Bild: Ricardo Gomez

Gute Absich­ten sind nicht genug

Über unbeabsichtigte negative Folgen der Förderung und wie sie verhindert werden können

Förder­bei­träge gehen immer mit guten Absich­ten einher. Dabei darf jedoch nicht verges­sen gehen, dass eine Förde­rung auch nega­tive Folgen haben kann. Denn jeder noch so kleine Förder­bei­trag löst Signale aus. Jeder Beitrag bedeu­tet einen Eingriff in eine bestehende Konstel­la­tion. Will eine Stif­tung nach­hal­tig fördern, macht sie sich Gedan­ken über die Folgen ihrer Förde­rung und dazu, wie es nach Abschluss der Förde­rung mit dem Projekt weiter­geht. Kann die geför­derte Orga­ni­sa­tion das Projekt selber weiter­füh­ren? Soll sie eine Träger­schaft aufbauen? Oder soll der Staat einsprin­gen? Letz­te­res machen Kriti­ker den Förder­stif­tun­gen gerne zum Vorwurf: Sie schie­ben ein teures Projekt an, welches dann «too big to fail» ist und vom Staat über­nom­men werden muss.

Gebun­dene Förder­gel­der bei den Kanto­nen für stif­tungs­ei­gene Museen
Das meiner Ansicht nach folgen­schwerste Beispiel für unbe­ab­sich­tigte nega­tive Folgen sind die stif­tungs­ei­ge­nen Museen. Lassen Sie mich dieses Beispiel etwas ausfüh­ren: Ende des letz­ten Jahr­hun­derts explo­dierte die Zahl der Museen in der Schweiz regel­recht und stieg von rund 500 auf heute 1100. Sage und schreibe die Hälfte dieser neuen Museen wurde von priva­ten Stif­tun­gen gegrün­det. Wie sieht die Finan­zie­rung dieser Museen heute aus? Nur bei 160 der 310 stif­tungs­ei­ge­nen Museen sind Stif­tun­gen die Haupt­fi­nan­zie­rungs­trä­ger. Bei den ande­ren ist es – rich­tig gera­ten – der Staat. Für diesen ist es (poli­tisch) fast unmög­lich, ein Museum, welches dazu beiträgt, das Kultur­erbe zu pfle­gen und zu vermit­teln und somit frag­los seine Daseins­be­rech­ti­gung hat, einfach ster­ben zu lassen. Doch mit welcher Konse­quenz? Heute sind bei jenen Kanto­nen, welche über mehrere Museen verfü­gen, ein Gross­teil der Förder­mit­tel gebun­den an Betriebs­kos­ten von Museen. Da bleibt wenig Raum für Neues. Zum Glück flacht die Kurve der Muse­ums­grün­dun­gen wieder ab. Doch der Staat wird noch lange tragen an den kurz­sich­ti­gen Museumsgründungen.

Müssen es immer neue Tanz­pro­duk­tio­nen sein?
Auch bei Förder­pro­jek­ten mit weni­ger weit reichen­den Konse­quen­zen sind Förder­stif­tun­gen gut bera­ten, die Folgen ihrer Förde­rung einzu­schät­zen. Hierzu ein Beispiel aus der Tanz­för­de­rung. Die meis­ten Förder­stif­tun­gen wollen neue Tanz­pro­duk­tio­nen unter­stüt­zen. Das führt dazu, dass Tanz­schaf­fende in eine Art «Produk­ti­ons­zwang» gera­ten, denn nur so gelan­gen sie an die exis­tenz­si­chern­den Förder­mit­tel. Die Konse­quenz: In der Schweiz werden jähr­lich über­pro­por­tio­nal viele Produk­tio­nen geschaf­fen, denen dann aber die Mittel für eine Tour­nee fehlen und die somit kaum zur Auffüh­rung gelangen.

Kontext verschaf­fen
Wie nun können Förder­stif­tun­gen diese Fall­stri­cke umge­hen? Indem sie sich ein Bild des Kontex­tes verschaf­fen, in welchem sie fördern. Ohne Kennt­nisse der Zusam­men­hänge, der Heraus­for­de­run­gen und der Bedarfe geht es kaum. Ein vorgän­gi­ger Dialog mit den invol­vier­ten Stake­hol­dern, darun­ter auch mit staat­li­chen Stel­len, kann Klar­heit schaf­fen über den tatsäch­li­chen Bedarf. Eine Inves­ti­tion in diese Infor­ma­tio­nen lohnt sich unbe­dingt. Nur auf dieser soli­den Grund­lage können Stif­tun­gen einschät­zen, wie sie ihre Mittel am Sinn­volls­ten einset­zen. Um den Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fungs­auf­wand in Gren­zen zu halten, empfiehlt es sich, inner­halb des Förder­zwecks Schwer­punkte zu schaf­fen, so dass sich die Stif­tung nicht jedes Mal in ein neues Thema einar­bei­ten muss. Auf diese Art kann eine Förder­stif­tung verant­wor­tungs­be­wusst und nach­hal­tig agie­ren, im Wissen darum, nicht an der gesell­schaft­li­chen Reali­tät vorbeizufördern.

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