Enkeltaugliches Unternehmertum, das der Wirtschaft, der Gesellschaft und dem Planeten eine echte Perspektive für die Zukunft bieten soll, ist in aller Munde. Dabei liegt der Fokus meist auf der inhaltlichen Ebene, auf dem, was ein Unternehmen konkret tut. Er liegt jedoch selten auf der Frage, wie dieses Unternehmen organisiert und wie es rechtlich in seinem Innersten strukturiert ist. Dabei ist Letzteres von entscheidender Bedeutung, will man das Verhalten von Unternehmen betrachten und gestalten. Wie es Kate Raworth (Ökonomin aus Oxford und Begründerin der Doughnut Economics) formuliert: «More than the design of specific products or services, what matters most is the deep design of the organisation itself.» Zu diesem Deep Design eines Unternehmens gehört insbesondere das Thema Eigentum – also die Frage, wem ein Unternehmen gehört und wer letztlich die Entscheidungen trifft.
Eine innovative und immer bekannter werdende Antwort auf die Eigentumsfrage lautet «Steward-Ownership» (dt. «Verantwortungseigentum»).
Als Alternative zu herkömmlichen Eigentumsformen stellt Steward-Ownership sicher, dass Unternehmen ihren Zweck langfristig und rechtlich verbindlich ins Zentrum stellen. Dies wird durch die eigentumsrechtliche Verankerung von zwei Prinzipien garantiert:
- Selbstbestimmung: Das Unternehmen bleibt unabhängig und kann nicht zum Spekulationsgut werden, da die Mehrheit der Stimmrechte stets bei Menschen liegt, die mit dem Unternehmen und dessen Mission direkt verbunden sind. Sie werden zu den Treuhänder:innen bzw. Stewards des Unternehmens.
- Sinn-Orientierung: Gewinne sind Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck. Der im Unternehmen geschaffene Wert kann nicht unlimitiert zum persönlichen Nutzen der Eigentümer:innen entnommen werden. Es gilt eine rechtsverbindliche Vermögensbindung: Gewinne werden reinvestiert, zur Deckung von Kapitalkosten verwendet oder gespendet.
Steward-Ownership ist ein bewährtes Eigentumsmodell, das seit vielen Jahrzehnten gelebt wird und von Unternehmen wie Zeiss (DE), Novo Nordisk (DK), Patagonia (USA), Bosch (DE), Signal (USA), BuurtzorgT (NL), Carlsberg (DK) und vielen anderen umgesetzt wurde. Auch die Schweiz hat eine langjährige Kultur von innovativen Eigentumsstrukturen wie beispielsweise. bei Victorinox (Doppelstiftung), Migros (Genossenschaft), Rolex (Einzelstiftung), CSS (Verein) und weiteren. Selbst wenn diese nicht immer die oben genannten Prinzipien vollumfänglich verankern, so sind sie durchaus wesensverwandt und nicht von herkömmlichen Shareholder-Value-Strukturen und damit verbundenen, oft rein monetären Anreizsystemen bestimmt.
Die positiven Effekte von Steward-Ownership wurden in einer Vielzahl von internationalen Studien belegt. Unternehmen in Steward-Ownerships sind langlebiger, erweisen sich als krisenresilienter, handeln tendenziell nachhaltiger und inklusiver, sind für viele Arbeitnehmende attraktiver und weisen eine erhöhte soziale Mobilität auf.
In der Konsequenz ermöglicht Steward-Ownership jungen Unternehmen, ihre Sinn-Orientierung nicht nur strategisch anzustreben, sondern auch rechtlich abzusichern. KMUs erhalten eine neue Möglichkeit in Nachfolgeregelungen, indem das Unternehmen in die Hände von «Stewards» übergeben wird, unabhängig von deren Familienzugehörigkeit oder finanziellen Situation.
Dieser Bedarf und die Entwicklung hin zu einem sinnorientierten Unternehmertum sind besonders in der Investmentwelt sichtbar, wo die Nachfrage nach Impact-Finanzierung grösser wird. Auch in der Stiftungslandschaft ist in diesem Jahr Bewegung in die Thematik gekommen: In Zürich ansässigen gemeinnützigen Stiftungen ist fortan die Vergabe von Geldern an Impact- und/oder soziale Unternehmen erlaubt, sofern deren Tätigkeit zum Stiftungszweck passt. Doch wann genau ist ein Unternehmen ein Impact- oder soziales Unternehmen?
Oftmals sollen Kriterienkataloge, die vornehmlich auf äusserlich sichtbare Faktoren und damit rein auf die vordergründige Ebene abzielen, diese Frage beantworten. Das ist druchaus sinnvoll, die eigentliche Wurzel unternehmerischen Verhaltens bleibt dabei aber unberührt. Genau hier setzt Steward-Ownership an – und bietet für Geldgebende und Behörden ein tiefergehendes und schlagkräftiges Kriterium auf rechtsverbindlicher Ebene: Dieses Unternehmen handelt unternehmerisch langfristig und sinnorientiert. Es ist gewinnorientiert am Markt, verfolgt wirtschaftliche Zwecke und hat einen klar definierten rechtlichen Rahmen dafür, was mit allfälligen Gewinnen passiert.
Steward-Ownership kann sozusagen das Beste aus den beiden Welten «For-Profit» und «Non-Profit» vereinen sowie Förderstiftungen den zweckgebundenen Einsatz ihrer finanziellen Mittel garantieren. Es eröffnet über den unternehmerischen Gestaltungsraum die Perspektive auf eine Multiplikation eines jeden investierten Frankens und incentiviert gesundes und nachhaltiges Wachstum auf struktureller Ebene.