Ihre letzte Saison am Theater Basel läuft. Gibt es eine aktuelle Produktion, die Ihnen speziell am Herzen liegt?
In der vergangenen Saison habe ich meine letzte eigene Produktion kreiert. Sie läuft auch diese Saison. Es handelt sich um eine in der Schweiz bestens bekannte Geschichte. Heidi.
Als Ballett.
Eine Geschichte zu inszenieren, die in der Schweiz jede Generation kennt, ist wie den heiligen Gral anzutasten. Aber es fühlte sich gut an. Die Rolle der Heidi ist ein grossartiger «Katalyst». Sie bewirkt, dass wir das Beste in den Menschen sehen, dass wir das Beste in der Welt suchen – trotz all der vorhandenen Probleme.
Was ist speziell an der Inszenierung?
Wir haben uns entschieden, harte elektronische Musik mit traditioneller Musik zu verbinden, mit Glocken, Alphorn und Jodeln. Das haben die Menschen nicht erwartet.
Wie waren die Reaktionen?
Das Feedback war absolut wunderbar. Wir wurden zur Company of the Year gewählt. Es ist mein Stück, mit dem ich Adieu sage. Mit diesem bedanke ich mich bei all den wunderbaren Menschen, die ich in der Schweiz getroffen habe und die mir mit meiner Karriere geholfen haben. Und das Publikum reagierte mit einem Dank zurück.
In Basel hat man Sie mit einer Ehrentafel am Basler Walk of Fame neben Persönlichkeiten wie Roger Federer gewürdigt.
Das ist wirklich eine grosse Ehre.
Wie stark sind Sie mit Basel verbunden?
Ich habe die Schweizer Nationalität und bin Bürger von Basel. Auch nach meinem Abschied vom Theater Basel werde ich in Basel bleiben.
Sie sind auch Co-Präsident des Vorstands der Ballettschule Theater Basel (BTB).
Genau.
Zuvor haben sie sich bei SiWiC, einem Weiterbildungskurs in Choreographie engagiert und waren Jurypräsident der Migros-Stipendien für Tanz. Sie haben sich schon immer für den Nachwuchs eingesetzt?
Ja, auch aufgrund meiner eigenen Geschichte. Kennen Sie den Film Billy Elliot? Das ist eigentlich meine Geschichte. Ich stamme aus der Arbeiterklasse in England. Alle Menschen in meinem Umfeld arbeiteten in einer Kohlemine. Meine Berufswahl als Tänzer war nicht gerade akzeptiert. Es waren viele Stigmas damit verbunden. In meiner Jugend gab es aber zahlreiche Menschen, die für mich gesorgt haben. Sie haben mich ermutigt, mich vorangetrieben – es ist, so glaube ich, meine Pflicht, dies an die Jugend weiterzugeben. Ich will diese, meine Leidenschaft vermitteln. Das schulden wir unserer Jugend.
Deswegen engagieren Sie sich jetzt für die BTB?
Ich setze mich für die BTB ein, damit talentierte junge Tänzerinnen und Tänzer die Möglichkeit haben, von der wunderbaren Lehrerschaft zu lernen. Leider braucht die BTB aktuell zusätzliche finanzielle Unterstützung. Ich will mein Möglichstes tun und mich für die Finanzierung einsetzen. Basel kann stolz sein. Hier hat es so viele Talente in der Musiksparte, in der Architektur, im Design oder in der Mode. Wir brauchen auch für den Nachwuchs in der Tanzwelt gute Voraussetzungen.
Geld zu finden ist heute schwierig.
Klar. Es ist nie einfach. Es ist eine fortlaufende Arbeit. Aber Basel ist reich und grosszügig, nicht nur finanziell. Ich denke an die vielfältige Kultur, die unterschiedlichsten Museen oder die vielen Musikhäuser. Aber auch an den Fussball. Ich liebe den Fussball in Basel sehr. Der FCB hat einen Campus, um junge Talente zu formen. Das brauchen wir auch für den Tanz. Wir schicken unsere Kinder zum Tanzen, ein Instrument zu erlernen, Tennis oder Fussball zu spielen, und wir sollten dafür sorgen und sie anspornen, dass sie daraus einen Beruf machen können. Wir brauchen Talente. Und wir brauchen gute Ausbildungsmöglichkeiten für diese.
Haben Sie für die Finanzierung Stiftungen im Blick?
Ja. Wir sind offen für Stiftungen, Firmen und Einzelpersonen, die uns unterstützen wollen. Es ist eine einzigartige Möglichkeit, Teil dieser Förderung junger Talente zu sein. Wir brauchen aber auch die Unterstützung der Politik. Die Ausbildung der jungen Talente ist auf eine stabile Basis angewiesen, um die technischen Fertigkeiten des Berufs lehren zu können. Das gilt in der Tanzausbildung genauso wie für eine Mechaniker- und Anwaltsausbildung.
Sind Sie auch als Ballettdirektor direkt mit Stiftungen im Austausch?
Ja, und mit vielen anderen Organisationen.
Wie sieht der Austausch mit Stiftungen aus?
Es geht nicht nur um Geld. Der Austausch ist viel mehr. Mit der Stiftung Pro UKBB (Universitären-Kinderspital beider Basel) haben wir beispielsweise ein Projekt. Ich startete einen Tanzkurs für Kinder mit Amputationen. Das war unglaublich toll und erfolgreich. Ich hoffe, dass dieses Wissen und die Erfahrung aus solchen Projekten in anderen Stiftungen und Unternehmen genutzt werden können.
Haben Sie schon Projekte für die Zeit ab nächstem Sommer?
Ich habe viele Projekte, die lange gewartet haben, in den USA, in Japan und in Südkorea oder in Belfort. Dann habe ich natürlich auch mehr Zeit, um mich noch stärker für die BTB einzusetzen – und ich habe ein ganz neues E‑Bike, um mich fit zu halten.