Bild: Open AI ChatGPT, zVg, Ceps

Die Gren­zen des Mitgefühls

Compassion Fade beschreibt eine Verringerung des Mitgefühls und der Bereitschaft zu helfen, wenn die Zahl der Leidenden steigt. Aber warum äussert sich dieses Phänomen und was kann man dagegen tun?

In einer Welt, in der man fast täglich von Nach­rich­ten über huma­ni­täre Krisen, Natur­ka­ta­stro­phen und Konflikte liest, zeigt sich ein inter­es­san­tes, aber auch beun­ru­hi­gen­des Phäno­men: Compas­sion Fade. Dieser Effekt beschreibt eine Verrin­ge­rung des Mitge­fühls und der Bereit­schaft zu helfen, wenn die Zahl der Leiden­den steigt. Aber warum äussert sich dieses Phäno­men und was kann man dage­gen tun?

Die Psycho­lo­gie hinter Compas­sion Fade

Eine abneh­mende Hilfs­be­reit­schaft bei zuneh­men­der Anzahl an Betrof­fe­nen scheint kontrain­tui­tiv. In der Forschung zu Compas­sion Fade gibt es dazu zwei domi­nante Erklä­rungs­an­sätze. Der erste Ansatz geht davon aus, dass es sich bei Compas­sion Fade um ein Bias handelt. Unter einem Bias versteht man in der Psycho­lo­gie eine syste­ma­ti­sche fehler­hafte Neigung beim Wahr­neh­men und Urtei­len. Laut diesem Erklä­rungs­an­satz berührt uns das Leid Weni­ger mehr als das Leid Vieler. Einzelne Schick­sale berüh­ren uns stär­ker, weil wir uns leich­ter mit einzel­nen Perso­nen iden­ti­fi­zie­ren und emotio­nale Verbin­dun­gen mit ihnen knüp­fen können. Sobald jedoch die Zahl der Betrof­fe­nen steigt, wird dies schwie­ri­ger und unser Mitge­fühl nimmt ab.

Der andere Erklä­rungs­an­satz geht davon aus, dass es sich bei Compas­sion Fade um eine Art Selbst­schutz handelt. Gros­ses Leid kann zu einem Gefühl der Über­wäl­ti­gung und Hilf­lo­sig­keit führen. Wir fragen uns unbe­wusst, ob unsere Hilfe über­haupt einen Unter­schied machen kann, und diese Zwei­fel können dazu führen, dass wir uns zurück­zie­hen, anstatt zu helfen.

Spen­den­su­chende Orga­ni­sa­tio­nen machen sich Compas­sion Fade durch­aus zu Nutzen. So werden auf Spen­den­auf­ru­fen oft nur weni­ger oder gar nur eine Person abge­bil­det, um ein möglichst gros­ses Mitge­fühl hervor­zu­ru­fen, welches eine Spende begüns­ti­gen soll.

Die Gren­zen von Compas­sion Fade

Laut neue­rer Forschung tritt Compas­sion Fade jedoch nicht auf, wenn ein direk­ter Vergleich von Spen­den­auf­ru­fen möglich ist. Ein solcher direk­ter Vergleich ist zum Beispiel auf Crowd­fun­ding Platt­for­men wie GoFundMe möglich. Diese Kampa­gnen unter­schei­den sich auch in der Anzahl Perso­nen, die von einer Spende profi­tie­ren. Am CEPS haben wir Spen­den­da­ten von rund 30’000 Crowd­fun­ding Projek­ten unter­sucht und getes­tet, wie sich die Anzahl der Begüns­tig­ten auf den Spen­den­er­folg auswirkt. Die Anzahl Perso­nen auf dem Profil­bild der Projekte diente dabei als Mass der Anzahl Begüns­tig­ten. Unsere Analy­sen zeig­ten, dass es tatsäch­lich einen posi­ti­ven Zusam­men­hang zwischen der Anzahl Perso­nen auf dem Profil­bild und dem Erfolg einer Kampa­gne gab.

Die Ergeb­nisse bestä­ti­gen also neuste Labor­stu­dien zu Compas­sion Fade die zeigen, dass sich der Effekt bei direk­tem Vergleich mehre­rer Projekte umkehrt. Spen­den­su­chende Orga­ni­sa­tio­nen müssen also gut über­le­gen, ob ihr Spen­den­auf­ruf in Isola­tion oder gleich­zei­tig mit ande­ren Spen­den­auf­ru­fen gese­hen wird. Denn Compas­sion Fade tritt nur in isolier­ter Betrach­tung von Spen­den­auf­ru­fen auf. Werden verschie­dene Spen­den­auf­rufe direkt mitein­an­der vergli­chen, erweckt grös­se­res Leid auch eine grös­sere Hilfsbereitschaft.

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