Herkömmliche Fördermodelle erzielen oft nicht die gewünschte nachhaltige und systemische Wirkung. Doch was sind die Alternativen? Der aussenpolitische Think-Tank foraus testet in einem Förderkonsortium die Wirkung kollaborativer Förderung und mehrjähriger Kernfinanzierung.
Das Modell bilateraler Projektförderung mit oft relativ tiefen Volumen, kurzen Zeithorizonten, fixen quantitativen und quantifizierbaren Resultaten sowie viel Bürokratie für Anträge und Berichte ist in der Schweiz nach wie vor der Normalfall. Dies gründet auf dem Wunsch nach Transparenz und Effizienz (jeder Franken geht ins Projekt) oder nach Kausalität und Attribution (unser Beitrag hat dieses Projekt bewirkt).
Um Neues zu lancieren, funktioniert diese Projektlogik relativ gut. Gleichzeitig bedeutet dies aber für bestehende zivilgesellschaftliche Akteure wie den aussenpolitischen Think-Tank foraus, dass sie signifikante Ressourcen in immer neue Projektanträge und ‑administration stecken müssen – statt sie strategisch, flexibel und effektiv für Impact in ihrem Kerngeschäft einsetzen zu können.
Alternativen für systemischen Impact
Wenn wir also von einem nachhaltigen und systemischen Impact sprechen, müssen wir die Finanzierungslogik dahinter beachten. Es gibt bereits viele Studien, welche alternative Fördermodelle beschreiben. Drei Elemente stechen dabei hervor: erstens, ein Wandel von kurzfristiger Projektfinanzierung hin zu langfristiger Kernfinanzierung von System Change Actors. Dazu gehören insbesondere Think-Tanks und Social Innovation Labs. Zweitens, ein Wandel von linearem hin zu agilem und systemischem Denken. Und drittens, ein Wandel von bilateraler hin zu kollaborativer Förderung. Doch wie könnte dies konkret in der Praxis aussehen?
Eine Gruppe von Förderfonds und Stiftungen – darunter die arcas foundation, die Emil und Rosa Richterich-Beck Stiftung, der Migros-Pionierfonds, die Stiftung Mercator Schweiz und weitere – haben sich entschlossen, diese Konzepte zu testen. Als Förderkonsortium unterstützen sie foraus seit 2021 gemeinsam mit Kernfinanzierung über fünf Jahre.
Das foraus-Förderkonsortium
Ein Förderkonsortium bedeutet mehr als nur das Zusammenführen von Fördergeldern: foraus und die teils sehr unterschiedlichen Förderinstitutionen mussten sich erst auf ein gemeinsames Verständnis dieses Unterfangens einigen. Dazu gehören nicht nur Aspekte wie eine gemeinsame Wirkungsdefinition und Reportingprozesse, sondern auch die interne Gouvernanz des Konsortiums, die externe Kommunikation etc. Die Ziele werden zusammen mit den Förderern regelmässig evaluiert und gegebenenfalls angepasst.
Für uns sind bereits nach einem Jahr drei positive Effekte dieses neuen Fördermodells spürbar:
- Fokus auf unser Kerngeschäft als aussenpolitische Freiwilligenorganisation. Statt zur Sicherung des Überlebens die Energie auf viele kleine Projekte verteilen zu müssen, können wir uns jetzt die Frage stellen: Mit welchen Aktivitäten erzeugen wir am meisten Hebelwirkung?
- Kontinuität über einen längeren Planungshorizont. Dies ist besonders wichtig für unsere Mitarbeitenden. Bisher konnten wir diese oft nur mit projektbasierten Verträgen auf kurze Dauer anstellen. Diese tollen Menschen, ihr Know-how und ihre Netzwerke können uns so besser erhalten bleiben.
- Raum für strategische Organisationsentwicklung. Statt Projektziele evaluieren wir nun periodisch unseren Impact als Organisation. Dies erlaubt es uns, institutionelle Lernprozesse zu etablieren und unsere Strategie flexibel anzupassen.
Den Mitgliedern des Konsortiums und foraus ist es ein wichtiges Anliegen, das generierte Wissen mit der Stiftungswelt zu teilen, um so das Modell der Kernfinanzierung niederschwellig reproduzierbar zu machen. Wir freuen uns, wenn sich weitere Stiftungen diesem gemeinsamen Lernprozess anschliessen.
Zum Think-Tank
foraus engagiert sich seit zwölf Jahren für einen konstruktiven aussenpolitischen Dialog. Mit seinem Freiwilligenmodell bietet der gemeinnützige Verein jungen Denkerinnen und Denkern sowie der breiten Öffentlichkeit eine Plattform, um gemeinsam Lösungsansätze für internationale Herausforderungen zu entwickeln und in die Politik einzubringen. Mit seinem Netzwerk von Jugendlichen bis hin zu Entscheidungsträgern und ‑trägerinnen – über Partei‑, Sektor‑, Sprach- und Landesgrenzen hinweg – sowie der Fähigkeit, diverse Akteure in innovativen Partizipationsprozessen zusammenzubringen, ist foraus ein Beispiel eines System Change Actors.