Lebensmittel werden verschwendet. Überall auf der Welt. Das führt zu unnötigen CO2-Emissionen. In der Schweiz gehen rund ein Drittel aller essbaren Lebensmittel zwischen Acker und Teller verloren, schreibt das Bundesamt für Umwelt. Das sind 2,8 Millionen Tonnen pro Jahr, was ungefähr 330 Kilogramm vermeidbarem Lebensmittelverlust pro Person entspricht. Das ist erheblich. 28 Prozent des Schweizer Gesamtfussabdrucks kommt aus dem Ernährungssystem, ein Viertel ist auf vermeidbare Lebensmittelverluste zurückzuführen. Das Problem ist erkannt. Am 12. Mai 2022 haben Verbände und Unternehmen aus Handel, Gastronomie, verarbeitender Industrie und Landwirtschaft eine branchenübergreifende Vereinbarung zur Halbierung der Lebensmittelverluste bis 2030 unterzeichnet.
Ansatz private Haushalte
In der Lebensmittelkette fällt der grösste Anteil, nahezu 40 Prozent der Lebensmittelverluste, in den privaten Haushalten an. Und genau hier setzt Madame Frigo mit öffentlichen Kühlschränken an. Als Jana Huwyler, heute Präsidentin des Vereins, bei ihrer Arbeit in einem Luzerner Cateringunternehmen die Verschwendung überschüssiger Lebensmittel 1:1 erlebte, beschloss sie zu handeln. Kurzerhand gründete sie einen Verein. Das war 2014. Seither ist viel gegangen.
Einfach und effektiv
«Bring, was du zu Hause übrig hast, und nimm mit, was du noch verwenden kannst», erklärt Marilen Zosso, die heutige Geschäftsführerin, das Prinzip. Dabei gibt es keine Verpflichtung, etwas zu bringen, um etwas mitzunehmen. Im Gegenteil: Alle Lebensmittel im Frigo sollen neue Abnehmer:innen finden. Denn so wird die frühzeitige Entsorgung vermieden. Marilen Zosso betont: «Unsere Kühlschränke sind rund um die Uhr geöffnet und stehen allen Menschen kostenfrei zur Verfügung.» Die öffentlichen Kühlschränke von Madame Frigo ermöglichen es den Menschen, Lebensmittel zu tauschen und somit aktiv zur Verringerung von Food Waste beizutragen.
Und es funktioniert
Neben der nachhaltigen Möglichkeit, Lebensmittel zu teilen, tragen die Gemeinschaftskühlschränke zur Bewusstseinsbildung bei. Lebensmittel entsorgen sollte nicht einfach als normal empfunden werden. Erste Arbeiten von Studierenden der Universität Bern zeigen, dass die Kühlschränke genutzt werden. Im Durchschnitt werden pro Gerät und Tag rund 30 Lebensmittel getauscht, das entspricht vier Kilogramm geretteter Produkte täglich. Hochgerechnet sind das etwa 200 Tonnen gerettete Lebensmittel pro Jahr.
Viele helfen mit
Aktuell stehen 136 Kühlschränke in 15 Kantonen. Die Nachfrage ist steigend. «Jeden zweiten Tag erreicht uns eine Erstanfrage aus der Bevölkerung und etwa aus jeder fünften Anfrage entsteht ein neuer Standort», sagt Marilen Zosso. Drei bis zehn Freiwillige betreuen ein Gerät. Die Teams organisieren sich selbst und machen auch regelmässige Abholungen von Lebensmitteln. Die Freiwilligen kontrollieren ausserdem die Kühlschränke gemäss den kantonalen Richtlinien. Dabei prüfen sie die Lebensmittel und reinigen die Geräte. Eigenverantwortung ist das Stichwort.
Gemeinsam mehr Wirkung
Madame Frigo kooperiert aktiv mit unterschiedlichsten Organisationen, die sich für ein nachhaltiges Ernährungssystem engagieren. Dazu gehören Vereine wie foodwaste.ch, die Organisation Foodsharing, Ässbar sowie zahlreiche lokale Vereine und Initiativen. «Diese Zusammenarbeit stärkt die Wirkung des Projekts», freut sich die Geschäftsführerin. Das Projekt zeigt insgesamt, dass innovative und gemeinschaftsbasierte Ansätze wesentlich zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung in den privaten Haushalten beitragen können.