Claudia Baumgartner, Geschäftsführerin des Erlen-Vereins Basel, Bild: Grosser Rat Basel-Stadt

Wir bieten ein «Fens­ter zur Natur unse­rer Region»

Die Geschäftsführerin des gemeinnützigen Erlen-Vereins Basel, Claudia Baumgartner, spricht über das Jubiläum des Basler Tierparks, weshalb die Wolfs«Aktie» kein Wertpapier ist und weshalb es neben dem Verein auch eine Stiftung braucht.

The Philanthropist: Sie arbei­ten im Grünen mit Tieren: Haben Sie einen Traum­job?
Clau­dia Baum­gart­ner: Ja, für mich ist es ein Traum­job. Als Geschäfts­füh­re­rin kann ich mich selbst­stän­dig einrich­ten und ich trage auch als Büro­frau etwas Konkre­tes bei. Meine Arbeit bewirkt etwas vor Ort, das finde ich super. Zudem bin ich nach einer lang­jäh­ri­gen Fach­spe­zia­lis­ten­auf­gabe in einem Gross­un­ter­neh­men nun eine Allroun­de­rin in einem klei­nen Team. Es ist die Stelle, die auf mich gewar­tet hat, oder umgekehrt.

Dieses Jahr feiert der Tier­park Lange Erlen Jubi­läum. Am 14. Novem­ber jährt sich der Grün­dungs­tag. Was gab vor 150 Jahren den Anstoss zur Grün­dung?
Die Grün­der woll­ten ein Ausflugs­ziel für die Klein­bas­ler Arbei­ter­be­völ­ke­rung schaf­fen, wo sie ein Bier trin­ken und die Kinder spie­len lassen konn­ten. Deswe­gen war der Tier­park von Beginn an gratis – und ist es auch heute noch. Der Park wird zwar von der Stadt unter­stützt, aber er war immer privat orga­ni­siert. Als Träger­schaft wurde der Erlen-Verein Basel gegrün­det. Zu den ersten Bewoh­nern des Tier­parks gehörte übri­gens ein Paar schwarze Schwäne.

Es ist die Stelle, die auf mich gewar­tet hat, oder umgekehrt.

Clau­dia Baum­gart­ner, Geschäfts­füh­re­rin Erlen-Verein Basel

Welche Tiere leben heute im Park?
Wir bieten ein «Fens­ter zur Natur unse­rer Region» und damit eine ideale Ergän­zung zu den exoti­schen Tieren, welche die Besu­che­rin­nen und Besu­cher im Zoo Basel sehen können. Bei uns finden sie Tiere, die bei uns (wieder) in der Region leben oder die es bei uns gege­ben hat. Der Park leis­tet heute zudem einen Beitrag zur wissen­schaft­li­chen Forschung. Mit unse­ren Tieren können wir etwas zur Arterhal­tung beitra­gen. Beispiels­weise sind die Wisente nicht nur sehr beliebt bei den Besu­chen­den. Wir sind mit ihnen auch in einem Zuchter­hal­tungs­pro­gramm der EU integriert.

Und nun kommt der Wolf.
Genau.

Weshalb ein Tier, das pola­ri­siert?
Die grosse Mehr­heit der Rück­mel­dun­gen ist bislang posi­tiv. Es gab verein­zelt Fragen, ob es notwen­dig sei, nun auch noch den Wolf einzu­sper­ren, oder kriti­sche Äusse­run­gen wegen der Diskus­sion um die Wölfe, die in den Bergen Alptiere reissen.

Wie fiel die Wahl auf den Wolf?
Wesent­lich war, dass das Gelände, das wir auf dem Tier­park­areal zur Verfü­gung haben, sich für dieses Tier eignet, und letzt­lich auch der Unter­halt finan­zier­bar ist. Wir haben in frühe­ren Jahren auch über Otter oder Elch disku­tiert. Erste­rer bräuchte aber eine aufwän­dige Frisch­was­ser­an­lage, letz­te­rer frisst spezi­elle Nahrung. Der Wolf dage­gen passt gut zu Luchs und Wild­katze, die bereits im Park leben: Mit diesen bilden wir dieje­ni­gen Tier­ar­ten ab, die bei uns teil­weise fast ausge­rot­tet waren und nun lang­sam wieder heimisch werden. Mit dem Wolf können wir zudem dazu beitra­gen, für ein heik­les Thema zu sensi­bi­li­sie­ren: Wir können auf die Heraus­for­de­run­gen des Zusam­men­le­bens von Mensch und Tier auf immer begrenz­te­rem Raum aufmerk­sam machen.

Sie haben die Wolfs«Aktie» lanciert. Was ist darun­ter zu verste­hen?
Es ist natür­lich kein Wert­pa­pier im juris­ti­schen Sinne, sondern eine spezi­elle Spen­den­ur­kunde. Sie ist vom Fasnachts­gra­fi­ker Fredy Prack gestal­tet und einem tradi­tio­nel­len Wert­pa­pier nachempfunden.

Wie läuft die Aktion?
Wir haben sie Ende 2019 lanciert. Die Idee war, einem Crowd­fun­ding ähnlich, die Finan­zie­rung des neuen Wolfs­ge­he­ges breit abzu­stüt­zen. Die «Aktie» kostet 150 Fran­ken, passend zum Jubi­läum. Die Aktion läuft gut. Wir haben bereits rund 180‘000 Fran­ken damit gesam­melt. Dies ist eine gute Ergän­zung zu den Gross­spen­den, die wir für dieses Projekt erhalten.

Der Verein muss jedes Jahr bei der Stif­tung Geld beantragen.

Clau­dia Baum­gart­ner, Geschäfts­füh­re­rin Erlen-Verein Basel

Neben dem gemein­nüt­zi­gen Träger­ver­ein gibt es auch die Stif­tung Tier­park Lange Erlen. Was ist der Vorteil zweier gemein­nüt­zi­ger Orga­ni­sa­tio­nen?
Für unse­ren Normal­be­trieb brau­chen wir jähr­lich 1,6 bis 1,8 Millio­nen Fran­ken (Projekte wie das Wolfs­ge­hege werden sepa­rat finan­ziert). Die Finan­zie­rung basiert auf einem Drei­säu­len­mo­dell, bestehend aus erstens öffent­li­chen Geldern, zwei­tens selbst erwirt­schaf­te­ten Mitteln, wie Mitglie­der­bei­träge, Tier­pa­ten­schaf­ten, Park­füh­run­gen, Kiosk­ein­nah­men und v.a. auch private Spen­den, sowie drit­tens aus Lega­ten und Erbschaf­ten. Für Spen­den, die uns vermacht werden, wollte man bewusst eine getrennte Kasse einfüh­ren. Dies ermög­licht einen besse­ren Über­blick über die Geld­flüsse, zumal es immer schwie­rig vorher­zu­sa­gen ist, wie hoch der Zufluss an Mitteln aus Lega­ten und Erbschaf­ten in einem Jahr ausfällt.

Wie arbei­ten Verein und Stif­tung zusam­men?
Die Stif­tung verwal­tet die Gelder aus Lega­ten und Erbschaf­ten treu­hän­de­risch. Der Verein muss jedes Jahr bei der Stif­tung Geld bean­tra­gen. Ein bis zwei­mal pro Jahr tref­fen wir uns. Aber die Stif­tung agiert im Hinter­grund. Das Opera­tive läuft über den Verein.

Welchen Einfluss hat die Pande­mie auf Ihre Arbeit?
Wir sind bisher recht gut davon­ge­kom­men. Wir muss­ten das Bran­chen­schutz­kon­zept einhal­ten, das sich stän­dig änderte, aber von den Besu­chen­den gröss­ten­teils problem­los akzep­tiert und umge­setzt wurde. Weil der Park­ein­tritt ja gratis ist, sind uns auch im Lock­down keine Einnah­men wegen fehlen­der Eintritte wegge­bro­chen. Im Gegen­teil, wir erhiel­ten sogar zusätz­li­che Spenden.

Die Rolle der Tiere in unse­rer Gesell­schaft wird kontro­vers disku­tiert, von der rich­ti­gen Haltung von Nutz­tie­ren bis zu Grund­rech­ten für nicht­mensch­li­che Prima­ten. Spüren Sie diese Ausein­an­der­set­zung?
In Basel kommt jetzt die Initia­tive für Grund­rechte für nicht­mensch­li­che Prima­ten als nächs­tes ins Parla­ment. Da gibt es span­nende poli­ti­sche Diskus­sio­nen. Aber im Tier­park spüre ich davon bislang wenig. Es ist eher so, dass die Menschen unse­ren Tier­park als ideale Ergän­zung zum Zolli schätzen.

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