Andreas Kirchschläger, Geschäftsführer elea Foundation for Ethics in Globalization

Wir sind opti­mis­tisch, dass wir die kriti­sche Masse erreichen

Mit unternehmerischem Ansatz engagiert sich die elea Foundation for Ethics in Globalization in der Bekämpfung absoluter Armut. Geschäftsführer Andreas Kirchschläger erläutert, wie und warum elea den Impact-Investing-Ansatz gewählt hat. Und er zeigt sich optimistisch, dass es gelingt, Armut in signifikantem Masse zu reduzieren.

Was war Ihr Einstieg ins Thema Impact Investing?

Als wir unsere Zusam­men­ar­beit vor 17 Jahren began­nen, hatten die Grün­der von elea, Susanne und Peter Wuffli, den Stif­tungs­zweck bereits klar defi­niert: die globale Bekämp­fung abso­lu­ter Armut. Gemein­sam haben wir dann über­legt, wie wir diese Vision umset­zen können. Dazu beauf­trag­ten wir unter ande­rem ein globa­les Bera­tungs­un­ter­neh­men, welt­weit unter­schied­li­che Ansätze zu erhe­ben und auf deren Erfolg zu über­prü­fen. Die Ergeb­nisse dieser Studie wiesen klar darauf hin, dass unter­neh­me­ri­sche Rahmen­be­din­gun­gen und Lösungs­an­sätze am meis­ten Wirkung entfalten.

Das heisst, am Anfang war das Bestre­ben, die Armut zu bekämp­fen. Das Konzept Impact Inves­t­ing hat sich als bester Lösungs­an­satz präsentiert.

Das ist rich­tig. Am Anfang stand das Ziel: Wir wollen abso­lute Armut bekämp­fen und Menschen helfen, die mit einem durch­schnitt­li­chen Tages­ein­kom­men von unter drei Dollar leben müssen. Ebenso war uns klar, dass wir es nicht auch noch mit klas­si­scher Projekt­ar­beit versu­chen wollten.

Ebenso war uns klar, dass wir es nicht auch noch mit klas­si­scher Projekt­ar­beit versu­chen wollten.

Andreas Kirch­schlä­ger, Geschäfts­füh­rer elea Foun­da­tion for Ethics in Globalization

Was zeich­net den unter­neh­me­ri­schen Ansatz aus?

Unser Ansatz fördert den Aufbau von lokal veran­ker­ten Impact-Unter­neh­men, die lokale Probleme lösen. Diese schaf­fen für Menschen, die in Armut leben, Zugang zu Arbeits­plät­zen, Ausbil­dung, Märk­ten, Gütern, Dienst­leis­tun­gen oder Infra­struk­tur und verbes­sern damit deren Lebens­ver­hält­nisse mess­bar. Darüber hinaus sind diese Unter­neh­men im Erfolgs­fall in der Lage, ihr Wachs­tum und ihr Fort­be­stehen lang­fris­tig selbst zu finan­zie­ren. Sie sind im Unter­schied zu klas­si­schen Hilfs­pro­jek­ten nicht immer wieder auf neue finan­zi­elle Mittel ange­wie­sen. Und schliess­lich inves­tie­ren wir in Impact-Unternehmer:innen, die in den Dimen­sio­nen von Lebens­auf­ga­ben und Gene­ra­tio­nen denken, was ebenso entschei­dend zur Nach­hal­tig­keit des erziel­ten Impacts beiträgt. So zeigte auch die anfangs erwähnte Studie schon damals, dass in Ländern, welche die Rahmen­be­din­gun­gen für unter­neh­me­ri­sche Akti­vi­tä­ten verbes­ser­ten, die Armut mess­bar redu­ziert werden konnte.

Welche Länder waren das?

Einen gros­sen Rück­gang von Armut verzeich­nete damals zum Beispiel China. Es gab auch Länder in Latein­ame­rika, in denen bessere Rahmen­be­din­gun­gen zu wach­sen­der unter­neh­me­ri­scher Tätig­keit geführt hat, was auch dort die Armut zurück­ge­hen liess.

Was hat Sie am unter­neh­me­ri­schen Ansatz überzeugt?

Erstens waren es die volks­wirt­schaft­li­chen Daten der erwähn­ten Länder. Ein Blick in die Geschichte unse­rer Volks­wirt­schaf­ten zeigt zudem, dass Problem­lö­sun­gen, Fort­schritt und Inno­va­tion meist durch die Kombi­na­tion neuer Ideen und der Initia­tive von Unternehmer:innen möglich wurden. Diese waren bereit, die Ideen umzu­set­zen sowie Zeit, Ener­gie und eigene Mittel zu inves­tie­ren. Damit gingen sie auch Risi­ken ein. Zwei­tens erzeugt jede unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit externe Effekte. Diese gezielt in posi­ti­ven Impact umzu­wan­deln und in die stra­te­gi­sche Ausrich­tung eines Unter­neh­mens zu inte­grie­ren, erschien uns viel­ver­spre­chend. Und drit­tens wird Kapi­tal benö­tigt, um solche Unter­neh­men zu entwi­ckeln. Die Aussicht, als Investor:innen das einge­setzte Kapi­tal zurück­zu­er­hal­ten, um wieder neue Impact-Unter­neh­men finan­zie­ren zu können, war eben­falls ein über­zeu­gen­der Faktor.

Es war also ein Weg, den wir primär mit betriebs­wirt­schaft­li­chem Know-how gestar­tet haben.

Andreas Kirch­schlä­ger

Als Sie gestar­tet sind, gab es noch nicht einmal den Begriff Impact Inves­t­ing. Woher hatten Sie die Kompe­ten­zen, um in diesem Bereich tätig zu werden?

Wir haben auf Basis der unter­neh­me­ri­schen Kompe­ten­zen, die wir im elea-Team mitbrach­ten, begon­nen und erste Erfah­run­gen gesam­melt, insbe­son­dere in Bezug darauf, wie wir uns in unse­ren Ziel­län­dern bewe­gen. Gezielt haben wir klei­nere Projekte in Angriff genom­men und mit klas­si­schen Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen zusam­men­ge­ar­bei­tet – in Projek­ten, die eine unter­neh­me­ri­sche Ausrich­tung hatten. So woll­ten wir lernen, wie unter­neh­me­ri­sche Mecha­nis­men in uns unbe­kann­ten Kontex­ten funk­tio­nie­ren. Gleich­zei­tig began­nen wir, lokal veran­kerte Impact-Unter­neh­men zu suchen. Schritt für Schritt haben wir mehr inves­tiert und uns ganz auf Impact-Unter­neh­men fokus­siert. Es war also ein Weg, den wir primär mit betriebs­wirt­schaft­li­chem Know-how gestar­tet haben.

Wie war die Akzep­tanz der Entwick­lungs­or­ga­ni­sa­tio­nen für Ihren neuen Ansatz?

Grund­sätz­lich war die Offen­heit gross. Natür­lich gab es auch kriti­sche Stim­men, und nicht alle glaub­ten, dass unser Ansatz funk­tio­nie­ren würde. Dennoch führ­ten wir erfreu­lich offene Diskus­sio­nen, erhiel­ten sach­li­che Kritik und erleb­ten wenig ideo­lo­gi­sche Ausein­an­der­set­zun­gen. Wir behaup­ten ja auch nicht, dass unser Ansatz die Lösung für alle Probleme ist. Aber wir sehen, dass unter­neh­me­ri­sche Phil­an­thro­pie in bestimm­ten Berei­chen sehr ziel­füh­rend sein kann.

Wie ist die Situa­tion heute? Der Kanton Zürich will mit seiner Initia­tive Stif­tun­gen auch mehr unter­neh­me­ri­sche Ansätze ermöglichen?

Wir beob­ach­ten eine zuneh­mende Nach­frage seitens ande­rer Stif­tun­gen, die sich inten­si­ver mit Impact Inves­t­ing zur Förde­rung unter­neh­me­ri­scher Modelle ausein­an­der­set­zen. Die neue Rege­lung der Steu­er­be­hörde zu diesem Thema ist ein wich­ti­ges Signal, das es Stif­tun­gen nun ermög­licht, im Erfolgs­fall auch Kapi­tal zurück­zu­er­hal­ten und zu reinves­tie­ren, was lange als Tabu galt. Wir sehen mit Freude, dass hier ein Wandel im Gange ist. Klar ist jedoch auch: Phil­an­thro­pi­sches Impact Inves­t­ing stellt eine völlig andere Förder­form dar als klas­si­sche Verga­be­mo­delle und erfor­dert entspre­chend auch andere Kompe­ten­zen im Stiftungsteam.

Das erfreu­lich hohe Inter­esse spie­gelt die unter­schied­li­chen Perspek­ti­ven auf Nach­hal­tig­keit und Impact wider.

Andreas Kirch­schlä­ger

Sie enga­gie­ren sich selbst an der Univer­si­tät St. Gallen und am IMD in Lausanne. Welche Rolle spielt Impact Inves­t­ing in der Lehre und Forschung?

Das erfreu­lich hohe Inter­esse spie­gelt die unter­schied­li­chen Perspek­ti­ven auf Nach­hal­tig­keit und Impact wider. Der Sektor ist noch jung, und Vieles muss sich erst entwi­ckeln. Oft fehlen Daten. Deshalb arbei­ten wir eng mit Univer­si­tä­ten zusam­men, um die Daten, die durch unser Arbeit entste­hen, nutz­bar zu machen und unse­ren Ansatz wissen­schaft­lich zu vertie­fen. Zum Beispiel fallen unter den Begriff Impact Inves­t­ing zur Zeit viele unter­schied­li­che Akti­vi­tä­ten, die es einzu­ord­nen sowie gezielt zu akzen­tu­ie­ren gilt.

Sie bekämp­fen eine grosse gesell­schaft­li­che Heraus­for­de­rung. Wie realis­tisch erach­ten Sie es, mit Ihrem Ansatz die Armut in rele­van­tem Masse einzudämmen?

Wir sind über­zeugt, dass die Summe klei­ner Schritte einen gros­sen Beitrag zur Armuts­be­kämp­fung leis­ten kann. Wir sehen, dass unser Ansatz funk­tio­niert und empfeh­len daher, den Prozess des Aufbaus von Impact-Unter­neh­men so häufig wie möglich zu repli­zie­ren. Zudem finden wir immer mehr Investor:innen, die sich mit diesem Ansatz ausein­an­der­set­zen und Kapi­tal für dessen Umset­zung bereit­stel­len. Hinzu kommt, dass sich gerade jüngere Unternehmer:innen aktiv die Frage stel­len, wie sie einen Beitrag zur Lösung gesell­schaft­li­cher Probleme leis­ten können. Die Anzahl der Akteure im Impact-Inves­t­ing-Ökosys­tem wächst, was uns opti­mis­tisch stimmt. Wir glau­ben, dass wir gemein­sam eine kriti­sche Masse errei­chen werden, um in den nächs­ten Jahren etwas Mass­geb­li­ches zu bewegen.

Nehmen die For-Profit-Orga­ni­sa­tio­nen zu oder sind es phil­an­thro­pi­schen Investor:innen?

Am Ende sind es wahr­schein­lich beide, was mir ein gutes Zeichen zu sein scheint. Phil­an­thro­pi­sche Investor:innen suchen neue Wege für den wirkungs­vol­len Einsatz ihres Geldes. Klas­si­sche Investor:innen  inter­es­sie­ren sich zuneh­mend dafür, was sie mit ihrem Kapi­tal eigent­lich bewirken.

Müsste das nicht für alle Investor:innen selbst­ver­ständ­lich sein?

Aus meiner Sicht, abso­lut. Heute stehen uns Infor­ma­ti­ons­mög­lich­kei­ten zur Verfü­gung, die es fast unmög­lich machen, nicht zu wissen, was unser eige­nes Geld bewirkt. Auch haben sich die gesell­schaft­li­chen Erwar­tun­gen an Investor:innen geän­dert. Gleich­zei­tig gibt es ganz neue Möglich­kei­ten, so dass man mit seinem einge­setz­ten Kapi­tal nicht nur Gewinn erzie­len, sondern auch zu einem posi­ti­ven Verän­de­rungs­pro­zess beitra­gen kann.

Wir decken einen Bereich der Wert­schöp­fungs­kette im Aufbau eines Unter­neh­mens ab, in dem es noch nicht viele Akteure, aber einen gros­sen Bedarf an Kapi­tal und Unter­stüt­zung in der Wert­schöp­fung gibt.

Andreas Kirch­schlä­ger

Was ist der Vorteil von phil­an­thro­pi­schem Kapital?

Im Kern ist es die Aufga­ben­stel­lung, die den Unter­schied macht. Bei Profit-Investor:innen steht die Gewinn­ma­xi­mie­rung im Vorder­grund. Eine Stif­tung hinge­gen verfolgt einen Stif­tungs­zweck – wie bei elea die Bekämp­fung abso­lu­ter Armut mit unter­neh­me­ri­schen Mitteln. In diesem Bereich wollen wir die grösst­mög­li­che Wirkung erzie­len. Eine Stif­tung hat den Vorteil, dass niemand von ihr die Erfül­lung einer finan­zi­el­len Verpflich­tung oder eine Rendi­te­aus­zah­lung erwar­ten kann. Stif­tun­gen können daher früher inves­tie­ren, damit höhere Inves­ti­ti­ons­ri­si­ken einge­hen, weil sie gedul­di­ge­res Kapi­tal einsetzen.

Das heisst, sie inves­tie­ren in einem frühen Stadium in ein Unter­neh­men und stei­gen aus, wenn andere Profit-Investor:innen über­neh­men können?

Das ist unser Modell. Wenn wir sieben bis zehn Jahre an einem Unter­neh­men betei­ligt waren, wollen wir nicht, dass es von uns abhän­gig wird. Ausser­dem benö­ti­gen wir das Kapi­tal für Inves­ti­tio­nen in neue Impact- Unter­neh­men, um den Kreis­lauf aufrecht­zu­er­hal­ten. Da die Unter­neh­men meist stabil sind, wenn wir ausstei­gen, werden sie für andere, kommer­zi­elle Investor:innen inter­es­sant, die sich eben­falls für Impact inter­es­sie­ren, aber eine gewisse Sicher­heit brau­chen. Wir decken einen Bereich der Wert­schöp­fungs­kette im Aufbau eines Unter­neh­mens ab, in dem es noch nicht viele Akteure, aber einen gros­sen Bedarf an Kapi­tal und Unter­stüt­zung in der Wert­schöp­fung gibt.

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