The Philanthropist: Was war der Auslöser für die Entwicklung dieses DAS?
Laetitia Gill: Wir haben festgestellt, dass es auf dem Markt einen Mangel an höheren Weiterbildungsangebote in Philanthropie gibt. Gleichzeitig haben wir ein starkes Interesse an akademischer Weiterbildung in diesem Bereich erkannt. Das Markenzeichen dieses DAS ist sein interdisziplinärer Charakter. Dieser ist notwendig, um das komplexe Feld der Philanthropie heute vollständig zu verstehen. Dazu wollen wir auf dem lokalen Ökosystem aufbauen. Genf ist eines der Zentren der Philanthropie und Heimat vieler internationaler Organisationen. Deshalb haben wir uns entschieden, dieses Training in Englisch in einem Hybridformat anzubieten, damit Menschen aus anderen Ländern teilnehmen können.
TP: Was ist Ihrer Meinung nach die Stärke des Angebots?
LG: Wir verfolgen einen interdisziplinären Ansatz. Eine der Hauptstärken dieses DAS ist die große Vielfalt der Dozierenden. Wir haben Akademikerinnen und Praktiker aus verschiedenen Disziplinen zusammengebracht: Wir sprechen über Diversität und wir leben sie auch! Die Teilnehmenden profitieren somit von einem breiten Netzwerk. Eine zweite Stärke ist der Zeithorizont. Wir schauen nicht nur auf die Gegenwart, sondern decken auch ab, was Philanthropie in 10 oder 20 Jahren bedeuten wird.
TP: Viele Themen wie Finanzen, Führung oder Diversität sind nicht ausschliessliche Themen der Philanthropie. Wie entwickeln Sie eine philanthropiespezifische Perspektive zu diesen?
LG: Alles sind wichtige Faktoren, die von öffentlichen und privaten Organisationen berücksichtigt werden müssen. Für die Philanthropie sind sie jedoch besonders wichtig: Denn der Sektor muss eine Vorreiterrolle einnehmen, um sicherzustellen, dass «best practice» Ansätze in Bezug auf Finanzen, Führung und Vielfalt angewendet werden. Unser Kurs fokussiert stark auf all diese Elemente. Das Modul Finanzen konzentriert sich beispielsweise auf Investitionen, Transparenz und Rechenschaftspflicht. Wir sprechen sehr konkret darüber, wie Investitionen mit der Mission einer Stiftung in Einklang stehen sollten. Wir möchten auch den Standort unserer Universität nutzen und erwägen Besuche bei Stiftungen, um das Angebot zu bereichern.
TP: Die Professionalisierung des Sektors hängt von den Bildungsangeboten ab. Wie sehen Sie die Schweizer Stiftungslandschaft in dieser Hinsicht?
LG: Die Branche entwickelt sich sehr schnell. Wir können sehen, dass die Verwaltung und Führung von Stiftungen in der Schweiz immer professioneller werden. 80 Prozent der Stiftungen werden jedoch von Freiwilligen unterstützt, und es ist für Freiwillige nicht einfach, zusätzliche Zeit für die Ausbildung zu finden. Dies bedeutet nicht, dass sie nicht interessiert sind. Aber es besteht die Notwendigkeit, eine Verknüpfung mit dem Weiterbildungsangebot herzustellen. Darüber hinaus sollte die Professionalisierung nicht auf die Schweiz beschränkt sein. Die Globalisierung fordert die Stiftungen. Solche, die in Entwicklungsländern tätig sind, müssen verstehen, wie sich die Probleme vor Ort entwickeln. Sie brauchen einen Kompass.
TP: Was sehen Sie als größte Herausforderung für Stiftungen und NGOs in der Schweiz?
LG: Digitalisierung und künstliche Intelligenz verändern die Welt. Viele Stiftungen sind im Internet jedoch noch nicht vorhanden. Vielleicht geschieht dies aus Gründen der Diskretion absichtlich. Aber zukünftig wird dies nicht funktionieren. Es besteht Bedarf an mehr Transparenz und einer neuen Legitimierung. Die Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Integration künftiger Generationen wird ebenfalls eine große Herausforderung sein.
Der philanthropische Sektor braucht Vielfalt, nicht nur in Bezug auf das Geschlecht, sondern auch in Bezug auf Generationen und soziale Klassen.
Laetitia Gill, Geneva Centre for Philanthropy
TP: Warum?
LG: Junge Leute engagieren sich anders. Denken Sie an Crowdfunding. Sie benutzen ihre Handys, um Geld für ein Projekt zu spenden, das ihnen wichtig ist. Sie sind nicht an einer Steuerbefreiung interessiert. Es gibt neue Möglichkeiten zu geben, sowohl Geld als auch in Form von Sachleistungen. Crowdfunding ist eine wachsende neue Form der Philanthropie. Wir müssen die jungen Menschen miteinbeziehen. Der philanthropische Sektor braucht Vielfalt, nicht nur in Bezug auf das Geschlecht, sondern auch in Bezug auf Generationen und soziale Klassen. Dies ist einer der Gründe, warum unser DAS auch Menschen ansprechen möchte, die nur indirekt mit Philanthropie verbunden sind und die Notwendigkeit sehen, eine stärkere Verbindung zu diesem Sektor herzustellen.
TP: Wie weit sind Sie mit dem DAS?
LG: Das positive Feedback unseres Beirats und insbesondere von interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist sehr ermutigend. Wir freuen uns sehr über Bewerbungen einer Reihe hochqualifizierter Kandidaten und Kandidatinnen. Dies zeigt, dass die Nachfrage da ist und unser Angebot attraktiv ist.
DAS «Strategic and Operational Philanthropy» (34 ECTS-Punkte) an der Universität Genf.
Die Unterrichtssprache ist Englisch. Der Kurs beginnt im September 2021 und dauert bis August 2022. Die offizielle Anmeldeschluss ist der 31. Mai.