie ein.

Was hat Sie dazu bewo­gen, sich für die Förde­rung von Demo­kra­tie einzusetzen?

Als Jugend­li­cher habe ich mich (damals noch ohne Stimm­recht) für die Einfüh­rung eines Zivil­diens­tes in der Schweiz enga­giert. Dafür wurde ich als Landes­ver­rä­ter beschimpft. Das war prägend für mein Demokratieverständnis.

Und welche Rolle spielt die Schwei­zer Demo­kra­tie Stif­tung dabei, resp. weshalb ist sie eine Stiftung?

Um unsere Akti­vi­tä­ten, die wir ab 1989 in verschie­de­nen Orga­ni­sa­tio­nen verant­wor­te­ten, zu verschlan­ken, haben wir bewusst die effi­zi­ente Form einer steu­er­be­frei­ten Stif­tung gewählt. So konn­ten wir den Aufbau und die Profes­sio­na­li­sie­rung mit unse­rer Geschäfts­stelle im Berner Polit­fo­rum (Käfig­turm) voran­trei­ben. Die Zusam­men­ar­beit mit Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen wurde gestärkt. Verschie­dene Koope­ra­ti­ons­pro­jekte konn­ten erfolg­reich umge­setzt und neu lanciert werden. Als Gast­ge­be­rin der zehn­ten Welt­kon­fe­renz der direkt­de­mo­kra­ti­schen Volks­rechte in Luzern wurde die Stif­tung schweiz­weit bekannt.

Welche Ziele verfolgt die Stif­tung konkret?

Die Schwei­zer Demo­kra­tie Stif­tung setzt sich mit den von ihr geför­der­ten Projek­ten und in Koope­ra­tion mit verschie­de­nen Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen welt­weit für den Schutz und die Weiter­ent­wick­lung der Demo­kra­tie ein. Dabei gilt unser beson­de­res Augen­merk der Betei­li­gung von Bürge­rin­nen und Bürgern, der Tole­ranz gegen­über Minder­hei­ten sowie der Völkerverständigung.

So wird ein Schwer­punkt der demo­kra­ti­schen Diskus­si­ons­kul­tur und der Unter­stüt­zung junger Initia­ti­ven im Bereich der Demo­kra­tie­för­de­rung aufgebaut.

Adrian Schmid, Präsi­dent des Stif­tungs­ra­tes Schwei­zer Demo­kra­tie Stiftung

Weiter wendet sich der Stif­tungs­rat mit dem neuen Fonds Jugend + Demo­kra­tie der Schweiz und der jungen Gene­ra­tion zu: So wird ein Schwer­punkt der demo­kra­ti­schen Diskus­si­ons­kul­tur und der Unter­stüt­zung junger Initia­ti­ven im Bereich der Demo­kra­tie­för­de­rung aufgebaut.

Wie hat sich die Stif­tung seit der Grün­dung 2016 entwickelt? 

Ein Projekt stelle ich gerne in den Vorder­grund: Der «Navi­ga­tor der direk­ten Demo­kra­tie» ist ein bislang einzig­ar­ti­ges Online-Instru­ment, das die Verfah­ren der moder­nen direk­ten Demo­kra­tie welt­weit erfasst.

Welche Projekte waren während dieser Zeit beson­ders erfolgreich?

Das Global Forum on Modern Direct Demo­cracy ist die grösste Welt­kon­fe­renz zu den parti­zi­pa­ti­ven und direkt­de­mo­kra­ti­schen Volks­rech­ten. Mit der ersten Ausgabe star­te­ten wir vor 15 Jahren in Aarau, zur elften Welt­kon­fe­renz konn­ten wir mit unse­rem Part­ner Demo­cracy Inter­na­tio­nal (D) im März 2023 nach Mexico City einla­den. In dieser Zeit betei­lig­ten sich zehn­tau­sende Menschen in verschie­de­nen Orga­ni­sa­tio­nen sowie Projek­ten und schu­fen so ein einzig­ar­ti­ges Netz­werk über den gesam­ten Globus.

Welche spezi­fi­schen Themen stehen zurzeit im Fokus?

Welt­weit beob­ach­ten wir, wie mehr oder weni­ger demo­kra­ti­sche Gesell­schaf­ten fahr­läs­sig mit den aktu­el­len globa­len Krisen umge­hen. In Zeiten neuer Kriege, Pande­mie und Klima­not­stand sind sie jedoch auf verant­wor­tungs­volle Führung, auf Trans­pa­renz und auf vorur­teils­freie wissen­schaft­li­che Bera­tung ange­wie­sen. Die Menschen müssen einan­der vertrauen können, Behör­den und Poli­tik müssen ihre Verant­wor­tung nicht nur wahr­neh­men, sondern auch zwin­gend umsetzen.

Welt­weit beob­ach­ten wir, wie mehr oder weni­ger demo­kra­ti­sche Gesell­schaf­ten fahr­läs­sig mit den aktu­el­len globa­len Krisen umgehen.

Adrian Schmid

Wie brin­gen wir den Wett­be­werb der besten Argu­mente wieder in Gang, ohne dass wir uns in Gräben verschan­zen – oder unsere direkte Demo­kra­tie gefährden?

Gemäss dem Bericht «Global State of Demo­cracy» von Inter­na­tio­nal IDEA verzeich­ne­ten Ende 2021 fast die Hälfte der 173 unter­such­ten Länder einen Rück­gang bei mindes­tens einem Merk­mal der Demo­kra­tie. Gleich­zei­tig zeigen Studien, dass Demo­kra­tie zu mehr Bildung, mehr Frie­den, einer ehrgei­zi­ge­ren Klima­po­li­tik, einer höhe­ren Lebens­er­war­tung und weni­ger Korrup­tion führt. Daran orien­tie­ren wir uns.

Wo sehen Sie welt­weit die göss­ten Herausforderungen?

Die umfas­sende Vertei­di­gung des Rechts­staa­tes gegen Auto­kra­ten, Kriegs­trei­ber und Demago­gen. Besorg­nis­er­re­gend ist dabei die Kumu­la­tion der verschie­de­nen Risi­ken. Dabei denke ich nicht nur an die gravie­ren­den Klima­ver­än­de­run­gen, die Risi­ken der Digi­ta­li­sie­rung im Hinblick auf die Entwick­lung von Künst­li­cher Intel­li­genz, den Spreng­stoff, den die sozi­al­po­li­ti­schen Einkom­mens- und Vermö­gens­auf­tei­lung beinhal­tet und die Migra­tion welt­weit und primär in Nach­bar­län­dern. Wir stehen vor volks­wirt­schaft­li­chen Heraus­for­de­run­gen: Dazu zähle ich nicht nur die Verschul­dung, wie in den USA, wo diese jedes Verhält­nis sprengt, sondern auch, dass sich drei der gröss­ten Banken­kol­lapse in der Geschichte in den letz­ten Mona­ten ereig­net haben.

Der Rechts­staat funk­tio­niert, auch wenn dieser massiv stra­pa­ziert wurde und wird.

Adrian Schmid

Doch es gibt auch Posi­ti­ves fest­zu­hal­ten: Nach dem Sturm auf das Weisse Haus 2021 in Washing­ton sind jetzt nicht nur zwei der übels­ten Rechts­ra­di­ka­len zu zwölf, respek­tive acht­zehn Jahren Gefäng­nis verur­teilt worden, sondern auch über 1000 Teil­neh­mende des versuch­ten Staats­streichs. Der Rechts­staat funk­tio­niert, auch wenn dieser massiv stra­pa­ziert wurde und wird.

Wie geht die Swiss Demo­cracy Foun­da­tion diese Heraus­for­de­rung an? 

Indem wir Menschen und Orga­ni­sa­tio­nen zusam­men­brin­gen. Diese können sich austau­schen und vonein­an­der lernen. Am eindrück­lichs­ten war das für mich Anfang März dieses Jahres in Mexiko-City, wo auf dem Haupt­platz Zocalo eine halbe Million Menschen gegen den geplan­ten Abbau der mexi­ka­ni­schen Wahl­be­hörde demonstrierten.

Ist das nicht eine Sache von David und Goliath?

Natür­lich ist das Enga­ge­ment für die welt­weite Vertei­di­gung und Weiter­ent­wick­lung der Demo­kra­tie, des Völker­rechts, immer wieder eine Ausein­an­der­set­zung von David gegen den oftmals über­mäch­tig erschei­nen­den Goli­ath. Aber: Die Geschichte lehrt uns, dass der Kleine sich auch oft gegen den Gros­sen durch­set­zen kann. Daran orien­tiere ich mich im Sinne von Imma­nuel Kant: Hab Mut, dich deines eige­nen Verstan­des zu bedienen.

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