Wie wirkt sich das Nord-Süd-Gefälle auf die globale PhilÂanÂthroÂpie aus?
Gul Rukh Rahman: Bevor wir uns der DiskusÂsion über das Nord-Süd-Gefälle und seine AuswirÂkunÂgen auf die globale PhilÂanÂthroÂpie zuwenÂden, sollte man sich fragen, was globale PhilÂanÂthroÂpie ist. Handelt es sich dabei um grenzÂüberÂschreiÂtenÂdes privaÂtes SpenÂden innerÂhalb zweier ähnlich grosÂser VolksÂwirtÂschafÂten oder um private KapiÂtalÂströme vom globaÂlen Norden in den Süden. HierÂbei sind mit Norden die reichen IndusÂtrieÂlänÂder gemeint. Die DefiÂniÂtion zieht keine geograÂfiÂsche TrennÂliÂnie. Das Nord-Süd-Gefälle wirkt sich auf die globale PhilÂanÂthroÂpie in gleiÂcher Weise aus wie auf die globale PoliÂtik, SozioÂökoÂnoÂmie und KulturÂlandÂschaft. Die ungleiÂche und ungeÂrechte MachtÂdyÂnaÂmik zwischen dem Norden und dem Süden spieÂgelt sich in der globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie wider. Der Norden hat eine immense Kontrolle über die globale GestalÂtung der PoliÂtik. Diese wirkt sich direkt auf die Länder des Südens aus. Die globale PhilÂanÂthroÂpie kann daher nicht betrachÂtet werden, als würde sie ausserÂhalb der von BretÂton-Wood-InstiÂtuÂtioÂnen festÂgeÂlegÂten Normen agieren.
Wie soll sie denn betrachÂtet werden?
Wenn es in der Geschichte des Nord-Süd-GefälÂles um die KoloÂniÂalÂmacht und die koloÂniÂsierÂten Länder ging, dann hat sich dies in der GegenÂwart in der immer grösÂser werdenÂden WohlÂstandsÂkluft zwischen den BesitÂzenÂden und den BesitzÂloÂsen niederÂgeÂschlaÂgen. Dabei haben die BesitÂzenÂden enorm von der GlobaÂliÂsieÂrung, der SteuÂerÂverÂmeiÂdung, den Offshore-SteuÂerÂoaÂsen und den poliÂtiÂschen SysteÂmen profiÂtiert. Diese tragen dazu bei, diese UngleichÂheiÂten zu GunsÂten einiÂger weniÂger zu verfesÂtiÂgen. Die WohlÂhaÂbenÂden engaÂgieÂren sich in der PhilÂanÂthroÂpie – global und lokal – aus GrünÂden, die meiner Meinung nach nicht wirkÂlich altruÂisÂtisch sind.
Die globale PhilÂanÂthroÂpie ist ein SpieÂgel der WeltÂordÂnung. Es gibt keine RechenÂschaftsÂpflicht, keine TransÂpaÂrenz und keine RepräÂsenÂtaÂtion. Lokale KenntÂnisse und ZusamÂmenÂhänge werden abgeÂwerÂtet und die BegünsÂtigÂten werden in den meisÂten Fällen mit wenig Respekt behanÂdelt. Die Kultur der AbhänÂgigÂkeit, die sowohl durch die globale PhilÂanÂthroÂpie als auch durch die interÂnaÂtioÂnale EntwickÂlung geschafÂfen wird, ist einer der Gründe dafür, dass das Nord-Süd-Gefälle die MachtÂdyÂnaÂmik verstärkt.
Die globale PhilÂanÂthroÂpie ist ein SpieÂgel der WeltÂordÂnung. Es gibt keine RechenÂschaftsÂpflicht, keine TransÂpaÂrenz und keine Repräsentation.
Gul Rukh Rahman
Hat jemals jemand die USA, das VereiÂnigte KönigÂreich und ihre VerbünÂdeÂten für die ZerstöÂrung des Irak und den Verlust von MillioÂnen von MenschenÂleÂben zur RechenÂschaft gezoÂgen, von denen wir wissen, dass es sich um einen Krieg handelte, der auf gefälschÂten BeweiÂsen beruhte? Nein. Aber der Westen oder die Länder des Nordens werden gerne lähmende SankÂtioÂnen gegen ein Land verhänÂgen, wenn sie sich durch dessen Handeln angeÂgrifÂfen fühlen.
Und was heisst das für die globale Philanthropie?
Eine ähnliÂche MachtÂdyÂnaÂmik können wir in der globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie beobÂachÂten. Gibt es InstruÂmente, mit denen die private globale PhilÂanÂthroÂpie und PhilÂanÂthroÂpen zur RechenÂschaft gezoÂgen werden können für die ZerstöÂrung, die ihre ExpeÂriÂmente verurÂsaÂchen oder verurÂsaÂchen können? Mir sind keine bekannt.
AusserÂdem ist die Gates-StifÂtung der grösste private philÂanÂthroÂpiÂsche Akteur in der afriÂkaÂniÂschen LandÂwirtÂschaft. Auch wenn ihre Programme den Menschen auch Gutes gebracht haben mag, so haben sie den KleinÂbauÂern doch auch immensen SchaÂden zugeÂfügt. Hat jemand oder kann jemand eine StifÂtung dieser Grösse zur RechenÂschaft ziehen? Die Antwort lautet Nein.
In vielen Fällen arbeiÂten grosse philÂanÂthroÂpiÂsche Akteure mit dem Segen der lokaÂlen RegieÂrunÂgen. Wie wir wissen sind diese RegieÂrunÂgen in der Regel schwach, korrupt und diktaÂtoÂrisch. Die MachtÂdyÂnaÂmik zwischen Nord und Süd bestimmt, wer die poliÂtiÂschen, soziaÂlen, wirtÂschaftÂliÂchen und philÂanÂthroÂpiÂschen AgenÂden vorantreibt.
Das heisst, auch in globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie zeigt sich das Machtgefälle?
Die globale PhilÂanÂthroÂpie schafft ähnliÂche AbhänÂgigÂkeiÂten wie die interÂnaÂtioÂnale Hilfe und der interÂnaÂtioÂnale EntwickÂlungsÂsekÂtor. An sich ist an der globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie nichts auszuÂsetÂzen. Jedoch es ist es höchst bedenkÂlich, dass alle EntscheiÂdunÂgen in andeÂren Ländern als in der EmpfänÂgerÂgeÂmeinÂschaft, respekÂtive dem EmpfänÂgerÂland getrofÂfen werden; die tatsächÂliÂchen Ziele bleiÂben unklar.
Geht es bei diesen philÂanÂthroÂpiÂschen HandÂlunÂgen darum, das Image eines UnterÂnehÂmens aufzuÂpoÂlieÂren oder den guten Ruf einer EinzelÂperÂson, einer FamiÂlie oder eines UnterÂnehÂmens zu retten?
Der weisse-Retter-Komplex ist tief in der globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie verwurzelt.
Gul Rukh Rahman
Aufgrund der tiefen philÂanÂthroÂpiÂschen Taschen des Nordens und des Zugangs zu globaÂler finanÂziÂelÂler und poliÂtiÂscher Macht werden die lokaÂlen PhilÂanÂthroÂpen in vielen Fällen aus GespräÂchen herausÂgeÂdrängt, bei denen es eigentÂlich um ihre Länder, RegioÂnen, Städte und Menschen geht. Dieser Mangel an MitspraÂcheÂrecht oder, wie ich es nenne, die AbwerÂtung von lokaÂlem Wissen und Kontext ist ein weiteÂrer Ausdruck des Nord-Süd-GefälÂles. Um es unverÂblümt zu sagen: Der der weisse-Retter-Komplex ist tief in der globaÂlen PhilÂanÂthroÂpie verwurzelt.
Wie lässt sich dies ändern?
Dies ist eine längere DiskusÂsion, aber ich bin der Meinung, dass sich die globale PhilÂanÂthroÂpie im GegenÂsatz zum Nord-Süd-Gefälle und der damit verbunÂdeÂnen PoliÂtik auf der GrundÂlage von GleichÂheit und GleichÂbeÂrechÂtiÂgung neu kaliÂbrieÂren muss. Wir müssen auch aufhöÂren, die PhilÂanÂthroÂpie als eine Art NotlöÂsung zu betrachÂten, welche die Lücken füllt, in denen die RegieÂrunÂgen versagen.
Die PhilÂanÂthroÂpen vor Ort müssen sich stärÂker engaÂgieÂren und die Kontrolle über die Themen und EntscheiÂdunÂgen überÂnehÂmen, die sie und ihre Länder direkt betreffen.
Der globale Süden muss die BettelÂschale in der PhilÂanÂthroÂpie durchbrechen.
Kann grenzÂüberÂschreiÂtende PhilÂanÂthroÂpie auf lokaÂlen Ideen und ErwarÂtunÂgen beruÂhen, oder braucht sie ein überÂgreiÂfenÂdes, einheitÂliÂches Konzept?
GrenzÂüberÂschreiÂtende PhilÂanÂthroÂpie muss sich an den lokaÂlen BedürfÂnisÂsen orienÂtieÂren, die von der lokaÂlen GemeinÂschaft defiÂniert werden. Ein überÂgreiÂfenÂdes, einheitÂliÂches Konzept ist mögliÂcherÂweise nicht erforÂderÂlich, da kein Land und keine GemeinÂschaft gleich ist.
Was könnte der Reiz einer grenzÂüberÂschreiÂtenÂden PhilÂanÂthroÂpie sein?
Was die grenzÂüberÂschreiÂtende PhilÂanÂthroÂpie interÂesÂsant macht, ist die Frage, wer der InitiaÂtor ist und was seine InterÂesÂsen sind. Handelt es sich um ein UnterÂnehÂmen, das bestehende oder vermeintÂliÂche InterÂesÂsen auf dem VerbrauÂcherÂmarkt hat, oder ist es eine FamiÂlie, die in dieser Region oder diesem Land verwurÂzelt ist? PhilÂanÂthroÂpie exisÂtiert nicht in einem Silo. Die inhäÂrenÂten VerbinÂdunÂgen zu dem Land oder die MotiÂvaÂtioÂnen des Gebers bestimÂmen, wie tief er oder sie in die ErmittÂlung des lokaÂlen KontexÂtes und der BedürfÂnisse einsteigt.
Die ÜberÂeinÂstimÂmung der Werte und Ziele des Gebers und des EmpfänÂgers kann ebenÂfalls über Erfolg oder MissÂerfolg einer grenzÂüberÂschreiÂtenÂden InitiaÂtive entscheiÂden. Auch das Umfeld der PhilÂanÂthroÂpie wirkt sich auf das grenzÂüberÂschreiÂtende SpenÂden aus. So haben viele RegieÂrunÂgen in den letzÂten Jahren die VorschrifÂten für grenzÂüberÂschreiÂtende SpenÂden verschärft, so bspw. in Ungarn, der Türkei, Indien und andeÂren Ländern.
Wir dürfen auch nicht vergesÂsen, dass grenzÂüberÂschreiÂtende PhilÂanÂthroÂpie nicht immer gleich ist. Stammt die grenzÂüberÂschreiÂtende PhilÂanÂthroÂpie aus bestimmÂten Ländern wird sie mit viel mehr MissÂtrauen betrachÂtet. So werden beispielsÂweise philÂanÂthroÂpiÂsche Gelder aus Saudi-Arabien wegen der mögliÂchen VerbreiÂtung einer bestimmÂten reliÂgiöÂsen IdeoÂloÂgie mit Argwohn betrachte. Und die Arbeit der Soros-StifÂtung schürt in Ländern wie Ungarn BedenÂken wegen poliÂtiÂscher Einmischung.
GrenzÂüberÂschreiÂtende philÂanÂthroÂpiÂsche KoopeÂraÂtioÂnen brauÂchen sichere Räume oder PlattÂforÂmen für den Dialog, um die BedürfÂnisse besser zu versteÂhen und Wissen auszuÂtauÂschen. Diese Art der ZusamÂmenÂarÂbeit kann dazu beitraÂgen, die SDGs zu erreiÂchen. Sie birgt aber auch die Gefahr, die ohneÂhin schon überÂstraÂpaÂzierÂten PartÂnerÂschaftsÂmoÂdelle noch zusätzÂlich zu belasten.
Was versteÂhen Sie unter «FallÂschirm-PhilÂanÂthroÂpie»?
Abstrakt ausgeÂdrückt bedeuÂtet FallÂschirm-PhilÂanÂthroÂpie, dass eine philÂanÂthroÂpiÂsche FamiÂlie, eine StifÂtung, eine EinzelÂperÂson oder ein UnterÂnehÂmen entscheiÂdet, dass eine GemeinÂschaft in einem weit entfernÂten Land einen bestimmÂten Bedarf hat. Diese EinrichÂtung bemüht sich, diesen Bedarf zu decken. In der Regel macht die dies auf eine Art und Weise, die den BedürfÂnisÂsen der GemeinÂschaft nicht gerecht wird. Die GemeinÂschaft wird als nicht klug genug angeÂseÂhen, um zu wissen, welche BedürfÂnisse sie hat.
Konkret meine ich mit FallÂschirm-PhilÂanÂthroÂpie Ideen, Programme und Projekte, die vom globaÂlen Norden in den globaÂlen Süden getraÂgen werden, ohne die lokaÂlen GegeÂbenÂheiÂten zu berücksichtigen.
Können Sie ein konkreÂtes Beispiel nennen?
Nehmen Sie das Beispiel des Giving Pledge, über das in den Medien viel gesproÂchen und für das geworÂben wurde. Es handelt sich dabei um eine InitiaÂtive von Gates und Buffet. Sie fordert die ReichsÂten der Welt auf, einen Teil ihres VermöÂgens für philÂanÂthroÂpiÂsche Zwecke zu verwenÂden. Dabei präsenÂtiert sich das Duo selbst als VorbilÂder. Für einige mag es eine grossÂarÂtige Idee geweÂsen sein, zu einem weiteÂren EliteÂclub zu gehöÂren. In vielen Ländern wie Indien wurde dies jedoch nicht ebenso posiÂtiv aufgenommen.
Es wurde berichÂtet, dass einige der reichsÂten GeschäftsÂleute des Landes die TrefÂfen ignoÂrierÂten, als das Duo in Indien war. Andere wie Yusuf Hamied, VorsitÂzenÂder und GeschäftsÂfühÂrer des PharÂmaÂunÂterÂnehÂmens Cipla, äusserÂten sich offen kritisch.
Menschen geben einanÂder, ohne es als PhilÂanÂthroÂpie zu klassifizieren.
Gul Rukh Rahman
In den verschieÂdeÂnen KultuÂren wird PhilÂanÂthroÂpie unterÂschiedÂlich gehandÂhabt, und insbeÂsonÂdere reliÂgiös bedingte SpenÂdenÂprakÂtiÂken werden in der Regel nicht themaÂtiÂsiert. Wenn also führende westÂliÂche PhilÂanÂthroÂpen mit einer Idee auftauÂchen, die nicht Teil einer Kultur ist, dann ist es das, was ich mit FallÂschirm-PhilÂanÂthroÂpie meine.
Man kann viele verpasste ChanÂcen und verschwenÂdete RessourÂcen beobÂachÂten, wenn wohlÂmeiÂnende, aber schlecht inforÂmierte PhilÂanÂthroÂpen in einem Land landen, um die Retter zu spieÂlen. Dies hat neben andeÂren ProbleÂmen in der PhilÂanÂthroÂpie auch MissÂtrauen hervorgerufen.
Wie ist die DatenÂlage in SchwelÂlenÂlänÂdern und wie kann sie verbesÂsert werden?
Daten innerÂhalb der PhilÂanÂthroÂpie sind in SchwelÂlenÂlänÂdern nach wie vor begrenzt und manchÂmal schwer fassÂbar. Die ERFIP-StifÂtung Schweiz wurde gegrünÂdet, um zu versuÂchen, Daten dieser Märkte zu sammeln. Dies war eine der MöglichÂkeiÂten, die DatenÂlüÂcke dieser VolksÂwirtÂschafÂten zu schliessen.
Einer der Gründe für den Mangel an Daten ist, dass die PhilÂanÂthroÂpie nicht so profesÂsioÂnaÂliÂsiert ist wie etwa in den USA. Menschen geben von Herzen, ohne unbeÂdingt an WirkungsÂmesÂsung interÂesÂsiert zu sein. Es gibt viel horiÂzonÂtaÂles Geben. Menschen geben einanÂder, ohne es als PhilÂanÂthroÂpie zu klasÂsiÂfiÂzieÂren. Es ist PhilÂanÂthroÂpie der GemeinÂschaft und für die Gemeinschaft.
PhilÂanÂthroÂpie in grosÂsem Stil bleibt in SchwelÂlenÂlänÂdern immer noch persönÂlich. Wie wir wissen, befinÂden sich grosse UnterÂnehÂmen in diesen VolksÂwirtÂschafÂten weiterÂhin in FamiÂliÂenÂbeÂsitz. Es besteht das Risiko, dass man eingeÂstuft wird als jemand der mehr tut als die RegieÂrung. Daher gibt es ein inhäÂrenÂtes MissÂtrauen gegenÂüber dem System und es werden keine oder nur wenige Daten geteilt.
Wie kann die DatenÂlage verbesÂsert werden?
Eine einheitÂliÂche Methode zur VerbesÂseÂrung der DatenÂerÂheÂbung kann es nicht geben. Jedes Land ist einzigÂarÂtig und hat seine eigene Rechts- und SteuÂerÂpoÂliÂtik. Daher gibt es keine Methode, die für alle passen. Ich kann mich nicht dazu äussern, da die VeröfÂfentÂliÂchung von SpenÂdenÂzahÂlen für einige steuÂerÂliÂche AuswirÂkunÂgen haben kann oder für andere die VeröfÂfentÂliÂchung mögliÂcherÂweise gegen ihre reliÂgiöÂsen ÜberÂzeuÂgunÂgen verstösst.
Dies soll bitte nicht falsch verstanÂden werden. Wenn ich von steuÂerÂliÂchen AuswirÂkunÂgen spreÂche betrifft dies nicht nur Reiche aus SchwelÂlenÂlänÂdern. Im Norden ist die Nutzung von SteuÂerÂoaÂsen durch PhilÂanÂthroÂpen und UnterÂnehÂmen sowie andere PrakÂtiÂken zur SteuÂerÂmiÂniÂmieÂrung weit verbreiÂtet und üblich.
DatenÂmanÂgel, Nord-Süd-Gefälle: Wie fähig ist die westÂliÂche PhilÂanÂthroÂpie, auf regioÂnale VorstelÂlunÂgen einzuÂgeÂhen und das eigene VerständÂnis von PhilÂanÂthroÂpie anzupassen?
Ich denke, dass PhilÂanÂthroÂpie insgeÂsamt in der Lage ist, Probleme anzuÂgeÂhen. Aber sie muss auf einer gerechÂteÂren GrundÂlage stehen.
HerkömmÂliÂcherÂweise wird westÂliÂche PhilÂanÂthroÂpie so verstanÂden, dass Geld und Ideen aus dem Norden zielÂgeÂrichÂtet in SchwelÂlenÂlänÂder fliesÂsen. Es besteht ein grosÂser UnterÂschied zwischen der Art und Weise, wie ein westÂliÂcher PhilÂanÂthrop Probleme in einem der SchwelÂlenÂlänÂder wahrÂnimmt und versteht, und der Frage, wie ein EinheiÂmiÂscher die Probleme und potenÂziÂelÂlen LösunÂgen versteht.
Eine meiner eigeÂnen BeobÂachÂtunÂgen war, dass aufgrund der MachtÂdyÂnaÂmik der westÂliÂchen PhilÂanÂthroÂpie einige der besten und innoÂvaÂtivsÂten ArbeiÂten und LösunÂgen von GrassÂroots-BeweÂgunÂgen ignoÂriert werden. Wenn die PhilÂanÂthroÂpie aus dem Norden besser gerüsÂtet und effiÂziÂenÂter auf regioÂnale Probleme reagieÂren will, braucht es Verhaltensänderungen.
Lokale Anker und lokale PhilÂanÂthroÂpen entscheiÂden über eine erfolgÂreiÂche UmsetÂzung oder nicht. TypiÂscherÂweise posiÂtioÂniert sich ein einzelÂner PhilÂanÂthrop oder eine StifÂtung als Experte und entscheiÂdet, was am besten ist. Ich werde jedoch auf den Begriff der PariÂtät und GerechÂtigÂkeit zwischen westÂliÂchen PhilÂanÂthroÂpen und ihren regioÂnaÂlen oder lokaÂlen KolleÂgen zurückkommen.
Was muss geschehen?
Es besteht eine tiefere NotwenÂdigÂkeit, die philÂanÂthroÂpiÂsche DenkÂweise zu dekoÂloÂniÂsieÂren. Diese VorstelÂlung, dass die westÂliÂche PhilÂanÂthroÂpie es am besten weiss, weil sie Zugang zu mehr Forschung oder Zugang zu besseÂren Daten und tiefeÂren Taschen hat, ist bis zu einem gewisÂsen Grad richtig.
Die wichÂtigste Frage, die wir uns meines ErachÂtens stelÂlen müssen, lautet: Was sind die sozioÂökoÂnoÂmiÂschen und poliÂtiÂschen RahmenÂbeÂdinÂgunÂgen, die die UngleichÂheiÂten weiterÂhin nähren, und wie können sie behoÂben werden? Denn diese RahmenÂbeÂdinÂgunÂgen schafÂfen das BedürfÂniss für globale PhilÂanÂthroÂpie, für die AbhänÂgigÂkeitsÂkulÂtur und die Bettelschale.
Kann PhilÂanÂthroÂpie zwischen SchwelÂlen- und WestÂlänÂdern gleichÂbeÂrechÂtigt stattÂfinÂden, solange ein grosÂses WohlÂstandsÂgeÂfälle besteht – oder kann sie womögÂlich eine VorreiÂterÂrolle einnehmen?
Meiner Meinung nach kann die PhilÂanÂthroÂpie zwischen SchwelÂlenÂlänÂdern und westÂliÂchen Ländern nicht gleichÂbeÂrechÂtigt sein. Dies hat mehrere Gründe, einschliessÂlich des massiÂven WohlÂstandsÂgeÂfälÂles. WirtÂschaftÂlich benachÂteiÂligte Länder, deren inefÂfiÂziÂente und inefÂfekÂtive RegieÂrunÂgen oft von westÂliÂchen Ländern unterÂstützt werden, sind nicht in der Lage, ihren «wirtÂschaftÂliÂchen Herren» in irgendÂeiÂner Hinsicht, einschliessÂlich der PhilÂanÂthroÂpie, gleichÂbeÂrechÂtigte PartÂner zu sein.
Desmond Tutu, der grosse südafriÂkaÂniÂsche angliÂkaÂniÂsche Bischof und Anti-ApartÂheid-KämpÂfer, sprach einmal über das Konzept der NeutraÂliÂtät und bezeichÂnete UnterÂdrüÂcker und UnterÂdrückÂten als Elefant und Maus. Ich werde die gleiÂche AnaloÂgie einer Maus und eines ElefanÂten verwenÂden und fragen, ob irgendÂwer jemals eine Maus und einen ElefanÂten als gleichÂwerÂtig eingeÂstuft hat?
Dieses maniÂpuÂlierte Spiel um Macht und Geld muss sich ändern.
Gul Rukh Rahman
Viele westÂliÂche Länder waren ehemaÂlige koloÂniale BesatÂzer und üben weiterÂhin poliÂtiÂschen, wirtÂschaftÂliÂchen und soziaÂlen Einfluss auf ihre früheÂren KoloÂnien aus. Ich bin frusÂtriert darüber, dass es in den SchwelÂlenÂlänÂdern grossÂarÂtige PhilÂanÂthroÂpen gibt, die aber weder die AnerÂkenÂnung noch von den Medien die PlattÂform erhalÂten, die sie verdienen.
Dieses maniÂpuÂlierte Spiel um Macht und Geld muss sich ändern. Es braucht einen ParaÂdigÂmenÂwechÂsel in der Art und Weise, wie PhilÂanÂthroÂpie aus dem globaÂlen Süden und dem Norden an- und wahrÂgeÂnomÂmen wird. Das bedeuÂtet, dass PhilÂanÂthroÂpie und PhilÂanÂthroÂpen aus dem Süden den Respekt erhalÂten, den sie verdieÂnen. DiejeÂniÂgen müssen zurückÂgeÂdrängt werden, die die PhilÂanÂthroÂpie als InstruÂment benutÂzen, um sich im Westen zu profilieren.
PhilÂanÂthroÂpie kann eine VorreiÂterÂrolle einnehÂmen und hat dies auch getan. Ich werde jedoch auf meine anfängÂliÂche BehaupÂtung zurückÂkomÂmen, dass philÂanÂthroÂpiÂsche KapiÂtal- oder IdeenÂströme von Nord nach Süd das alte koloÂniale Herr-SklaÂven-Denken wieder verstärken.
Ein RückÂfall in alte Strukturen?
Da die westÂliÂchen poliÂtiÂschen Mächte die StrukÂtuÂren geschafÂfen haben, die das menschÂliÂche Elend fortÂbeÂstehen lassen, muss sich insbeÂsonÂdere die PhilÂanÂthroÂpie des Nordens mit den zugrunÂdeÂlieÂgenÂden UrsaÂchen befasÂsen und versuÂchen, diese in PartÂnerÂschaft mit ihren KolleÂgen im Süden anzugehen.
Wir müssen innoÂvaÂtiv an die PhilÂanÂthroÂpie heranÂgeÂhen und mögliÂcherÂweise neue Systeme und Wege des Gebens und Nehmens entwiÂckeln. Dies sind unbeÂqueme GespräÂche über maniÂpuÂlierte Systeme, kaputte Ansätze und ungleiÂche PhilÂanÂthroÂpie. Wir brauÂchen innoÂvaÂtiÂves Denken, um das alles zu ändern.
DAS StraÂteÂgic and OperaÂtioÂnal PhilÂanÂthropy
Module 9 – InterÂacÂtion with regioÂnal philÂanÂthroÂpic realiÂties
SpeaÂker: Gul RUKH RAHMAN, DirecÂtor, EmpoweÂring FamiÂlies for InnoÂvaÂtive PhilÂanÂthropy (ERFIP) Foundation
Das DAS wurde von der UNIGE entwiÂckelt und gemeinÂsam mit dem Geneva Centre for PhilÂanÂthropy GCP, dem Geneva Finance ReseÂarch InstiÂtute GFRI und GenevenÂsis CommuÂniÂcaÂtiÂons entwiÂckelt.
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