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«Wir und die ande­ren»: Die Schweiz ist emotio­nal polarisiert

70 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung ist der Meinung, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft abgenommen hat. Gleichzeitig ist das Vertrauen in die Politik und insbesondere die Medien gering. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie von Pro Futuris und der Stiftung Mercator Schweiz.

Wie steht es um die Pola­ri­sie­rung in der Schweiz? Dieser Frage gingen der Think+Do Tank der Schwei­ze­ri­schen Gemein­nüt­zi­gen Gesell­schaft (SGG) Pro Futu­ris und die Stif­tung Merca­tor Schweiz in einer reprä­sen­ta­ti­ven Unter­su­chung nach. Die Ergeb­nisse der Studie zeigen, dass bestimmte poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Grup­pen auf erheb­li­che Anti­pa­thien stos­sen. Beson­ders kritisch bewer­tet werden Klimaaktivist:innen, Pandemie-Massnahmengegner:innen, Asylbewerber:innen. Streng­gläu­bige, sehr reiche Perso­nen sowie non-binäre Menschen. «Wer poli­tisch fordernd auftritt oder von gesell­schaft­li­chen Normen abweicht, stösst in der Schweiz auf deut­li­che Vorbe­halte», fasst Co-Autorin Isabel Schuler von Pro Futu­ris die Ergeb­nisse zusam­men. Ein Mangel an Kontak­ten zu Perso­nen aus ande­ren Schich­ten stei­gere die Vorbe­halte zusätz­lich. Die Umfrage zeige, dass Wähler:innen aus dem rech­ten Lager dem linken Lager weni­ger Sympa­thien entge­gen­brin­gen als umge­kehrt. Die Studie liefere damit keine Hinweise darauf, dass linke Wähler:innen grund­sätz­lich into­le­ran­ter seien als rechte, obwohl das in der öffent­li­che Debatte immer wieder behaup­tet werde. 

Die Studie zeigt zudem eine wider­sprüch­li­che Haltung der SVP-Wähler­schaft auf: Sie äussert über­durch­schnitt­lich starke Anti­pa­thien gegen­über bestimm­ten Grup­pen. Zugleich sorgt sie sich aber am stärks­ten um den Zusam­men­halt und beklagt den Verlust gemein­sa­mer Werte. Diese Wider­sprüch­lich­keit könnte gemäss den Autor:innen darauf hindeu­ten, dass Pola­ri­sie­rung oft mit einem Gefühl des Verlusts verbun­den sei: «Wer das Gefühl hat, dass sich die Gesell­schaft zu stark verän­dert, könnte eher dazu neigen, bestimmte Grup­pen als Symbol dieses Wandels abzu­leh­nen», sagt Co-Autorin Flurina Wäspi von der Stif­tung Merca­tor Schweiz.

Wunsch nach Austausch 

70 Prozent der Befrag­ten der Ansicht sind, dass der gesell­schaft­li­che Zusam­men­halt in den vergan­ge­nen Jahren abge­nom­men habe. Dennoch erach­ten drei Vier­tel der Befrag­ten den Dialog mit poli­tisch Anders­den­ken­den für wert­voll. «Der Wunsch nach Dialog könnte eine Sehn­sucht nach mehr Zusam­men­halt wider­spie­geln – oder die Lust auf mehr Debat­ten», sagt Ivo Scher­rer, Projekt­lei­ter von Pro Futu­ris und Co-Autor der Studie. 

Während die Bevöl­ke­rung der Wissen­schaft, Justiz und Poli­zei hohes Vertrauen entge­gen­brin­gen, schnei­den die Poli­tik und vor allem die Medien deut­lich schlech­ter ab: Nur etwa 34 Prozent der Befrag­ten vertrauen dem Parla­ment stark oder sehr stark; beim Bundes­rat sind es gut 42 Prozent. Und ledig­lich 16,6 Prozent der Befrag­ten haben gros­ses Vertrauen in die Medien. Das sei alar­mie­rend, sagt Ivo Scher­rer: «Jour­na­lis­mus kann nur dann als vierte Gewalt wirken, wenn er das Vertrauen der Menschen geniesst.» Die Studie «Wir und die ande­ren: Anti­pa­thien und Sympa­thien in der Schwei­zer Bevöl­ke­rung» basiert auf einer reprä­sen­ta­ti­ven Umfrage, die im Juni 2024 in Zusam­men­ar­beit mit dem Kompe­tenz­zen­trum für Public Manage­ment der Univer­si­tät Bern unter 2573 Teil­neh­men­den durch­ge­führt wurde. 


Zur Studie

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