Die vergangenen Monate waren für die jüngere Generation schwierig. Man habe die Auswirkungen der Isolation bei Kindern und Jugendlichen klar unterschätzt, sagt Pro Juventute Präsidentin Barbara Schmid-Federer. «Die Pubertät ist schon unter normalen Umständen eine schwierige Zeit», fügt sie an. Die Folgen der Pandemiemassnamen auf diese Altersgruppe wurden zu wenig wahrgenommen. Erste Kantone wie Zürich würden nun reagieren und hätten erste Massnahmen für die psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen ergriffen. Auch Nationalrat und Bundesrat wollen die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche untersuchen. Zusammen mit ihrem Pendant von Pro Senectute, Eveline Widmer-Schlumpf, zog Barbara Schmid-Federer Bilanz der vergangenen Monate. Und diese zeigt auch Positives. «Wir erlebten eine unglaublich solidarische Jugend», sagt sie. Eine Einschätzung, die Eveline Widmer-Schlumpf teilt.
Das gesamte Gesellschaftsbild inklusive der ökologischen Folgen wurde diskutiert.
Eveline Widmer-Schlumpf, Pro Senectute
Als Stiftungsratspräsidentin von Pro Senectute Schweiz vertritt Eveline Widmer-Schlumpf die Interessen und Anliegen der älteren Generation. Auch für diese waren die vergangenen Monate herausfordernd. Während die Jüngeren vor allem von den Einschränkungen betroffen waren und sich insbesondere ihre psychische Verletzlichkeit zeigte sahen sich die Älteren direkt der Gefahr der Krankheit ausgesetzt. Als Personen, die sich besonders vor einer Ansteckung schützen mussten, standen sie im Fokus. Pro Senectute habe sich dabei mit Erfolg gegen die Altersguillotine eingesetzt, sagt Eveline Widmer-Schlumpf. Man habe verhindern können, dass die Altersgruppe ab 65 diskriminiert werde.
Gelebte Solidarität
Beide Organisationen waren gefordert. Mit viel Einsatz haben sie ihre Angebot aufrecht erhalten und angepasst. Geholfen hat die Digitalisierung, die insbesondere bei der Impfadministration gleichzeitig auch einen gewaltigen Schub erhielt. Auch hier war Pro Senectute gefordert, ob in Form von Anleitung, um mit modernen Kommunikationsformen mit seinen Nächsten in Kontakt bleiben zu können, ob mit unkomplizierter Unterstützung bei der Impfanmeldung oder jetzt bei Fragen rund um die Impfzertifikate. Es galt und gilt nach wie voran jene älteren Menschenzu denken, die das Internet nicht nutzen. Doch auch die gelebte Solidarität war augenfällig. Pro Senectute war etwa zu Beginn in ihrer täglichen Arbeit direkt betroffen. Weil die ältere Generation als Risikogruppe eingestuft wurde, fehlten diese plötzlich bei der Freiwilligenarbeit. Doch die jüngere Generation zeigte sich solidarisch. «Insgesamt 25’000 jüngere Freiwillige sprangen ein, bspw. beim Heimlieferdienst Amigos», sagt Eveline Widmer-Schlumpf. Es zeigte sich aber auch, dass die vorwiegend älteren, freiwillig tätigen Menschen durchaus systemrelevant sind.
Aus der Not in den Alltag
Als Folge der Ausnahmesituation stellt Eveline Widmer-Schlumpf fest, dass die Menschen viel intensiver über die Generationenfrage diskutierten. «Das gesamte Gesellschaftsbild inklusive der ökologischen Folgen wurde diskutiert», sagt sie. Und Barbara Schmid-Federer ergänzt: «In dieser Notsituation hat die Generationensolidarität gut funktioniert.» Diese gelte es jetzt für die grossen politischen Projekte in den normalen Alltag zu transferieren. Gemeint ist die Altersvorsorge genauso wie der Umweltschutz. Beide Themen zeigen deutlich die Notwendigkeit einer funktionierenden Generationensolidarität.
Es hat sich gezeigt, dass wer politisch aktiv ist auch eine grössere Bereitschaft zeige, sich gesellschaftlich zu engagieren.
Barbara Schmid-Federer, Pro Juventute
Eveline Widmer-Schlumpf erinnert an die zahlreich geleistete Freiwilligenarbeit der Grosseltern in der Kinderbetreuung und gibt zu bedenken: «Das wird zukünftig nur möglich sein, wenn die Älteren auf eine sicherer Rente vertrauen können.» Nicht nur die Familien, auch die Wirtschaft habe ein Interesse an dieser Freiwilligenarbeit. Sowieso werde die Generationensolidarität gefordert sein. Ab 2035 sei die Hälfte des Stimmvolkes über 60 Jahre alt. Umso bedeutender wird es sein, die Jüngeren in den politischen Prozess einzubeziehen. Pro Juventute setzt sich denn auch für eine Senkung des Stimmrechts ein. «Es hat sich gezeigt, dass wer politisch aktiv ist auch eine grössere Bereitschaft zeige, sich gesellschaftlich zu engagieren,» sagt Barbara Schmid-Federer.