Psycho­lo­gi­sche Sicher­heit fördern mit «Beyond Leadership»

Die Arbeits­welt befin­det sich in einem tief­grei­fen­den Umbruch­pro­zess, der durch die Pande­mie beschleu­nigt wurde. Tradi­tio­nelle Struk­tu­ren, die auf Hier­ar­chien aufge­baut waren, sind nicht flexi­bel genug, um auf die zahl­rei­chen Verän­de­run­gen reagie­ren zu können. Sie werden immer mehr ersetzt durch Orga­ni­sa­tio­nen, die auf Koope­ra­tion bauen.

Einer der wich­tigs­ten Erfolgs­fak­to­ren ist dabei die psycho­lo­gi­sche Sicher­heit, d. h. eine Haltung inner­halb der Teams, die es den Mitglie­dern erlaubt, sich einzu­brin­gen und sich frei zu äussern, ohne nega­tive Reak­tio­nen seitens der Vorge­setz­ten und der ande­ren Team­mit­glie­der befürch­ten zu müssen. Es ist deswe­gen nicht ganz über­ra­schend, dass Prof. Amy Edmond­son von der Harvard Busi­ness School, die das Konzept der Psycho­lo­gi­schen Sicher­heit entwi­ckelt hat, 2021 auf Platz 1 der 50 global wich­tigs­ten Vordenker:innen im Manage­ment gewählt wurde. Beim Aufbau von psycho­lo­gi­scher Sicher­heit setzt das Konzept «Beyond Leader­ship» an, das als Zusam­men­ar­beits­me­thode den Umgang auf Augen­höhe im Team beson­ders stark fördert. Die drei zentra­len Trei­ber von psycho­lo­gi­scher Sicher­heit, Respekt, Vertrauen und Wert­schät­zung, sind deswe­gen auch die Kern­ele­mente von Beyond Leadership.

Struk­tu­rierte Abfolge von Kleingruppenübungen

Die Anwen­dung von Beyond Leader­ship erfolgt in einer struk­tu­rier­ten Abfolge von Klein­grup­pen­übun­gen, die darauf abzie­len, die Werte und Haltun­gen sowohl der einzel­nen Teil­neh­men­den als auch der Gesamt­gruppe trans­pa­rent und erleb­bar zu machen. Zunächst werden die Teil­neh­men­den in Zwei­er­grup­pen aufge­teilt und dann wird eine Frage gestellt, die von allen Zwei­er­grup­pen indi­vi­du­ell, aber paral­lel zuein­an­der bear­bei­tet wird. 

Zuhö­ren und acht­sa­mes, wert­schät­zen­des Feedback

Eine der beiden Perso­nen beginnt und erhält zwei Minu­ten Zeit, um sich zu der gestell­ten Frage zu äussern. Die andere Person muss während dieser zwei Minu­ten unbe­dingt schwei­gen und sich auf das Zuhö­ren konzen­trie­ren, denn direkt anschlies­send hat die zweite Person, die zuge­hört hat, eine Minute lang Zeit, der ersten Person posi­ti­ves, acht­sa­mes und wert­schät­zen­des Feed­back zu geben. Kritik ist nicht erlaubt, auch wenn sie noch so konstruk­tiv gemeint ist. Nach dem Feed­back erhält die zweite Person ebenso zwei Minu­ten, um die glei­che Frage zu beant­wor­ten, und danach erhält sie von der ersten Person in glei­cher Weise posi­ti­ves, acht­sa­mes und wert­schät­zen­des Feedback.

Wer bin ich und warum bin ich hier?

Die Frage in der ersten Runde, die «Connect» genannt wird, lautet: «Wer bin ich und warum bin ich hier?» Es geht um die eige­nen Werte, was mir beson­ders wich­tig ist, wofür ich mich persön­lich einsetze und woran mein Herz hängt. In einer mögli­chen zwei­ten Runde werden die gemein­sa­men Werte der Gruppe ange­spro­chen, es geht um die Frage: «Wer sind wir und was ist uns gemein­sam wich­tig?» In weite­ren Runden könn­ten eine gemein­same Vision oder eine Problem­lö­sung entwi­ckelt sowie die entwi­ckel­ten Ideen in ein konkre­tes Commit­ment über­tra­gen werden. Wich­tig ist, dass alle Runden nach dem glei­chen Schema eines sehr aufmerk­sa­men Zuhö­rens und eines ausschliess­lich wert­schät­zen­den Feed­backs ablaufen.

Starke Wirkung

Teil­neh­mende an Beyond-Leader­ship-Work­shops beto­nen die verblüf­fend starke Wirkung der wert­schät­zen­den Dialoge. Viele stel­len fest, dass sie ihren Gesprächs­part­ner in den sechs Minu­ten der Übung «Connect» besser kennen­ge­lernt haben als in mehre­ren Jahren der Zusam­men­ar­beit in der glei­chen Firma. Dieses vertiefte Kennen­ler­nen unter­stützt die Koope­ra­tion zwischen Menschen auf einer gemein­sa­men Werte­ba­sis und das ist die entschei­dende Voraus­set­zung für das Gelin­gen von moder­nen Organisationen. 

Lite­ra­tur

  • Alves­son, M., Blom, M., & Svenings­son, S. (2017). Refle­xive leader­ship: Orga­ni­zing in an imper­fect world. Thousand Oaks: SAGE Publications;
  • Creary, S. J. Caza, B. B. & Roberts, L. M. (2015). Out of the box? How mana­ging a subordinate’s multi­ple iden­ti­ties affects the quality of a mana­ger-subor­di­nate rela­ti­onship. In: Academy of Manage­ment Review, Vol. 40, No. 4, S. 538–562;
  • Edmond­son, A. (1999). Psycho­lo­gi­cal Safety and Lear­ning Beha­vior in Work Teams, Admi­nis­tra­tive Science Quar­terly, 1999, Vol. 44, No. 2, S. 350–383.
  • Edmond­son, A.C. & Dörf­fer, T. (2018). Selbst­ver­ständ­lich fehl­bar – Psycho­lo­gi­sche Sicher­heit als Erfolgs­fak­tor für High Performing Teams. Orga­ni­sa­ti­ons­Ent­wi­ckung 3/18, S. 19–23;
  • Laloux, F. (2015). Reinven­ting Orga­niza­ti­ons: Ein Leit­fa­den zur Gestal­tung sinn­stif­ten­der Formen der Zusam­men­ar­beit, Vahlen; 
  • Mölleney, M., Sachs, S. (2019). Beyond Leader­ship. SKV Verlag;
  • Wink­ler, B. (2016). Effek­tive Google-Teams. Orga­ni­sa­ti­ons­Ent­wick­lung, 1/16.

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