Bild: Micael Hintze, unsplash

Wer soll poli­ti­sche Rechte ausüben dürfen?

Der Nationalrat hat gestern der Motion «Politische Rechte für Menschen mit Behinderungen» zugestimmt. Nun geht die Vorlage in den Ständerat.

Der Natio­nal­rat hat gestern an seiner Sonder­ses­sion die Motion «Poli­ti­sche Rechte für Menschen mit Behin­de­run­gen» ange­nom­men. 109 Nationalrät:innen spra­chen sich für die Motion aus, 68 stimm­ten dage­gen und 16 enthiel­ten sich.

Veral­tete Regelung

Die Motion beruht ursprüng­lich auf einer Peti­tion aus der soge­nann­ten Behin­der­ten­ses­sion 2023. Mit der nun vom Natio­nal­rat verab­schie­de­ten Motion soll der Bundes­rat beauf­tragt werden, die Bundes­ver­fas­sung so zu ändern, dass alle Schweizer:innen ab 18 Jahren die glei­chen poli­ti­schen Rech­ten und Pflich­ten haben. Aktu­ell sind rund 16’000 Menschen in der Schweiz davon ausge­schlos­sen. Die Bundes­ver­fas­sung schliesst Menschen, die aufgrund einer geis­ti­gen Behin­de­rung unter umfas­sen­der Beistand­schaft stehen, expli­zit aus. Diese Rege­lung basiere auf der veral­te­ten Annahme, «dass Menschen mit geis­ti­gen Behin­de­run­gen pauschal nicht in der Lage seien, sich eine poli­ti­sche Meinung zu bilden oder diese kund­zu­tun», sagt Natio­nal­rat Marc Jost. Es sei falsch, Menschen mit einer geis­ti­gen Behin­de­rung pauschal die Fähig­keit zur poli­ti­schen Teil­habe abzu­spre­chen. Ausser­dem wies er darauf hin, dass die Beistand­schaft zum Schutz von Perso­nen ausge­spro­chen werde, wenn diese bspw. ihre Finan­zen nicht selbst verwal­ten könn­ten. «Die Mass­nahme hat aber nicht direkt mit der poli­ti­schen Meinungs­bil­dung zu tun», Jost. Der Ausschluss sei diskri­mi­nie­rend und wider­spre­che dem Grund­satz der Gleich­heit aller Bürge­rin­nen und Bürger. 

Miss­brauchs­ge­fahr

Benja­min Fischer sprach sich gegen die Motion aus und warnte vor Miss­brauch. «Ohne die Berufs­bei­stände unter pauscha­len Verdacht stel­len zu wollen, stellt sich da schon die Frage, wer dann wirk­lich entschei­det», sagte er. Er erach­tete die Diskus­sion zwar zwei­fel­los als wich­tig und stimmte über­ein, dass die Formu­lie­rung veral­tet sei. Aller­dings betonte er, dass der Arti­kel in der Bundes­ver­fas­sung nicht pauschal Menschen mit Behin­de­rung betreffe, «sondern ausschliess­lich jene unter umfas­sen­der Beistand­schaft.» Er bat die Rats­mit­glie­der um Ableh­nung der Motion. Er sagt: «Urteils­fä­hig­keit ist die Voraus­set­zung für die Wahr­neh­mung poli­ti­scher Rechte, und wer urteils­fä­hig ist, darf nicht unter umfas­sen­der Beistand­schaft stehen.» Beat Jans sagte, der Bundes­rat nehme die Beden­ken ernst. Dennoch erachte der Bundes­rat, dass die Argu­mente zur Annahme über­wie­gen würden. «Wählen und Abstim­men zu dürfen, bedeu­tet Menschen mit Behin­de­run­gen viel», sagte er. Der Natio­nal­rat stimmte schliess­lich der Motion zu. Nun ist der Stän­de­rat am Zug. 

StiftungSchweiz engagiert sich für eine Philanthropie, die mit möglichst wenig Aufwand viel bewirkt, für alle sichtbar und erlebbar ist und Freude bereitet.

Folgen Sie StiftungSchweiz auf

-
-