Wer bestimmt in der digi­ta­len Gesellschaft?

Die Chancen technologischer Entwicklungen zum Wohle der liberalen Gesellschaften zu nutzen, erfordert das Mitwirken aller Akteure.

Erik Schö­nen­ber­ger, Geschäfts­lei­ter Digi­tale Gesellschaft

Digi­ta­li­sie­rung soll allen zugu­te­kom­men. «Um die Chan­cen der Digi­ta­li­sie­rung zu nutzen, braucht eine Gesell­schaft die entspre­chen­den Ange­bote, und dabei ist das Vertrauen der Bevöl­ke­rung zentral», sagt Geschäfts­lei­ter Digi­tale Gesell­schaft Erik Schö­nen­ber­ger. «Zudem braucht es die passende Infra­struk­tur.» Dazu gehö­ren ein leis­tungs­fä­hi­ger Breit­band­zu­gang zum Inter­net sowie eine durch­ge­hende mobile Abde­ckung. Nicht nur die tech­ni­sche Leis­tungs­fä­hig­keit ist von Bedeu­tung. Auch die Steue­rung des Daten­flus­ses ist für eine libe­rale Nutzung des Netzes zentral. Noch vor fünf Jahren stand das Thema Netz­neu­tra­li­tät weit oben auf der Agenda. Disku­tiert wurde, ob gewisse Daten­pa­kete prio­ri­tär durch das Netz geschickt werden können. Dabei hätten Netz­an­bie­ter die eige­nen Dienst­leis­tun­gen oder Ange­bote von zahlungs­kräf­ti­gen Kunden bevor­zu­gen können. So weit kam es nicht. «Dank dem Einsatz der digi­ta­len Zivil­ge­sell­schaft haben wir heute eine gute und klare Regu­lie­rung, welche die Netz­neu­tra­li­tät sichert», sagt Schö­nen­ber­ger. Damit die Digi­ta­li­sie­rung für alle Mehr­wert bringt, müssen die Dienst­leis­tun­gen für alle verfüg­bar sein. Das trifft insbe­son­dere für jene des Staa­tes zu. Darüber hinaus müssen die Ange­bote intui­tiv nutz­bar sein. Nicht die Nutzer:innen soll­ten sich die Kompe­ten­zen erar­bei­ten müssen. «Die Behör­den müssen Barrie­ren abbauen», sagt er. Ein digi­tal trans­pa­ren­ter Staat, der für alle verständ­lich ist, stärkt das Vertrauen.

Souve­rä­ni­tät und Vertrauen

Adri­enne Fich­ter, Technologiejournalistin

Bei der Infra­struk­tur ortet Tech­no­lo­gie­jour­na­lis­tin Adri­enne Fich­ter jedoch gros­sen Hand­lungs­be­darf in der Schweiz. Weil Behör­den für die Kommu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tur auf ameri­ka­ni­sche Clouds setz­ten, mach­ten sie sich erpress­bar, wenn Steu­er­da­ten oder Sozi­al­da­ten über diese flies­sen würden, sagt sie. Der Glaube, dass die Daten sicher seien, weil die Schwei­zer Verwal­tun­gen die Schlüs­sel zu den Daten­ban­ken hätten, erach­tet sie als trüge­risch. «Schliess­lich haben die gros­sen Tech-Firmen die Schlüs­sel für die Verschlüs­se­lung der Daten.» Umso drin­gen­der müsse sich die Schweiz über­le­gen, wo sie in der ganzen Liefer­kette von Hard­ware und Soft­ware eigen­stän­dig sein könne. Wenn sie die digi­tale Souve­rä­ni­tät stär­ken wolle, müsse sie sich mit Europa zusam­men­schlies­sen. Europa brau­che eigene Lösun­gen. Regu­lie­rung alleine ist für Adri­enne Fich­ter nicht genug. Von dieser müss­ten Tech­no­lo­gien abge­lei­tet werden. Europa und die Schweiz müsse nun massiv inves­tie­ren, auch indus­trie­po­li­tisch, fordert sie. Open-Source-Soft­ware müsse geför­dert werden. «Das darf nicht irgend­wie in der Frei­zeit gesche­hen», sagt sie. Die Tech­no­lo­gie muss genauso perfor­mant und sicher sein wie die globale Konkur­renz. Dabei ist ihr wich­tig, nicht das US-Modell mit gros­sen Tech-Konzer­nen und geschlos­se­nen Soft­ware-Univer­sen zu kopie­ren. Nach euro­päi­schen Werten braucht es Lösun­gen, die dem Daten­schutz und der Daten­spar­sam­keit genü­gen und gleich­zei­tig einen hohen Grad an Cyber­si­cher­heit erreichen.

Sechs Schutz­ziele

Die Digi­tale Gesell­schaft plädiert beim Daten­schutz für eine neue Rege­lung. Und sie hat ein Konzept erar­bei­tet. Denn die aktu­elle Rege­lung über­zeugt Erik Schö­nen­ber­ger nicht. «Verein­facht gesagt bedeu­tet dies, wir haben das Recht auf Selbst­be­stim­mung – aber wir müssen dieses Recht auch wahr­neh­men.» Internet-Nutzer:innen müssen heute die Daten­schutz­be­stim­mun­gen und Cookie-Banner-Rege­lun­gen jeweils durch­le­sen, bevor sie die Auswahl tref­fen und ihnen zustim­men. Genau das will Schö­nen­ber­ger umkeh­ren. Der sorg­same Umgang mit Daten sollte auf einem garan­tier­ten Grund­ni­veau selbst­ver­ständ­lich sein. Und dieses dürfte nicht unter­schrit­ten werden. Im Unter­schied zur aktu­el­len Lösung orien­tiert sich der Vorschlag an sechs Schutz­zie­len. Jede Orga­ni­sa­tion oder Behörde muss diese erfül­len. Die Ziele lauten etwa Schutz vor Diskri­mi­nie­rung oder Mani­pu­la­tion. Der Vorteil einer solchen Rege­lung: Sie ist tech­no­lo­gie­un­ab­hän­gig. Auch für Künst­li­che Intel­li­genz-Anwen­dun­gen (KI) stellt sie eine mach­bare Regu­lie­rung dar, ist er über­zeugt. Und er sieht weitere Vorteile. Daten würden unter Einhal­tung der Schutz­ziele flexi­bler nutz­bar. Etwa könn­ten Gesund­heits­da­ten einfa­cher für die Forschung genutzt werden. Damit eine solche Daten­schutz­lö­sung in der Schweiz aber über­haupt eine Chance hat, muss sie von der EU akzep­tiert werden. Er ist opti­mis­tisch: «Unse­res Erach­tens würde eine solche Schwei­zer Rege­lung mit Schutz­zie­len weiter­hin mit der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO) der EU kompa­ti­bel sein.»

Lösun­gen sind vorhanden

Daniel Säuberli, Co-Grün­der und Präsi­dent von DIDAS (Digi­tal Iden­tity and Data Sove­reig­nty Association)

Daniel Säuberli weist darauf hin, dass Daten gar nicht immer gesam­melt werden müssen. Es gibt heute bereits Alter­na­ti­ven dazu. Tech­no­lo­gien zum besse­ren Schutz der Privat­sphäre wie Zero-Know­ledge-Proofs zeigen, dass sich beispiels­weise Anfor­de­run­gen wie «über 18 Jahre» prüfen lassen, ohne dass Iden­ti­täts­da­ten voll­stän­dig offen­ge­legt werden müssen. Der Co-Grün­der und Präsi­dent von DIDAS (Digi­tal Iden­tity and Data Sove­reig­nty Asso­cia­tion) sagt: «Diese Tech­no­lo­gien sind kein abstrak­tes Zukunfts­ver­spre­chen, sondern wären bereits einsatz­fä­hig, wenn die nöti­gen finan­zi­el­len Mittel für quali­ta­tive Spezi­fi­ka­tio­nen, Stan­dar­di­sie­rung und regu­la­to­ri­sche Akzep­tanz sowie deren Weiter­ent­wick­lung kolla­bo­ra­tiv und mit Nach­druck finan­ziert werden könn­ten.» DIDAS will Tech­no­lo­gien, Produkte und Dienst­leis­tun­gen voran­brin­gen, die Privat­sphäre schüt­zen, digi­tale Iden­ti­tät ermög­li­chen und elek­tro­nisch veri­fi­zier­bare Daten sicher nutz­bar machen.

Gren­zen digi­ta­ler Lösungen

Gerade bei demo­kra­ti­schen Prozes­sen stehen Digi­ta­li­sie­rung und Daten­si­cher­heit im Fokus. Aktu­ell disku­tiert wird die Möglich­keit des digi­ta­len Unter­schrif­ten­sam­melns für Initia­ti­ven und Refe­ren­den. E‑Collect kann punk­ten. Das liegt auch an der Schwä­che des Sammeln auf Papier. Die Unter­schrif­ten­fäl­schun­gen der jüngs­ten Vergan­gen­heit haben dessen Anfäl­lig­keit gezeigt. Hier könnte E‑Collect Vorteile brin­gen. Erik Schö­nen­ber­ger sieht aber auch Gren­zen. E‑Voting beur­teilt er kritisch. Das Problem: Es bestehen drei sich wider­spre­chende Anfor­de­run­gen. Die Stim­men müssen korrekt ausge­zählt werden, das Stimm- und Wahl­ge­heim­nis muss gewahrt blei­ben und zugleich braucht es Trans­pa­renz, die eine allfäl­lige Nach­zäh­lung ermög­licht. Tech­nisch lösbar wäre es. «Aber die Lösun­gen sind sehr komplex. Nur wenige könn­ten dies nach­voll­zie­hen», sagt er. Sind diese Prozesse aber nicht mehr nach­voll­zieh­bar, können Ergeb­nisse leicht mit Miss­trauen diskre­di­tiert werden. «Dies wäre demo­kra­tie­po­li­tisch sehr heikel.»

Mensch und Technologie

Vertrauen und Sicher­heit sind zentral für die digi­tale Iden­ti­tät. Heute fehlt die E‑ID in der Schweiz. «Dabei werden erst mit ihr aus Daten nach­voll­zieh­bare, über­prüf­bare und recht­lich belast­bare Infor­ma­tio­nen», sagt Daniel Säuberli. In Vorrei­ter­län­dern wie Estland liegt die Nutzung bei 99 Prozent. Die Schweiz steht dage­gen noch am Anfang mit dem neuen E‑ID-Gesetz für natür­li­che Perso­nen. «Sicher­heit, Selbst­be­stim­mung und Nutzer­freund­lich­keit müssen Hand in Hand gehen», sagt Säuberli. Und in einer zuneh­mend digi­ta­li­sier­ten Gesell­schaft steigt die Bedeu­tung des Schut­zes vor Cyber­kri­mi­na­li­tät. «Die globa­len jähr­li­chen Schä­den durch Cyber­kri­mi­na­li­tät werden 2024 auf rund 9,5 Billio­nen Dollar geschätzt», sagt er. Als Folge dürf­ten bis 2032 die Kosten für Sicher­heits­mass­nah­men auf 560 Milli­ar­den Dollar steigen.

Trotz der Bedeu­tung der Cyber­si­cher­heit weist Säuberli darauf hin, dass Tech­no­lo­gie alleine die Vertrau­ens­ba­sis für eine Demo­kra­tie nicht schaf­fen kann. «Ohne struk­tu­rel­les Vertrauen durch die Verschrän­kung von tech­ni­schen Mass­nah­men wie Kryp­to­gra­fie und der in der realen Welt gelten­den Regeln durch mensch­li­ches Vertrauen bleibt der digi­tale Raum ein unsi­che­res Terrain.» Als gutes Beispiel, wie dies ange­strebt werden kann, nennt Säuberli die Linux Foun­da­tion. Durch die Verschrän­kung von vertrau­ens­bil­den­den Mass­nah­men sowohl auf tech­no­lo­gi­scher als auch auf mensch­li­cher Ebene will sie die Liefer­kette der wich­tigs­ten Open Source Programm-Biblio­thek­ten trans­pa­ren­ter gestalten.

Poli­tik und Technologie

In die Gegen­rich­tung läuft die Entwick­lung bei den gros­sen Tech­kon­zer­nen. Adri­enne Fich­ter erlebt sie zuneh­mend als intrans­pa­rent. Noch vor 15 Jahren hätten sie auf öffent­li­chen Druck reagiert. Sie waren bestrebt, die Gunst der Journalist:innen zu gewin­nen. Sie förder­ten jour­na­lis­ti­sche Projekte. Diese Charme-Offe­nive sei weg. «Auch wenn die Schweiz als Stand­ort für die gros­sen Tech­kon­zerne an Bedeu­tung gewinnt, erlebe ich sie immer intrans­pa­ren­ter, vorsich­ti­ger und feind­se­li­ger gegen­über den Medien zu Fragen der tech­no­lo­gi­schen Entwick­lung», sagt sie. Dabei wäre der kriti­sche Umgang mit diesen für eine libe­rale Gesell­schaft von Bedeu­tung. Sie ist über­zeugt, Entwick­lun­gen aus Sili­con Valley sind kritisch zu hinter­fra­gen. «Man sollte das nicht einfach eins zu eins über­neh­men», sagt sie. Doch deutsch­spra­chige Medien, gerade auch in der Schweiz, hätten die Bedeu­tung des Themas bisher noch verkannt. Dass Themen wie KI eher abstrakt und trocken sind, dürfte viele abschre­cken, schätzt sie. Dabei geht es nicht nur um Tech­no­lo­gie. «Wir müssen begrei­fen, dass es sich hier­bei nicht um ein Nischen­thema für ein Fach­pu­bli­kum handelt», sagt sie. Es sei ein poli­ti­sches Thema. Sie bezeich­net sich selbst denn auch als Poli­tik­jour­na­lis­tin, auch wenn sie Tech­jour­na­lis­mus mache. Die Medien bilde­ten die Bedeu­tung des Themas zu wenig ab. Und sie fügt an: «Auch in Bern gibt es viele digi­tal­po­li­ti­sche Themen, die kaum Beach­tung finden.»

Jean-Marc Crevoi­sier, Direc­tor Commu­ni­ca­tion and Media GESDA

Um gerade auch wissen­schaft­lich komplexe Themen in die Öffent­lich­keit zu brin­gen, arbei­tet GESDA (Geneva Science and Diplo­macy Anti­ci­pa­tor) an Projek­ten wie dem Anti­zi­pa­ti­ons­ob­ser­va­to­rium, die darauf abzie­len, wissen­schaft­li­che Infor­ma­tio­nen klar zugäng­lich zu machen – frei von Fake News, kura­tiert von Menschen. Dazu verbin­det die Initia­tive Wissen­schaft und Diplo­ma­tie. «Beides sind wich­tige Akteure», sagt Jean-Marc Crevoi­sier, Direc­tor Commu­ni­ca­tion and Media GESDA. Die Initia­tive will zukünf­tige wissen­schaft­li­che Errun­gen­schaf­ten anti­zi­pie­ren und zum Wohle der Gesell­schaft nutzen. «Dabei orien­tie­ren wir uns an den Zielen für eine nach­hal­tige Entwick­lung der Verein­ten Natio­nen – den Sustainable Deve­lo­p­ment Goals, SDGs –, die uns als Rahmen dienen», sagt Crevoisier.

Global vernetzt

GESDA funk­tio­niert als Think-Tank. Die Initia­tive iden­ti­fi­ziert und analy­siert die drin­gends­ten wissen­schaft­li­chen und tech­no­lo­gi­schen Trends und setzt sie in konkrete Mass­nah­men zum Nutzen der Gesell­schaft um. Dazu ist sie bestrebt, Beiträge von den besten Wissenschaftler:innen der Welt einzu­ho­len und Akteure aus verschie­de­nen Sekto­ren und mehre­ren Ländern zusam­men­zu­brin­gen. «Wir arbei­ten mit Wissenschaftler:innen auf allen fünf Konti­nen­ten zusam­men, und unsere Initia­ti­ven sind auf die ganze Welt ausge­rich­tet», sagt Crevoi­sier. GESDA verfügt über ein welt­wei­tes Netz von 2100 Wissenschaftlter:innen. Diese Forscher:innen sind oft die Ersten, die wissen, was sich tech­no­lo­gisch welt­weit entwi­ckelt. Sie geben Einbli­cke in globale wissen­schaft­li­che Durch­brü­che und schät­zen deren Poten­zial ein für die kommen­den 5 oder 25 Jahre. «Ihre Erkennt­nisse teilen sie mit uns und wir fassen die Analy­sen im GESDA Science Breakth­rough Radar zusam­men», sagt er.

Die Ausgabe 2024 hebt mehrere wissen­schaft­li­che Trends hervor, die in den nächs­ten Jahr­zehn­ten grosse gesell­schaft­li­che Auswir­kun­gen haben werden. Dazu gehö­ren der Einsatz von Wissen­schaft und Tech­no­lo­gie zur Verbes­se­rung und Wieder­her­stel­lung von Ökosys­te­men. Ebenso ein Trend ist die Erfor­schung von Alter­na­ti­ven zur herkömm­li­chen binä­ren Daten­ver­ar­bei­tung wie Quan­ten- und biolo­gi­sche Systeme oder die Verbes­se­rung der Gehirn­funk­tion durch Tech­no­lo­gie mit Gehirn-Compu­ter-Schnitt­stel­len. «Diese Trends erstre­cken sich über alle Diszi­pli­nen – von den Natur- und Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten bis hin zu den Sozial- und Geis­tes­wis­sen­schaf­ten – und verdeut­li­chen die Verflech­tung der heuti­gen wissen­schaft­li­chen Heraus­for­de­run­gen», sagt Crevoi­sier.
GESDA ist aber auch ein Do-Tank. Und diese Arbeit ist aufwän­di­ger. «Die Umset­zung dieser Trends in echte Initia­ti­ven braucht mehr Zeit», sagt Crevoi­sier. Nehmen wir zum Beispiel die Quan­ten­tech­no­lo­gie: Sie wurde zuerst im Science Breakth­rough Radar 2021 vorge­stellt. Während des GESDA-Gipfels 2022 entstand dann die Idee für das Open Quan­tum Insti­tute (OQI), bei dem führende Vertreter:innen aus Wissen­schaft und Indus­trie ein offe­nes Insti­tut vorschlu­gen, um Quan­ten­tech­no­lo­gien zum Wohle der Gesell­schaft zu nutzen. «Diese Idee durch­lief eine Inku­ba­ti­ons­phase, in der ihre Struk­tur und Ziele defi­niert wurden. In der Zwischen­zeit sicherte sich GESDA die notwen­dige Finan­zie­rung, um ein Pilot­pro­jekt zu star­ten, das im Früh­jahr 2024 begann.»

Lang­fris­tig Vertrauen bilden

Stif­tun­gen können eine entschei­dende Rolle einneh­men bei der Finan­zie­rung von Projek­ten, die direkt der Zivil­ge­sell­schaft, der öffent­li­chen Hand und einer verant­wor­tungs­be­wuss­ten Wirt­schaft zu-gute­kom­men. «Dennoch fehlt es häufig an Verständ­nis, Ressour­cen und stra­te­gi­schem Anschub», stellt Daniel Säuberli fest. Dabei könn­ten solche Initia­ti­ven Räume für Expe­ri­mente schaf­fen. Diese würden der Aufklä­rung dienen und zur digi­ta­len Alpha­be­ti­sie­rung beitra­gen. Sie wirken als Kata­ly­sa­to­ren für lang­fris­tige Vertrau­ens­bil­dung. Die Stif­tun­gen könn­ten auch digi­tale öffent­li­che Güter zur Verfü­gung stel­len. Als Beispiel nennt er die Schwei­zer Stif­tung GLEIF: Sie erstellt eine veri­fi­zier­bare Orga­ni­sa­ti­ons­iden­ti­tät. «Mit dieser können Unter­neh­men welt­weit digi­tal nach­wei­sen, dass sie exis­tie­ren», erklärt Säuberli. Leider vermisst er gerade in der Poli­tik, Verwal­tung und Wirt­schaft das Verständ­nis, was «Digi­tal Public Goods» leis­ten können. Das führe auch dazu, dass inter­na­tio­nal anschluss­fä­hige Tech­no­lo­gien nicht genutzt werden. Er fordert: Es braucht die Förde­rung wirkungs­vol­ler, skalier­ba­rer und offen lizen­zier­ter Projekte. «Wenn wir lang­fris­tig trag­fä­hige, gerechte und bezahl­bare oder sogar kosten­los nutz­bare digi­tale Infra­struk­tu­ren wollen, braucht es früh­zei­tig stra­te­gi­sche, phil­an­thro­pisch getra­gene Anschub­fi­nan­zie­rung», sagt er. Solche Digi­tal Public Goods sind entschei­dend, um eine der gröss­ten Heraus­for­de­run­gen unse­rer Zeit anzu­ge­hen: Inter­ope­ra­bi­li­tät. Säuberli: «Wir müssen die digi­ta­len Systeme so gestal­ten, dass sie über Silos und Gren­zen hinweg vertrau­ens­voll zusam­men­ar­bei­ten können. Nur dann wird aus Tech­no­lo­gie echte Wirkung.»

Mehr ist möglich

Phil­an­thro­pi­sche Stif­tun­gen sind für die Exis­tenz von GESDA uner­läss­lich. Sie stel­len zwei Drit­tel des jähr­li­chen Betriebs­bud­gets zur Verfü­gung. «Ohne ihre Unter­stüt­zung würde GESDA einfach nicht exis­tie­ren», sagt Jean-Marc Crevoi­sier. Und sie können noch mehr tun. Säuberli ist über­zeugt: «Die Schweiz hat das Poten­zial, eine führende Rolle bei der Gestal­tung einer digi­ta­len Zukunft einzu­neh­men – einer Zukunft, die auf der Stär­kung der digi­ta­len Selbst­be­stim­mung von Indi­vi­duen und Orga­ni­sa­tio­nen beruht und durch vertrau­ens­wür­dige Sicher­heits­me­cha­nis­men ermög­licht wird.» Dabei geht es nicht um einfa­che Logins oder Zugriffs­rechte – es geht um einen grund­le­gen­den Wandel: den Aufbau digi­ta­ler Bezie­hun­gen, in denen Menschen und Orga­ni­sa­tio­nen ihre Daten mitneh­men und selbst­be­stimmt nutzen und teilen können. Das bedeu­tet, dass wir nicht von den Spiel­re­geln der gros­sen Konzerne abhän­gig sind, sondern das Spiel­feld nach unse­ren eige­nen Werten und Regeln gestal­ten können.

Digi­tale «Schutz­burg»

Wir stehen an einem kriti­schen Punkt, an dem wir noch die Chance haben, eine digi­tale «Schutz­burg» zu errich­ten, um unsere Hand­lungs­fä­hig­keit im digi­ta­len Raum zu sichern. Diese Infra­struk­tur ist ein zentra­les Element künf­ti­ger digi­ta­ler öffent­li­cher Dienste – eine Art digi­ta­les Rück­grat –, das nur gemein­sam mit dem Staat aufge­baut werden kann. Säuberli: «Denn es ist nicht gewinn­ori­en­tiert, sondern dient dem Gemein­wohl – insbe­son­dere in der Schweiz, wo das Vertrauen in Insti­tu­tio­nen hoch ist. Es geht darum, die digi­ta­len Schie­nen von morgen zu verle­gen – auf Basis von Prin­zi­pien, die sowohl indi­vi­du­elle Frei­heit sichern als auch staat­li­cher Über­grif­fig­keit klare Gren­zen setzen.»

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